Günther Beckstein in Aichach
Schon um 19 Uhr 35, als Becksteins graue Limousine direkt vor dem Festsaal hielt und der Staatsminister ausstieg, war klar: Es wird ein besonderer Abend. Ganz besonders freundlich fiel die Begrüßung mit den lokalen Gastgebern aus. Ganz besonders gut gefüllt war der Festsaal. Offiziell kam zwar „nur“ der Staatsminister des Innern. Freilich aber wusste jeder: Der künftige Ministerpräsident ist in Untergriesbach.
Beckstein – Polit-Profi durch und durch – reagierte zurückhaltend auf alle Anspielungen auf das Amt: „Ich freue mich zwar über alle guten Wünsche, aber Gratulationen nehme ich nicht an.“ Der CSU-Politiker wies darauf hin, dass er bereits zu oft erfahren habe, wie ein sicher geglaubter Aufstieg noch auf der Zielgeraden verloren gegangen war. Dabei erinnerte er an seine verlorene Bürgermeisterwahl 1987 in Nürnberg, vor allem aber an die Bundestagswahl 2002. Damals hatte Edmund Stoiber den Sprung ins Kanzleramt in letzter Minute verpasst und Beckstein konnte nicht – wie geplant – zum Ministerpräsidenten aufsteigen. Deshalb halte er sich jetzt besonders an den Zuspruch eines Freundes, der ihm gesagt habe: „Günther, ich wünsche dir für die kommenden Ereignisse mehr Glück als Verstand.“
Gerüchten, er sei des langen Wartens überdrüssig gewesen und habe an Stoibers Absetzung mitgearbeitet, trat Beckstein entschieden entgegen. Er wies darauf hin, dass er zu Beginn der Führungsdiskussion in Wildbad Kreuth gar nicht anwesend war. Stattdessen habe er hunderte Kilometer entfernt an einer EU-Konferenz in Dresden teilgenommen. Dass Stoiber für die Landtagswahl 2008 nicht mehr antreten wollte habe Beckstein „überhaupt nicht erwartet“.
Obwohl das künftige Spitzenamt immer wieder angesprochen wurde, bemühte sich Beckstein, seine innenpolitischen Erfolge in den Mittelpunkt zu stellen. Dabei verwies er in den Bereichen Bildungs-, Haushalts-, Finanz-, Sicherheits- und Einwanderungspolitik immer wieder auf die Spitzenplätze Bayerns im bundesweiten Vergleich.
Obwohl Wirtschaftswachstum und Fortschrittsdenken eines seiner zentralen politischen Ziele sei, gehe es ihm aber auch darum, Brauchtum und Tradition zu pflegen. Das bayerische Motto von „Laptop und Lederhose“ habe er in seiner Politik verinnerlicht. Allerdings müsse er dies zu Hause in Nürnberg anders umschreiben. Schließlich habe man dort besondere kulinarische Spezialitäten und spricht die Konsonanten weicher aus. „Laptop und Lederhose“ werde in Franken daher zu „Bratwurscht und BC.“
Bürgernähe bewies Beckstein im Anschluss an seine gut einstündige Rede. Bei den Fragen aus dem Auditorium ging es auch um vermeintliche Randthemen wie die DSL-Verkabelung in Petersdorf oder darum, dass Ämter zur Begutachtung von Schusswaffen von der Regierung geschlossen wurden und viele Böllerschützen nun nach Ulm fahren müssen, um ihre Waffen genehmigen zu lassen. Beckstein zeigte großes Interesse an den Fragen und bemühte sich, bürgernah und engagiert zu antworten.
Nicht nur deshalb konnte der Kreisvorsitzende der KPV Aichach-Friedberg, Peter Tomaschko, am Ende auf einen gelungenen Abend zurückblicken. Er dankte Beckstein für die Rede und resümierte: „Der Franke ist in Bayern angekommen.“
P. S.: Die Bilder zu dem Artikel und Abend sind hier zu finden: http://www.myheimat.de/beitrag/6984
als "zugreister" Nicht-Bayer, zudem wohnhaft in Schwaben, darf ich mir ja eigentlich kein Urteil erlauben, aber ich finde es in höchstem Maße erstaunlich, dass ein Franke in allen Regierungsbezirken derart akzeptiert wird. Dabei ist es für die Schwaben vielleicht weniger bedeutsam, sind sie doch selbst Außenseiter im bayrischen Bayern. Dass allerdings die ober- und niederbayrische Politik-Front dermaßen gut mit einem Franken als Ministerpräsidenten leben kann, erstaunt mich doch gewaltig und lässt auch mich noch etwas zweifeln. Insofern kann ich es verstehen, dass Günther selbst daran noch nicht recht glauben mag. Dass Beckstein es schafft, immer wieder eine deutliche Bürgernähe zur Schau zur stellen, ist mir schon des öfteren aufgefallen, nichts desto trotz wird mir etwas Angst und Bange wenn ich an seine baldige Herrschaft über die Staatskanzlei denke. Als Hardliner ist er mir mehr als einmal unangenehm aufgefallen und wer weiß, ob ich mir als gebürtiger NRWler nicht auch Sorgen um mein "Aufenthaltsrecht" im schönen Bayern machen muss ;-)