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Uli Hoeneß und die innere Balance im deutschen Strafrechtssystem

Das Urteil gegen Uli Hoeneß und andere Steuerhinterzieher ist im Vergleich zu schweren Straftaten in deren Folge Menschen zu Tode kamen, nicht zu rechtfertigen. Die Urteile sind im Vergleich zu sehen und offenbaren eine zunehmende Störung des inneren Gleichgewichtes im deutschen Rechtssystem.

Warum Uli Hoeneß nun als Anlaß nehmen? Weil er eben sehr prominent ist und gleichzeitig eine ebenso kontroverse Person des öffentlichen Lebens.
Meine Hypothese: Das deutsche Strafrechtssystem hat seine innere Balance verloren.
Warum?
Nehmen wir das Beispiel der Steuerhinterziehung als Beispiel für eine nach deutschem Recht strafbewehrte Handlung. Und wegen der aktuellen Geschehnisse das konkrete Beispiel „Uli Hoeneß“.
Nun bin ich kein Hoeneß Intimus und verlasse mich auf die Meldungen, wie sie in den Medien zugänglich waren. Demnach hatte Hoeneß etwa 150 Millionen Euro „Spielgeld“ in die Schweiz transferiert – ob nach und nach oder auf einmal, weiß ich nicht, spielt aber auch keine überragend große Rolle in diesem Beispiel. Viel wichtiger ist, daß es sich bei diesem Geld nicht um Schwarzgeld handelte, sondern um versteuertes Nettovermögen. Hoeneß hatte also schon sehr viele Steuern gezahlt. Und tat es weiterhin, denn sein größtes Vermögen behielt er ja in Deutschland, sein schweizerisches Vontobelkonto war ja nur sein Zockerkonto mit dem besagten Spielgeld. Aber was wird Hoeneß denn vorgeworfen? Er habe auf die Gewinne, die aus bereits in Deutschland versteuertem Geld, also auf Nettovermögen, in der Schweiz durch Spekulationsgeschäfte angefallen sind, keine nochmaligen Steuern gezahlt; 28,2 Millionen Euro haben also die Richter jetzt ausgerechnet, hätten sie gerne noch zusätzlich von Hoeneß gehabt. Und die tumbe Öffentlichkeit stimmt mit ein in den Chor der „Hoeneß-hinter-Gitter“ - Schreihälse. Die ehrlichen Steuerzahler seien durch die hinterzogenen Hoeneß Millionen ins Hintertreffen geraten und betrogen worden.
Im Gegensatz zu Hoeneß' ehemaligen Nationalmannschaftskollegen, Beckenbauer und Netzer, die bereits seit langer Zeit in Österreich oder der Schweiz leben, ebenso wie etliche andere vermögende Prominente, wie Michael Schumacher, Boris Becker, u.v.a. hat Hoeneß es vorgezogen, am Tegernsee in Deutschland zu bleiben und hier etliche Millionen Euros an Steuern zu entrichten. Hätte er nicht gezockt – mit bereits versteuertem Geld, wohlgemerkt – wären auch die Gewinne nicht entstanden – in der Schweiz, wohlgemerkt – und niemand hätte je einen Anspruch auf irgendeinen Pfennig erheben können.
Versetze ich mich einmal in die Lage eines Uli Hoeneß und träume von einem sehr großen Vermögen, das mir trotz hoher Steuerzahlungen in Deutschland noch netto übrig blieb, dann würde ich auch sagen: das Geld gehört mir und damit mache ich, was ich will.
Kaufe ich mir von meinem versteuerten Nettolohn einen Sack Kartoffeln und pflanze diese aus, erhalte dann nach ein paar Monaten die dreifache Menge an Kartoffeln als Ernte, dann käme doch niemand auf die Idee, von mir 25% der hinzugewonnenen Kartoffeln von mir als Steuern auf die Kartoffelgewinne zu fordern. Das sind dann meine Kartoffeln; voll und ganz.
In Sachen Steuern, Spekulation, Managergehälter und Boni usw. wird immer viel von Gier gesprochen, „Gier frißt Hirn“ heißt es dann immer gerne. Doch wer, bitte schön, ist denn im hier gewählten Beispiel der wirklich Gierige? Es ist doch der Staat und die tumbe Öffentlichkeit, die voller Neid von einem finanziell erfolgreichen Menschen fordern, er möge sein Vermögen mit ihnen teilen – ohne dafür wirklich eine Gegenleistung anzubieten. Sie fordern und fordern und ihre Gier wird schier unerträglich. Und wenn sie nicht bekommen, was sie wollen, bestrafen sie die Erfolgreichen, stecken sie ins Gefängnis. Sie haben ja zuvor den Straftatbestand der Steuerhinterziehung geschaffen und pochen nun darauf, daß die von ihnen selbst geschaffenen Gesetze zu ihrem eigenen Vorteil von allen anderen einzuhalten sind. Ich frage mich nur: Warum ist es eigentlich nicht längst strafbar, wenn diese Leute, die so neidvoll und voller Gier nach noch viel mehr den Menschen das Geld aus der Tasche ziehen, dieses von ihnen unter Kuratel gestellte Geld völlig maßlos und ohne Sinn und Verstand verprassen bzw. verschwenden?
Also, Herr Hoeneß soll für dreieinhalb Jahre ins Gefängnis. Die Staatsanwaltschaft hatte fünf Jahre und neun Monate gefordert.
Zum Vergleich:
Ein türkisches Kopftreter-Rudel tötet Daniel Siefert in Kirchweyhe, bei dessen Beerdigung muß die Polizei sogar noch die Familie vor Türken schützen. Urteil gegen den Türken Cihan A.: Fünf Jahre und neun Monate. In Wipperfürth töten die türkischen und arabischen Kopftreter Özgür, Muhammet und Younes Benjamin Diegmann. Urteil: Bewährung und Sozialstunden. In Hamburg ist Matthias R. nach einer Prügelattacke schwerstbehindert. Die Täter, Patrick W. und Nehat H. werden freigesprochen. Berlin, Alexanderplatz 14. 10.2012. Eine 6-köpfige Migrantenbande greift auf dem Alexanderplatz in Berlin Jonny K. und seinen Begleiter an. Jonny K. wird dabei gegen den Kopf getreten und verstirbt nach der Prügelattacke an Gehirnblutungen. Der Hauptangeklagte Onur U. wird zu viereinhalb Jahren Gefängnis verurteilt, die fünf Mittäter bis zu zwei Jahren und acht Monaten.
Und dann eine Steuerhinterziehung. Darf eine Steuerhinterziehung mit einem Urteil bestraft werden, das auch für die brutale Tötung von Menschen so gefällt wurde? Ich meine nicht! Die Tötung eines Menschen muß immer sehr viel höher betraft werden, als eine lapidare Steuerhinterziehung. Hinzu kommt ja noch, daß eben die angesprochene Steuerverschwendung gar nicht strafrechtlich belangt wird.
Solche Urteile zeigen immer deutlicher, wie die innere Balance unseres Rechtssystems verlorengegangen ist. Ein Staat der solche Urteile zuläßt verliert sein Vertrauen, sein Respekt und sorgt langfristig für seine eigene Abschaffung.
Ich würde mir deshalb wünschen, die Strafbarkeit der Steuerhinterziehung grundsätzlich zu überdenken und zunächst nur als Ordnungswidrigkeit zu ahnden. Zumindest so lange, bis auch Steuerverschwendung zur Straftat oder eben auch zur Ordnungswidrigkeit erhoben wird. Andererseits sind Tötungsdelikte wie in den oben genannten Beispiel grundsätzlich härter zu bestrafen.

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12 Kommentare

Von denen die mit der "gesellschaftlichen Leiche" Hoeneß und seinen "Geschäften" irgendwie in Berührung gekommen sind - sei es als Förderer, als Zustimmer oder als Dulder - werden jetzt und fortan mit der Angst im Nacken leben müssen. irgendwann an Leichenvergiftung zu verenden. Und DAS ist gut so

@Doris Mai Ja, habe ich auch gelesen. Die Summen, die da kolportiert werden, werden immer abstruser. Eine halbe Milliarde als Geld zum spekulieren? Wenn das stimmen sollte, kann das Geld nur aus anderen Quellen stammen - selbst ein Uli Hoeneß hat nicht solche Summen zum spielen übrig. Andererseits: Warum sollten "andere Quellen" das Geld ausgerechnet Uli Hoeneß anvertrauen, der damit nur zockt. Bei einer professionellen Anlagegesellschaft wäre es sicherlich besser untergebracht gewesen, und die hätte damit eben auch von Cayman Islands aus zocken können, oder von Singapur und Hongkong. Die Geschichte wird immer verworrener.
Dennoch: Eine Strafe wegen hinterzogener Steuern - ich bleibe bei meiner Haltung - darf nicht gleichwertig mit einer Strafe für die Tötung eines Menschen ausfallen. Da muß die Politik aktiv werden und die Strafzumessungen überdenken. Das hat nichts mit Uli Hoeneß zu tun, sondern ich meine das ganz allgemein. Außerdem bin ich für eine unbedingte Verknüpfung von Steuerverschwendung und Steuerhinterziehung; entweder beides als Straftat oder beides als Ordnungswidrigkeit, oder wie auch immer. Aber es kann nicht sein, daß der Staat immer gieriger und rigoroser Geld eintreibt, aber mit diesem ihm anvertrauten Geld dann liederlich und verantwortungslos umgeht. Das gilt nicht nur für die bekannten Großprojekte ("Niemand hat die Absicht, in Berlin einen Flughafen zu errichten" Achtung: Ironie), sondern auch auf kommunaler Ebene.

Ich möchte an dieser Stelle einen Artikel von Frau Katharina Szabo einfügen, den ich soeben auf dem Blog "Achse des Guten" gefunden habe. Er paßt ins Bild ( http://www.achgut.com/dadgdx/index.php/dadgd/artic... ):

Katharina Szabo 05.04.2014 22:23 - Frau K. und Frau R.: Zweierlei Realität

„Das ist eine irre Realität“, sagt Claudia Roth und ringt um Fassung. Eben noch hatte man ihr die Freude darüber angemerkt, abgestaubt und wieder ins warme Scheinwerferlicht einer Talkshow gesetzt worden zu sein. Die war ihr nun angesichts der Brisanz des Themas der Maybrit Illner Runde vom 03.04. mit dem Aufmacher Kurzer Prozess für Hoeneß vergangen. Es sei ein Wahnsinn, mit welchen Summen Hoeneß hier hantiert habe, so hundert Millionen, unvorstellbar.

„Ich wünsche mir, dass Opfer und Täter nicht gegeneinander ausgespielt werden. Die Opfer haben auch einen Anspruch darauf, dass mit den Tätern so umgegangen wird, dass sie lernen. Es gibt Täter, die brauchen einfach eine intensive Betreuung. Ich habe auch im Knast gearbeitet, ich sag‘ mal so: Knast hilft nicht immer!“ Das war Renate Künast, in der Maybrit Illner Sendung vom 24.03. Die Worte hatte sie an Tina K., die Schwester des ermordeten Johnny K. gerichtet, nachdem diese Unverständnis hinsichtlich des milden Strafmaßes für die Mörder ihres Bruders geäußert hatte. Der Haupttäter, Onur U., war zu viereinhalb Jahren Gefängnis verurteilt worden. Alle anderen Täter befinden sich derzeit noch auf freiem Fuß, was ihnen ausreichend Gelegenheit gibt, Häme und Spott über ihr totes Opfer und dessen Angehörige auszugießen.

Zurück zu Claudia Roth und Uli Hoeneß. „Wir brauchen eine gesellschaftliche Debatte darüber, was Steuern eigentlich sind“, schlägt Claudia Roth zu Beginn der Sendung vor und fragt rhetorisch in die Runde: „ Gibt’s da einen gefräßigen Staat, der die Menschen ausbeutet? Der wie ein Vampir den Menschen alles wegnimmt?“ Ihr Tonfall wird ernster, nachdenklicher: „Was ist Steuergerechtigkeit? Was wird mit Steuern gemacht?“ Die Antwort bleibt sie schuldig und fährt stattdessen fort: „Steuerhinterziehung ist schließlich keine Lappalie, das tut man nicht, das ist keine Bagatelle, das ist eine erhebliche Straftat!“ Ein weiterer Gast der Runde, Finanzexperte Klaus Lehman, hatte zuvor ähnlich argumentiert.

Ein Strafmaß von dreieinhalb Jahren für Hoeneß sei zu milde. Schließlich hätten wir es hier mit einem besonders schweren Fall zu tun, der nicht unter fünfeinhalb Jahren geahndet werden dürfe. Schnell waren sich alle einig: Dreieinhalb Jahre, lächerlich gering und alles andere als gerecht. Mangels Diskurs ging man dann dazu über, Spekulationen darüber anzustellen, was alles faul im Staate Bayern sei. Wieso hatte der Prozess nur vier Tage gedauert? „So ein riesengroßes Verfahren, mit so riesengroßen Zahlen“, wundert sich Roth. Kann das mit rechten Dingen zugegangen sein? Wieso nur dreieinhalb Jahre Gefängnis, bei der Schwere der Schuld? Hatte es etwa einen Deal zwischen Verteidigung und Anklage gegeben? „Wenn dem so war“, so Roth, dann war es „ein harter Angriff auf unseren Rechtsstaat! Ich glaub‘ das war so `ne Geschichte mit Augenzwinkern. So `ne Verabredung!“ Das offenbar von Claudia Roth mitgebrachte Studiopublikum bricht in Applaus aus.

Zeit für einen anderen Experten der Sendung, zu Wort zu kommen. Der erfolgreiche Strafverteidiger Gerhard Strate will an einem Beispiel aufzeigen, dass wohl nichts mit rechten Dingen zugegangen sein könne, im Falle Hoeneß. Ein Mandant von ihm, ein Bauer vom Tegernsee, sei trotz seiner anwaltlichen Bemühungen in Bayern einfach so zu vier Jahren Haft verurteilt worden. Dabei hätte der Mann nichts weiter getan, als lediglich seinen Bauernhof als Tanklager zur Verfügung gestellt, damit andere die Mineralölsteuer hinterziehen konnten. Wenn da mal nicht mit zweierlei Maß gemessen werde. In Bayern.

„Wir brauchen auch `ne Personalausstattung, damit im Knast auch was mit denen gemacht wird. Da muss Gruppen- und Einzelarbeit gemacht werden, damit darüber geredet werden kann, was hast du da getan. Da muss geholfen werden, damit die sich später hier tatsächlich integrieren. Und ich sag`s nicht, um den Tätern einen Gefallen zu tun. Denn wenn du denen als Sozialarbeiter so auf die Pelle rückst, tut das denen auch weh!“ Renate Künast blickt triumphierend in die Runde.

Tina K. schnappt nach Luft. Und das von Renate Künast teilweise mitgebrachte Studiopublikum bricht in Applaus aus.

http://www.zdf.de/ZDFmediathek#/beitrag/video/2120...

http://www.zdf.de/ZDFmediathek#/beitrag/video/2126...

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