Künstler können ein Lied davon singen
Was haben Martin Kolbe aus Zürich, Rudolf Holgerson aus Freiburg (Breisgau) und Sebastian Schlösser aus Hamburg gemeinsam? Sie sind relativ bekannte Künstler und sind selbst von sogenannten bipolaren Störungen betroffen gewesen. Die Künstler - zwei Musiker und ein Autor – kommen am Dienstag, 20. Mai, nach Augsburg und erzählen in autobiografischen Songs und mit einer Buchlesung von ihren Erfahrungen mit der Erkrankung und ihren Erlebnissen in und mit der Psychiatrie. Veranstalter ist die Deutsche Gesellschaft für Bipolare Störungen (DGBS).
Eine bipolare affektive Störung (auch bekannt unter der Bezeichnung manisch-depressive Erkrankung) ist eine psychische Störung und gehört zu den Affektstörungen. „Sie werden oft mit Kreativität assoziiert. Viele bekannte Künstler litten oder leiden darunter: der Maler Vincent van Gogh, der Komponist Robert Schumann oder die Schriftstellerin Sylvia Plath sind nur einige Beispiele“, erläutert Prof. Dr. Max Schmauß, Ärztlicher Direktor des Bezirkskrankenhauses (BKH) Augsburg. Aus der jüngeren Zeit nennt Schmauß die Musiker Kurt Cobain und Amy Winehouse. Sehr offen mit ihrer bipolaren Disposition gingen die Sängerin Sinead O’Conner, die Schauspielerin Catherine Zeta-Jones und Jean-Claude van Damme um.
Mit der „Bipolar Roadshow“, so der Titel der bundesweiten Veranstaltungsreihe, soll eine Brücke zwischen der Erkrankung und der künstlerischen Tätigkeit geschlagen werden. „Die Künstler wollen dem Stigma entgegenwirken, mit dem die psychischen Erkrankungen noch immer behaftet sind“, so Schmauß. Bei der „Bipolar Roadshow“ sollen die Besucher nicht mit einem Fachvortrag konfrontiert werden. Ziel ist vielmehr, in leicht verständlicher Weise Informationen über bipolare Störungen zu vermitteln. Die Künstler, die das tun, können im wahrsten Sinn des Wortes ein Lied davon singen.
Martin Kolbe war in den 1970er- und 1980-er Jahren sehr erfolgreich als Solist und mit dem Gitarrenduo „Kolbe & Illenberger“ unterwegs. Nach etwa 1200 Konzerten in circa 40 Ländern und elf veröffentlichen LPs/CDs musste er 1987 seine Karriere krankheitsbedingt für lange Zeit unterbrechen. Erst 2012 nahm er sie wieder auf. Kolbe ist seit 2011 im Vorstand der DGBS als Betroffenenvertreter tätig. Im Frühjahr 2013 nahm er zusammen mit Gitarrist Peter Autschbach, der ihn bei der Bipolar Roadshow ins Allgäu begleiten wird, die CD „Songs from the Inside“ auf. Die Texte befassen sich mit seinen Erfahrungen rund um die bipolare Störung.
Theaterregisseur, Mediator und Autor Sebastian Schlösser landete mit seinem Buch „Lieber Matz, dein Papa hat ne Meise“ einen Überraschungserfolg. Er war damit in zahlreichen TV-Talkshows zu Gast. Schlösser beschreibt darin in Briefen an seinen Sohn den Alltag in einer psychiatrischen Klinik und was ihn dorthin gebracht hat. Der Hamburger ist auf Lesereisen in ganz Deutschland unterwegs.
Rudolf Holgerson singt autobiografische Lieder und begleitet sich dazu auf der Gitarre oder dem Piano. Er thematisiert seine Erkrankung auch in seinen mit bemerkenswerter Leichtigkeit vorgetragenen Songs und bei seinen einleitenden Ansagen. Der Freiburger arbeitet als Musiker, Lyriker, Webdesigner und Fotograf. Er hat bislang fünf CDs veröffentlicht.
Die Roadshow findet in Zusammenarbeit mit dem BKH Augsburg statt. Klinikleiter Prof. Schmauß wird zu Beginn des Konzerts eine kurze Einführung über die wichtigsten Aspekte der Erkrankung geben und durch den Abend führen. Außerdem stellt sich die örtliche Bipolar-Selbsthilfegruppe vor. Die Veranstaltung ist öffentlich und beginnt um 19.30 Uhr in der Mehrzweckhalle des BKH Augsburg, Dr.-Mack-Straße 1. Der Eintritt kostet zehn Euro. Karten gibt es im Vorverkauf bei der Buchhandlung Rieger und Kranzfelder in der Innenstadt.
Außer in Augsburg macht die Bipolar Roadshow Halt in Würzburg, Kempten, Essen, Bonn, Stuttgart, Berlin und Hamburg.