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„Es grünt so grün - auch bei uns?“ / Kolping frühstückt fair mit Politikern

Augsburg - Zu einem schwarz-grünen Gipfeltreffen der besonderen Art lud der Kolping Bezirksverband Augsburg am vergangenen Samstag die Landtagsabgeordnete der Grünen, Christine Kamm und den CSU-Bundestagsabgeordneten Dr. Christian Ruck ins Augsburger Kolpinghaus ein.
Im Rahmen der Kolping-Kampagne „Wir wollen`s wissen“ war es dem katholischen Sozialverband ein Anliegen, angesichts der sich derzeit rasant verändernden politischen Landschaften aus erster Hand eine Positionsbestimmung beider Parteien zu wichtigen Fragen der Tagespolitik zu erhalten und die Vereinbarkeit dieser Positionen miteinander zu hinterfragen.
Fair sollte es zugehen, nicht nur in der täglichen Partei- und Parlamentsarbeit, sondern auch beim täglichen Frühstück. Aus diesem Grunde waren die beiden Abgeordneten mit mehr als 30 Mitgliedern der Kolpingfamilien aus Augsburg und Umgebung zusammengetroffen, um den Tag bei einem Frühstück mit fair gehandelten Lebensmitteln und einem regen politischen Gedankenaustausch gut gestärkt zu beginnen. Nach Begrüßung durch die Kolping-Bezirksvorsitzende Christine Reinsch eröffnete Moderator Klaus Ernicke die Diskussionsrunde, die unter dem Thema „Es grünt so grün -
auch bei uns?“ stand.
Der Frage nach dem Entstehen basisdemokratischer Ansätze innerhalb der CSU in der jüngsten Vergangenheit wich Ruck noch gekonnt aus, doch er kam nicht umhin, das Ende von Großprojekten zu erkennen, welche innerhalb jahrelanger Planungs- und Entscheidungsprozesse durch die gewählten Volksvertreter zwar demokratisch legitimiert, aus diesem Grunde aber noch lange nicht von der breiten Mehrheit der Bevölkerung anerkannt worden sind. Gerade dem Beispiel des derzeit heftig umstrittenen Großprojekts „Stuttgart21“ attestierte Kamm gravierende Informationsdefizite im Planungsprozess und drückte den Wunsch nach einer besseren Einbindung der Bevölkerung in zukünftige Planungen aus. Dies gelte insbesondere bei von nicht allen Teilen der Bevölkerung gleichermaßen für wichtig empfundenen Großprojekten, müsse aber auch schon vor der Haustür beginnen. Das von ihr als ein Beispiel gelungener Bürgerbeteiligung vorgestellte Verfahren „Verkehrsberuhigung in Pfersee“ fand jedoch nicht die Zustimmung aller anwesender Kolpingmitglieder aus dem betroffenen Stadtteil.
Gerade im Fall „Stuttgart21“ bestehen laut Ruck erhebliche Auswirkungen auf die Entwicklung der „Ost- West-Bahnmagistrale“ und somit auch auf die Bedeutung Augsburgs als Bestandteil dieser Verkehrsverbindung. Diese überregionale Bedeutung werde von vielen Protestierenden vor Ort oftmals nicht erkannt. Kamm prognostizierte in diesem Zusammenhang weiterhin nur geringe Akzeptanz von Großprojekten in der breiten Bevölkerung, wenn die Verhältnisse vor Ort nicht in Ordnung seien. So sei vielen Bürgern ein Ausweichgleis auf der Bahnstrecke zum Arbeitsplatz wichtiger, als ein repräsentativer Verkehrsknotenpunkt von internationaler Bedeutung. Ruck forderte in diesem Zusammenhang einmal mehr die Einführung eines demokratisch legitimierten Entscheidungsgremiums, welches die Interessen für- und widersprechender Teile der Bevölkerung hinreichend zum Ausgleich bringt. Insoweit seien auch Volksabstimmungen über Großprojekte denkbar.
Im Zusammenhang mit dem im Rahmen der Einführung der Mobilitätsdrehscheibe geplanten Umbaus des Augsburger Hauptbahnhofs durch die Bahn AG sprachen sich beide Politiker, trotz weiterhin bestehendem Klärungsbedarfs in Detailfragen, einvernehmlich für einen zügigen Umbau aus. Der Bahn
AG attestieren beide eine langwierige und komplizierte Verhandlungsführung im Rahmen der
Planungen.
Auch in der Energiepolitik demonstrierten Kamm und Ruck nach der Abkehr von der Atomenergie hinreichend Konsens über die Förderung und den konsequenten Ausbau erneuerbarer Energien. Lediglich im Bereich der Photovoltaik und bei Biogasanlagen legten beide Politiker Ihre unterschiedlichen Standpunkte dar. Während Kamm auch die Sonnenenergie auf dem Dach oder das Windrad vor Ort ausreichend gestärkt wissen will, sprach sich Ruck aus Effizienzgründen verstärkt für Offshore-Windparks, z.B. in der Nordsee, aus und rechtfertigte deren erhöhte Förderquote. Ruck erinnerte in diesem Zusammenhang gerade auch im Bezug auf Biogasanlagen an die ausreichende Bereitstellung grundlastfähiger Energie, welche eine unabdingbare Basis für das Bestehen und die künftige Entwicklung des Industriestandorts Deutschland darstellt.
Kamm und Ruck befürworteten einvernehmlich einen Prozess, welcher Politik für den Bürger authentischer und nachvollziehbarer erscheinen lasse. Beide Vertreter ihrer Parteien haben bei dieser Veranstaltung auf jeden Fall schon einmal einen eindrucksvollen Startpunkt gesetzt, den es jetzt gilt, regional wie auch überregional sachlich, fair und nachvollziehbar konsequent fortzusetzen. Nicht nur der Moderator Klaus Ernicke hatte bei den schwarz-grünen Gedankenspielen im Kolpinghaus den Eindruck, dass sich hier vielleicht ein „zukünftiges Ehepaar“ getroffen hatte, welches bislang „noch nicht in den richtigen Verhältnissen“ lebt. Aber was noch nicht ist, kann ja bekanntlich noch werden…
Andreas Stadler

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