Eine (winterliche) Führung durch das Kloster Wienhausen
Das Kloster Wienhausen liegt nur wenige Kilometer von Uetze entfernt und ist immer einen Besuch wert. Und eine Führung durch das um 1230 gegründete Zisterzienserinnen-Kloster ist ein besonderes Erlebnis.
Doch zuerst möchte ich mich auch auf diesem Wege bei Frau Äbtissin Renate von Randow für die Fotogenehmigung bedanken; so sind einige Bilder aus dem Inneren des Klosters in der kleinen Bildergeschichte zu sehen.
Um 1230 wurde das Zisterzienserinnen-Kloster von der Schwiegertochter Heinrich des Löwen, Herzogin Agnes, gegründet. Es war von Anfang an ein reiches Kloster; die Nonnen brachten ihre Mitgift ein; der Hildesheimer Bischof bedachte es mit einer Schenkung und die Klostergründerung Agnes tat viel zur Förderung des Klosters. Sie lebte hier bis zu ihrem Tode (wahrscheinlich im Jahre 1248) und hat auf dem nahen Friedhof ihre letzte Ruhestätte gefunden.
Agnes war es auch, die die wichtigste Reliquie aus Rom nach Wienhausen holte; die Heilig Blut Reliquie. Das Kloster wurde zum Wallfahrtsort.
Die perfekte Lage am Mühlengraben, einem Nebenfluss der Aller, machte das Kloster weitgehendst autark in Bezug auf Versorgung der hier lebenden Menschen.
Das Kloster hatte bereits in den ersten Jahrhunderten des Bestehens eine besondere Vorrangstellung unter den Klöstern des lüneburgischen Fürstentums. Die meisten Nonnen kamen aus adligen Familien; noch heute zeugen mehr als 60 „Kisten“ von der eingebrachten Mitgift. Interessant zu sehen sind diese Eichentruhen, deren älteste aus dem 13. Jahrhundert stammt. Eindrucksvoll kann der Besucher an ihnen im langen Kistengang im Obergeschoß des Nordflügels entlanggehen.
Und auch Amüsantes bliebt bei unserer Rundgang, den Erika Möller als Führerin sehr interessant für uns gestaltet hat, nicht außen vor. So zeigte sie uns eine „Geldkiste“, in der eine kleine weitere Kiste zu sehen war: „Hund“ ist der Name. Darin wurde stets das Geld aufbewahrt, das „auf die hohe Kante kam“. Ist der/die Besitzer/In der Geldkiste wohl so „auf den Hund gekommen“?
Das Kloster ist für Besucher vom 1. April bis 15. Oktober (so in 2009) geöffnet. Wir hatten eine Sonderführung im Februar; auch dafür möchte ich mich beim Konvent bedanken. Alte Gemäuer sind in der heutigen Zeit nicht für das Wärmeempfinden der Besucher ausgestattet. Es war winterlich kalt.
Unseren Rundgang begannen wir im Sommerrefektorium. Der Saal befindet sich im Nordflügel, nahe der Klosterküche. Den Bewohnern diente er als Speisesaal, allerdings nur im Sommer, da er nicht beheizt werden konnte. Blickfang ist die farbenfrohe Holzbalkendecke. Sie wurde 1963 nach alten Vorlagen wieder rekonstruiert. Heute allerdings sorgt eine moderne Fußbodenheizung für Wärme. Unter dem Motto „Kultur im Kloster“ finden Veranstaltungen statt. Mehrmals in diesem Jahr steht meditativer Tanz im Sommerrefektorium auf dem Programm. Ebenso wie Klavierkonzerte, Lesungen und Vorträge. Nähere Informationen sind auf diesen Websites zu erfahren:
http://www.wienhausen.de und http://www.kloster-wienhausen.de (diese zweite Website ab Anfang 2009).
Wir begeben uns nun mit unserer kundigen Führerin auf den Rundgang durch die unteren Kreuzgänge; schauen teilweise beim Blick nach oben auf dunkle Holzbalkendecken, teilweise gehen wir durch weiße Spitzbogen und bleiben vor der Kalksteinstatue der Klostergründerin Agnes von Landsberg stehen. Das Alter dieser lebensgroßen Figur wird auf 750 Jahre geschätzt.
Für mich persönlich war der Nonnenchor der überwältigendste Teil des Klosters. Beeindruckend sind die Wand- und Deckenmalereien. Sie spiegeln das Leben der Zeit dar, in der Maler diese Werke geschaffen haben. Typisch dabei sind die symbolischen Darstellungen, damit selbst dem einfachsten Menschen die Bibel nahegebracht werden konnte. Die Zeichnungen selbst spiegeln den Zeitgeist hier in unserer norddeutschen Landen wider. Es fällt beim genauen Betrachten auf, dass die menschlichen Darstellungen alle blond und – ich sage mal recht nordisch – aussehen.
Und da man damals keine Feigenblätter kannte, verhüllen Adam und Eva ihre Nacktheit mit Eichen- und Buchenblättern.
Stundenlang kann man im Nonnenchor verweilen und die „gezeichneten Geschichten“ lesen.
Noch heute finden hier im Nonnenchor Feiern der Konventualinnen statt oder auch Veranstaltungen aus der oben schon erwähnten Reihe „Kultur im Kloster“.
Den größten Teil des Obergeschosses nimmt das Teppichmuseum ein. Es hat weltweite Anerkennung erfahren für die Bild- und Wandteppiche aus dem 14. und 15. Jahrhundert. Teilweise restauriert, teilweise nur noch in Fragmenten erhalten sind Werke in der Fachwelt bekannt.
Alle Teppiche sind Wollstickereien auf Leinen. Diese Sticktechnik ist etwas Besonderes (siehe meine Bilder).
Meist sind auf den Wand überspannenden Teppichen sakrale und weltliche Themen dargestellt. Beschäftigt man sich genauer mit den einzelnen Teppichen, so ist gut zu erkennen, dass sie aus Einzelstücken zusammengesetzt sind, denn früher waren Webrahmen nicht breiter als 80 cm und man musste diese Streifen beim Sticken aneinandersetzen.
Der, der sich für diese einzigartigen Teppiche interessiert, kann ganze Tage in diesen Ausstellungsräumen verbringen.
Der Tristanteppich entstand um 1300 und zeigt eindrucksvoll in Bildern das Leben von Tristan und Isolde.
Der Prophetenteppich stammt ebenfalls aus der Zeit um 1300 und zeigt die Propheten des Alten Testaments.
Das Leben des Heiligen Thomas wird auf dem Thomasteppich erzählt und der Heilsspiegelteppich erzählt in Bilderfolgen Szenen aus dem Alten und Neuen Testament. Der Betrachter braucht Zeit, um die teilweise symbolischen Darstellungen zu ein und demselben Thema zu erkennen.
Wie wäre es nun mit der Erlernung des „Klosterstichs“; jenem Stickstich, aus dem die Teppiche gemacht wurden? Diesen Stich, der wahrscheinlich im 13./14. Jahrhundert entstanden ist, kann man in Kursen im Kloster Wienhausen erlernen. Einfach mal auf der Website nach den Terminen schauen, oder im Klosterbüro anrufen.
Am Ende unseres Rundgangs waren wir um viel Informationen reicher. Wem ich also das Interesse an dem Kloster Wienhausen geweckt habe, sollte einfach mal in die Nähe von Celle kommen und während der Sommermonate an einer Führung teilnehmen. In Konvent leben heute 10 Damen (Konventualinnen), die täglich dieses interessante Kloster den Besuchern zeigen.
So, nun möchte ich alle Leser/Innen dieses Beitrages mit auf einen virtuellen Besuch in das winterliche Wienhausen und einen Klosterbesuch nehmen …
Wer gerne (sommerliche) Bilder aus Wienhausen sehen möchte, sollte einfach diesen Nachmittagsspaziergang im Kloster machen.
Hallo Kerstin,
am Mühlengraben entlang geht es zu einigen Restaurants; ich war dort im "Klosterwirt". Versuche es auch einmal.
Gruß Uta