Es gibt sone und solche ...
Mit den Augen eines Gastes …
Es gibt ‚sone’ und solche …
Seit Jahren schon treibt es mich durch die Bank alle acht Wochen zum Haarschneider. Was die Künste des Figaros in punkto Modefrisuren betrifft, bin ich relativ bescheiden. Wenn er sein Handwerk solide beherrscht bin ich zufrieden. Ein pfleglicher Umgang in Wort und Gebärde steigert dann noch mein Wohlbefinden. Daraus resultiert bei mir eine gewisse Standorttreue – das heißt, ich wechsle nicht gerne den Frisör.
Jetzt mußte es aber sein, weil wir in einen anderen Stadtteil gezogen waren. Bevor ich mich auf den Weg und die Suche nach einem Barbier machte, sagt meine Frau noch: „Du wirst hier in der Nähe bestimmt leicht ein Geschäft finden. Frisiersalons gibt es doch wie Sand am Meer.“
So war es auch. Nach ein paar hundert Metern sehe ich auf dem Einkaufsgelände gleich hinter der Kopperhörner Mühle eine Ladenfront mit mehreren Schaufenstern. In allen Scheiben lese ich – hochkarätig in Glas geätzt – Haarstudio Soundso.
In froher Erwartung, in wenigen Minuten meine Wolle los zu sein, betrete ich die ausgedehnten Räumlichkeiten. Oh – denke ich, da haste aber Glück – nix los um diese Zeit.
Das Summen des Türüberwachers hängt noch in der dezent parfümierten Raumluft, taucht auch schon hinter einem Vorhang weg eine junge Dame auf, die ebenso gut der Titelseite einer Modezeitschrift hätte entsprungen sein können.
Statt aber mein ‚Guten Morgen’ zu erwidern, stellt sie sogleich zwar lächelnd aber lapidar fest, dass ich ganz sicher keinen Termin hätte. Meinen Einwand, dass ich auch nicht untersucht werden, sondern nur meine Haare geschnitten bekommen möchte, wischte sie - immer noch lächelnd - beiseite: „Wir bedienen nur Kunden mit Termin.“ Als sie das gesagt, rutschten ihre Mundwinkel ganz leicht nach unten. Ich
habe mich gefragt, wieso sie auf den ersten Blick wußte, dass ich keinen Termin hatte. War es vielleicht meine ältere Windjacke, die ich der
kühlen Witterung wegen übergestreift hatte – oder waren es meine schon etwas abgeschabt wirkenden finnischen Waldläufer die nicht in
ihr Kundenbild paßten? Vielleicht war es auch die Plastiktüte, in die mir kurz zuvor die Metzgersfrau von nebenan mein Mittagessen eingepackt hatte. Ich hätte es zu gerne gewusst.
Wieder draußen habe ich erst einmal tief Luft geholt - und die Gewissheit in mein Gedächtnis geschrieben, diesen Türgriff nicht noch einmal in die Hand zu nehmen.
Fünfzig Meter weiter – quer über die Bismarckstraße hinweg – lachte mich eine auf dem Bürgersteig stehende Tafel förmlich an. „Seit 26 Jahren bedienen wir unsere Kunden ohne Anmeldung!“ versprach der Text auf dem Schild vor ‚Katja’s Frisiersalon’ dem Vorüber-eilenden. Kaum das ich das Innere der Frisörstube betreten hatte, forderte mich aus dem Hintergrund heraus jemand höflich auf, doch schon mal meine Joppe abzulegen und Platz zu nehmen. Man würde sich in wenigen Minuten um mich kümmern. Selbst die Plastiktüte in meiner Hand schien hier nicht zu stören. Wie sich dann herausstellte, bediente mich die Chefin persönlich – und zwar auf eine Weise, die ich hierzulande im Dienstleistungsgewerbe häufig vermisse – fachkompetent und natürlich freundlich. Ich bin einem Menschen begegnet, der seinen vor langer Zeit erwählten Beruf auch heute noch als Berufung ansieht, und dem ich auch in Zukunft meinen Kopf gerne anvertrauen werde.
Mein Resümé:
Besonders für die mittlere und ältere Generation ein sehr empfehlenswerter Handwerksbetrieb.
ee
Auszug aus dem Buch: „Mit den Augen eines Gastes“ von Ewald Eden
Na hab ich ein Glück, dass meine Schwester Frisöse ist und mir das Gesuche erspart bleibt. Aber egal, ob Arztpraxis, Frisörsalon, Klamottenladen...
Alles, was extremst teuer und edel erscheint, meide ich wie der Teufel das Weihwasser. Ich bin in nicht wenigen "feinen" Geschäften von oben bis unten gemustert und mit den Worten: "Für sie haben wir hier nichts!" abgekanzelt worden. Dabei wollte ich nur was Hübsches für meine Tochter kaufen.