Grög! lässt Kabarett-Zuhörer über den Tod lachen
Georg Eggers hat seine Texte unter dem Pseudonym “Grög!” auf Poetry-Slam-Bühnen ausprobiert. Jetzt macht er “literarisches Kabarett auf der Suche nach der menschlichenVernunft zwischen Koitus und Exitus unter besonderer Berücksichtigung des totalen Scheiterns”. Am Freitag, 26. April 2013, zog er sein Programm “Wo denken Sie hin?” vor knapp 50 Zuhörern in der Augsburger Kresslesmühle durch: kontinuierlich reimend, mit performance-orientierter Bühnenpräsenz, bitterbösen Pointen aber etwas langatmigen Überleitungen.
Zum Start schlüpft Grög! in einem kleinen Reimtheaterstück zum Thema Geburt in vier Rollen: Arzt, Schwangere, Mann und letztlich mit Schnuller im Mund in ein Neugeborenes. Anschließend transformiert er den Zappelphilipp aus dem Struwwelpeter ins 21. Jahrhundert: Zappelkevin verliert zwar nicht sein Zombiespiel auf dem Gameboy, dafür sein Leben. In der dritten Nummer des Abends nimmt der Wutbürger das Kindchen-Schema auf's Korn. Dazu bedient er sich der Tierlyrik, indem er ein süßes Lämmle auf eine Fee treffen lässt, was zum verfrühten Ableben führt. Grög! gibt den Dichtern im Publikum an dieser Stelle den Tipp, niemals Gedichte über Bekannte zu verfassen und erklärt, warum er über Tiere schreibt: “Sie haben den Vorteil, dass es keinen organisierten Widerstand gibt.”
Der Kabarettist hat mehrere Buchprojekte am Laufen: Er präsentiert gleich fünf Texte aus seinem Werk “Tierisch tragische Geschichten”, für das er keinen Verlag gefunden habe, weil der Inhalt jeder Episode auf den Geschlechtsakt zusteuert, aber davor in einem grausamen Tod mündet. Auch aus seinem neoliberalen Märchenbuch gibt Grög! mit Hänsel und Gretel eine Adaption in die wirtschaftlich geprägte Moderne zum Besten. Es folgt ein ornithologischer Ausflug in die Liebeslyrik. “Die Nebelkrähe” hat er in dreifacher Ausfertigung aus Stoff dabei und drückt sie Zuschauern aus den vorderen Reihen zum Hochhalten in die Hand. Derweil bringt er die Vögel mit krassen Pointen, viel Onomatopoesie und einem multiplen Fazit um die Ecke. Vor der Pause bringt Grög! noch seine HipHop-Kochshow und mit “München kalkt” eine Warnung vor dem Leitungswasser der Landeshauptstadt.
Der rote Faden durch sein Programm ist klar zu erkennen – schließlich ist die Schnur mit den einzelnen Punkten quer über die Bühne gespannt. In Augsburg beginnt er entgegen des Videos aber rechts mit dem Koitus und hängt den Exitus links auf. Dafür ist das Outfit identisch. Weiter geht das literarische Kabarett mit dem Thema Konsum, das Grög! in eine Rache an händchenhaltende Liebespaare, die an den schlimmsten Shopping-Tagen den Weg blockieren, verwandelt. Ein “andächtiges Poem über höhere göttliche Macht”, dargestellt durch Schaf und Wolf, handelt die Religion ab, ehe ein Bücherfreund im Möbelhaus beim Aufbauen seines Regals besser mal die Anleitung gelesen hätte.
Die Mordlust von Grög! geht im Tierreich weiter. Ein depressives Nilkrokodil grübelt über den Sinn seines Lebens und bekommt die tödlich-deprimierende Antwort vom Dichter serviert. Danach stirbt allerdings auch der Autor in einem als Dialog mit dem Tod getarnten Monolog. Er bricht auf der Bühne zusammen, weil er – wie zuvor im Bezug auf die Liebeslyrik im Programm geschildert – den unsäglichen Herz-Schmerz-Reim verwendet hat. Das Licht in der Kresslesmühle geht aus und für die Zugabe wieder an. Stimmig vereint Grög! zum Abschluss Koitus und Exitus in einem Gedicht über Amöben, die er prompt als Stoff-Einzeller dabei hat. Die Zuschauer haben bei einem stringent aufgebautem, makabren Programm gelacht, bei dem der Kabarettist viel Frust in humorvoller, literarischer Form bewältigt hat.