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Pro & Contra - Statements aus dem myheimat-Team
AfD-Verbot - Angstreaktion oder längst überflüssig

Contra von Florian Handl:
Aufgrund aktueller Ereignisse wie dem Treffen zum Thema "Remigration" und dem Höhenflug der Partei Alternative für Deutschland (AfD) kochen die Diskussionen um ein Parteiverbot für die AfD wieder hoch. Die Partei wird vom Verfassungsschutz intensiv beobachtet und gilt in Teilen als gesichert rechtsextrem. Besonders die Anhänger von Björn Höcke und dem mittlerweile verbotetenen "Flügel" wird eine problematische Nähe zum Nationalsozialismus nahegelegt. Ist das Grund genug die Partei zu verbieten?

Populisten wird immer vorgeworfen auf komplexe Fragen einfache Antworten zu haben. Befürworter eines AfD-Verbotsantrags müssen sich diesselbe Frage stellen. Je nach Art der Wahl (Bundestags-, Europa-, Landtags- oder Kommunalwahl) haben wir in Deutschland mittlerweile dauerhaft 30 bis 50 Prozent Nichtwähler. Sprich für 30 bis 50 Prozent der Bundesbürger gibt es keine Partei die ihre Interessen glaubhaft vertritt oder die bereits resigniert haben und nicht mehr glauben, dass die Politik für sie etwas zum Besseren verändern kann. Von den noch Übriggebliebenen Wählern würden laut aktuellen Umfragen auf Bundesebene etwa 20 Prozent die AfD wählen - in den neuen Bundesländern sind es deutlich über 30 Prozent. Würde man also die AfD verbieten, dann würde der Anteil an Bürgern, die sich durch keine Partei vertreten fühlen noch deutlich steigen.

Natürlich würde es dann wieder einfacher Mehrheiten zu finden und die Ergebnisse der Parteien, die aktuell schlecht in den Umfragen dastehen, würde sich verbessern, aber die Menschen die so unzufrieden sind, dass sie die AfD wählen würden ja nicht über Nacht verschwinden. Die wählen die AfD, obwohl sie wissen was dort für Leute in der Partei sitzen und obwohl sie wissen wofür die Partei steht. Die Gretchenfrage wird sein, ist es nur ein verzweifelter Hilfeschrei und Protest oder haben wir ein ernsthaftes Demokratieproblem. Die Analyse dieser Frage kann jedoch nur Geschehen, wenn in den Umfragen das Wählerpotential der AfD auch abgebildet wird und nicht unter den Teppich gekehrt wird.

Es muss die Aufgabe der Politik sein, nicht nur Politik für ihre eigenen Parteianhänger zu machen und die Partikularinteressen einzelner Strömungen zu vertreten, sondern wieder Politik für die breite Mehrheit der Menschen zu machen. Das betrifft den Wohnungsbau, die Inflation, die Umkehr der Entwertung der Löhne (Lebenserhaltungskosten steigen schon seit vielen Jahren deutlich stärker als die Löhne für einen großen Teil der Bevölkerung), den Arbeitsmarkt, das Gesundheitswesen, die Pflege und die Bildung. Quasi die Bereiche des Alltags der Menschen.

Wie sagt man so schön erst die Pflicht, dann die Kür. Wenn der Alltag den Menschen keine Sorgen mehr bereitet, dann wird den Populisten das Wasser abgegraben. Dann ist auch Zeit nach höherem zu Streben und die Welt zu verbessern. Dies gelingt durch bessere, nicht schuldenfinanzierte, Politik. Wenn uns das nicht gelingt, dann werden wir über kurz oder lang Verhältnisse wie in den anderen europäischen Ländern bekommen - egal ob die Rechtspopulisten dann AfD oder sonst wie heißen.

Pro von Ramona Nahirni-Vogg
Ja, was man verbietet, wird erst recht interessant. Nicht nur Eltern kennen diese goldene Regel.
Doch wenn der Kachelofen so heiß lodert, dass man sich nicht nur oberflächlich die Finger verbrennt, sondern das ganze Haus entfachen kann und sich schwer verletzten kann, dann ...
.... ja, dann sagt doch jedes Elternteil: Die Kachelofentür wird kindersicher verriegelt oder sogar "Das Ding kommt weg". Natürlich ist dieses Beispiel stark vereinfacht und infantil, aber so sehe ich es mit einem AfD-Verbot: Bevor der Wähler aus Frust sein Kreuz bei einer so negativ behafteten Partei macht, sollte man sie einfach nicht wählen dürfen. 

Die Unzufriedenheit in der Gesellschaft wird bleiben. Um die Stimmung zu ändern, braucht es eine zukunftsgerichtete, schlaue und kommunikationsstarke Politik. Dann wird die allgemeine Stimmung Schritt für Schritt wieder besser. Daran glaube ich. 

Faktor Zeit
Natürlich werden sich neue, vielleicht noch radikalere Parteien gründen und versuchen, die "orientierungslosen" Wähler zu gewinnen.
Aber im ersten Schritt gewinnen die Politik und damit die Gesellschaft: Sie gewinnen Zeit. Zeit, sich neu zu orientieren und zu sortieren. Die Chance, auch abgewandte Wähler wiederzugewinnen. Die Möglichkeit zu erklären, welche Veränderungen mit einer AfD in der Regierung wirklich auf uns zu gekommen wären. Damit meine ich nicht, das platte "Ausländer raus, mehr Geld für Deutsche übrig". Das ist nämlich gar nicht das Ergebnis des AfD-Programms. Würden deren Vorschläge so umgesetzt werden, gäbe es  sogar höhere steuerliche Belastungen für Gering- und Mittelverdiener.

Einfach Nein
Ein weiterer Punkt, der meiner Meinung nach für ein Verbot spricht, ist ganz einfach: Es wurde bereits bewiesen, dass Nichts-tun zur Katastrophe führen kann. Also lieber einen radikalen, mutigen Schritt wagen und klare Grenzen setzen: Ein Partei, deren  Mitglieder offen von "Remigration" sprechen, muss zum Schutz der Gesellschaft verboten werden. Viele Aussagen hochrangiger AfD-Politiker sind so unanständig, dass sie einfach kein Gehör finden dürfen.

Aber die Demokratie
Ja, sie wurden demokratisch gewählt. Jetzt nehme ich einen Teil (hoffentlich den größeren) in Schutz und behaupten: Sie wurden nur zum Trotz gewählt. Die wahren Abgründe werden erst jetzt vielen Wählerinnen und Wählern bewusst.

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12 Kommentare

  • Bea S. am 19.01.2024 um 17:06

Gute Vorbereitung ist alles, das stimmt. Darauf können wir uns vielleicht einigen:-)

Darauf können wir uns sogar bestimmt einigen. Und bis dahin freue ich mich über jede Demo, bei der die Veranstalter von "etwa 1.000 Leuten" ausgingen und dann 30.000 kamen.

„bis dahin freue ich mich über jede Demo, bei der die Veranstalter von "etwa 1.000 Leuten" ausgingen und dann 30.000 kamen.“

Ja.
Man darf ja auch die braune Schreihalserei von Leuten wie „Richter“ nicht als repräsentativ missverstehen.

Hier findet in sozialen Medien eine Vermüllung, eine Überschwemmung mit braunem Unrat statt, um den Eindruck zu erwecken, dies würde die öffentliche Debatte repräsentieren.

Der überwiegende Teil der liberalen Demokraten wacht ja nicht morgens auf, geht ins Internet und schreit „Ich finds eigentlich ganz ok“ in die Welt.

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