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Die "Aulen Soliger" zum vierten ...

Allerhand humorigen Wortsenf bekamen Besucher jedweder Art auch ein paar Häuser weiter, die Strasse runter in Richtung Landwehr, zu hören. Da residierte Lauterbachs Kurt, dort verbrachte er sein ‚normales’ Leben außerhalb der Karnevalszeit – denn in der närrischen Session war er ständig von Stadt zu Stadt und von Bütt zu Bütt unterwegs – stets mit Regenschirm und Melone, allgemein als seine Markenzeichen bekannt, ausgestattet.
Wer die Gelegenheit hatte, den ‚Kütti’ privat in seinem Domizil aufsuchen zu dürfen, der brauchte zu keiner seiner Büttenreden in irgendeinem überfüllten Saal mehr pilgern – bei Lauterbachs Kurt bekam man zu jeder Zeit sein gesamtes Programm gratis und solitär präsentiert. Kurt war nämlich im Alltag genauso, wie er sich in der Jeckenbütt zeigte.
Wo und wann er auch auftauchte – er war immer original und unverwechselbar der ‚Lauterbachs Kurt’.
(Bitte nicht verwechseln mit dem überall rumwäschelnden 'Fliegenmann' der 'Sozimaldezokraten')

Unverwechselbar und original war auch ‚Benders Erna’ wenn sie in der „Benderstube“ auf der Neuenhoferstrasse an der Ecke Erferstrasse, ungefähr in Höhe des Wegerhofes, tausenderlei Dinge auf einmal machte.
Die „Benderstube“ war baulich auch ein Überbleibsel der Nachkriegszeit – auf den übrig gebliebenen Fundamenten eines zerbombten Patrizierhauses errichtet.
Als genauso ein Überbleibsel aus entschwundener Zeit empfanden die Gäste ‚et Erna’ mit ihren manchmal schrulligen Manieren, wenn sie mit dunkelbraunen Kulleraugen unter brünetter Lockenpracht über den Rand ihrer randlosen Brille schaute.
Ganz gleich, ob sie gerade hinter der Theke am Büffet für einen Stammgast eines ihrer berühmt-berüchtigten Hausgetränke mixte, oder ob sie in der offenen Hinterküche in einem respektabel großen Kupferkessel die nächsten hundert Liter ‚Ochsenschwanzsuppe’ zurechtzauberte.
Bruchhausens Doppelkorn mit Maggi oder Ratzeputz mit Feuerwehrmostrich waren nur zwei ihrer Getränkespezialitäten.
Erna war eben immer Erna – und ob Gast sich nun Hausgetränk oder Ochsenschwanzsuppe zu Gemüte geführt hatte – Arthur, was ‚et Ernas’ Ehegesponst war, musste in jedem Fall Hausbrandwehr spielen und für reichlich ‚Löschbier’ sorgen.
Die jungen Kerls gingen denn auch nicht in Ernas Kneipe um sich zu betrinken – wer so etwas denkt ist nicht von dieser Welt – einzig ‚dat leckere Ossensteertsüppche’ zog sie dahin, und ‚dat dat hingerher so intensiv abgelöscht weeden musste, dor kunn doch keiner wat dran maache’.

‚Dor kunn doch keiner wat dran maache` bekam man auch des Öfteren von den umliegend Wohnenden zu hören, wenn zufällig das Gespräch auf das etwas lockere vornehmlich nächtliche Treiben in Maaßens Krug in unmittelbarer Nachbarschaft des Klosters Kannenhof kam.
Das Wirtsehepaar Maaßen hatte nämlich eine etwas andere Vorstellung von Lebensqualität als die Leute, die um sie zu die Gegend bevölkerten..
Die Maaßens hatte der Lebenswind unversehens aus dem sittenlockeren Düsseldorf – aus Klein-Paris, und da auch noch aus der Oberbilker Ecke – nach ‚Solig’ verschlagen.
Sie waren sozusagen aus der Welt des Glitzers in die Niederungen der bescheiden leuchtenden Gaslaternen gezogen.
Den Anstoß zu diesem Weltenwechsel hatte Klärchen Maaßens Busenfreundin aus Jungmädchenjahren, Josefine – von ihren Freunden und auch von denen, die sich irrtümlicherweise dafür hielten nur allgemein ‚Fini’ genannt – gegeben.
Fini war einige Jahre zuvor nach fünfzehn Jahren aktiven Dienstes an den Kochtöpfen in den Feldküchen der ‚Legion Francaise’ in ihre Heimat, in die Rheinmetropole zurückgekehrt. Für eine Frau war das ohne Frage ein seltener und respektheischender Werdegang.
Dank ihrer körperlichen Fülle – Fini besaß ungefähr die gleiche Statur wie König Tofou vom Südseeinselstaat Tonga. Länge mal Breite mal Höhe ergaben leicht und locker gut zweihundert Kilogramm weibliches Lebendgewicht.
Als Frau war sie somit eine ganz passable Erscheinung, die von niemandem übersehen werden konnte. Selbst mit der größten Anstrengung nicht.
Über keine Anstellung in Düsseldorf als Köchin konnte Fini aber nur lachen.
Zu einem sechsstelligen Betrag auf ihrem Bankkonto, der sich aus französischer Nachdienstzeitsicherung und erspartem Sold aus den langen Wüsten- und Urwaldjahren zusammensetzte, gesellte sich noch ein von einer Tante geerbtes Haus mit Gastwirtschaft in Solig hinzu.
Bei ihrer Freundin Klärchen und deren Mann Reinhard musste sie keine allzu großen Überredungskünste mobilisieren, um sie zur Übernahme des Restaurationsbetriebes in Solig zu bewegen.
Die beiden dümpelten nämlich schon längere Zeit ganz hart an der Kante des Überlebens herum – das heißt, ihnen stand das Wasser häufig bis zur Oberkante Unterlippe. Da war das Wiederauftauchen der alten Freundin Fini doch ein Rettungsring – ach was sage ich Rettungsring – es war schon mehr ein komfortables Rettungsboot.
Man zog also gemeinsam von der Residenz der Grafen von Bergh in das Stahlwareneldorado ins Bergische Land.
Fini ergriff das Regiment über Töpfe und Pfannen, während Klärchen und Reinhold fortan die Abteilung mit den Flüssigwaren auf Trab hielten.
Ihre Art des Umgangs mit den Gästen war für die ‚aulen Soliger’ im unmittelbaren Umfeld erwartungsgemäß erst einmal sehr gewöhnungsbedürftig – aber sie haben sich letzendlich daran gewöhnt, dass Wirtin Klärchen trotz ihrer drallen Figur zur Erheiterung der Stammgäste zu späterer Stunde auch schon mal mit „zwei Apfelsinen im Haar und an den Hüften Bananen“ den damals über eine längere Zeit aktuellen Tagesschlager tanzte.
Nach dem spätabendlichen Küchenende fischte Fini sich - frei nach Fremdenlegionärsmanier – aus der anwesenden und noch gebrauchsfähigen männlichen Gästeschar auch schon mal ein Appetithäppchen für ihr bettliches Nachtmahl heraus.
Die von ihr Erwählten sollen durch die Bank stets äußerst ‚befriedigt’ und mit weichen Knien irgendwann in der morgendlichen Dämmerung den Heimweg angetreten haben.

In der Dämmerung des neuen Tages trat auch ‚Texas Bill’ oft genug seinen Heimweg an, wenn er mal wieder die Nacht bei seiner ‚Conchita’ verbracht hatte. Wer jetzt unzüchtiges Gedankengut in seinem Phantasiedenken herumwälzt, der liegt meilenweit verkehrt damit.
Obwohl wir beide arbeitsmäßig über einige Jahre zum selben verschworenen Haufen trink- und arbeitsfester Malocher gehörten und im Troß quer durch die Republik von Baustelle zu Baustelle gezogen sind, habe ich am Ende unseres gemeinsamen Weges nicht einmal mit dem Anflug einer Ahnung sagen können, ob unser Texas Bill’ jemals lustvollen Körperkontakt zu einem weiblichen Wesen gepflegt hat.
Von den Berührungen seiner Mutter einmal abgesehen.
Seine Conchita war die Wirtin hinter dem Ausschank in der Gaststätte des Solinger Hauptbahnhofs. Wahrscheinlich war die dralle Mittfünfzigerin für ihn eine Art Ersatz für die Mutter, der er in den letzten zwanzig Jahren ihres irdischen Daseins einmal im Jahr – stets in der Nacht zu Muttertag - sehr nahe war, ihr aber, nach einem für ihn sehr schlimmen Vorfall, nie mehr unter die Augen treten konnte.
Darum verbrachte er wohl in einem genau festgelegten Rhythmus bestimmte Nächte im Sattel hockend vor dem Tresen in Anfassnähe seines Mutterersatzes – seiner Conchita.
Im Sattel hockend deshalb, weil ein profaner Barhocker oder auch meinetwegen –schemel nicht einfach nur Sitzgelegenheit war sondern von ihm als Sattel bezeichnet wurde.
Texas Bill war eben Texas Bill – immer, auch wenn er mit dem stinkenden Wasser des zu seiner Zeit totesten Flusses Deutschlands – der Emscher – getauft worden war – und das auch noch in Quatschkopp-Rauxel.
(Die Qualität des Emscherwassers und die es begleitenden Gegebenheiten im Flussbett- und Uferbereich haben sich entscheidend zum Positiven hin verändert.
Dafür an dieser Stelle ein leises Dankeschön in die Vergangenheit an den schon längst verstorbenen Heinz Kühn, der nach seiner Wahl zum NRW Ministerpräsidenten Mitte der 60er sein ‚kühnes’ Versprechen von blauem Himmel über der Ruhr ohne Rücksicht auf verkrustete Strukturen in Partei oder Wirtschaft eingelöst, den Anstoß zum Umdenken gegeben und die Grundlagen für den sauberen Wandel im ‚Pütt’ geschaffen hat.
‚Bruder Johannes’ als einer seiner Nachfolger im Amt verstand es zwar prächtig, seinen Mund in der Breite lang und rechteckig zu öffnen, bevor er ein vermeintlich wichtiges Satzgebilde in den Alltag entließ, aber richtig etwas bewirkt – zum Wohle des Landes und der Menschen an Rhein und Ruhr hat er in meinen Augen nie wirklich, der Gute. Nach Abzug aller ‚Gustav Heinemann Boni’ als sein Schwiegeropa der der Gustav war, ist da im Nachhinein noch weniger zu erkennen – auch wenn Herr Rau tätiger Spiekeroog Freund war - was ihn in meinen Augen sympathisch erscheinen ließ. )

ee

9 Kommentare

Über Texas Bill ist mir versehentlich ein ausrangierter Text dazwischen geraten. Das Geschriebene hat sich wahrscheinlich über die 'Trotzdempräsenz' gewundert und gefreut - doch jetzt ist Schluß mit lustig - ich habe die unvollständige Passage gegen die Endform ausgetauscht.
Ich hoffe, Ihr tragt mir diese 'Schlamperei' nicht allzu lange nach.

Liebe Romi - ich verfüge auch nicht über einen realen 'Sogeschehenaktenkeller'.
Den Platz dafür muß der Platz in meinem Kopf den Erinnerungsdingen schon einräumen - und wenn er hin und wieder meint, dagegen maulen zu können, trete ich ihm schon mal sachte, aber gepflegt, in den Hintern.
Das bewirkt dann meist wahre Wunder ...

pass nur auf, daß wir das nicht auch machen -------> wegen auswechseln und so (gepflegte Tritte).
.
aber all das in deinem Kopf: blanker Neid und pure Bewunderung

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