Leserbrief von Martin Kluge
Passt die Therme in die
wirtschaftliche „Landschaft“?
Dass der am Hollerner See geplante Thermen-Hotel-
Komplex aus Sicht des Naturschutzes und der Raumplanung
nicht in die Landschaft passt, wurde schon oft thematisiert.
Die gernzitierte landesplanerische Beurteilung
der Regierung von Oberbayern vom Oktober 2009 enthält
dazu erstaunlich viele Negativaussagen, die auf
www.muenchen-land.oedp.de nachgelesen werden können
und denen wenig hinzuzufügen ist. Dort heißt es
auch: „Für das Vorhaben sprechen [...] vor allem wirtschaftliche
Belange.“ (S. 31). Aber ist dem wirklich so?
Passt die Therme wirklich in die wirtschaftliche „Landschaft“?
Aus wirtschaftlicher Sicht ist das Projekt ein Risiko. Wer
im Internet nach „Therme-Konkurs/Insolvenz“ sucht,
oder nach „Thermen graben sich gegenseitig das Wasser
ab“, wird schnell fündig werden. Auch wenn das Risiko
zunächst auf einen privaten Investor ausgelagert wird, so
werden Eching und Unterschleißheim doch die Erschließungskosten
nicht gänzlich abwälzen können. Darüberhinaus
ist das Projekt so prominent plaziert, dass im Fall
der Insolvenz aus der „Positiveinrichtung“ ganz schnell
eine „Negativ-Bauruine“ wird. Mir scheint, Eching und
Unterschleißheim werden sich hier letztlich nicht wegducken
können, sondern haben eine bleibende informelle
Verantwortung, die sich nicht abwälzen lässt und die
schnell in den Vordergrund kommen wird, wenn die Thermen-
Hotelanlage unrettbar defizitär sein sollte.
Es ist möglich, das Risiko zu vermeiden, indem man auf
das Projekt verzichtet, aber es ist kaum möglich, das
Risiko zu vermindern. Denn nur wenn man „nicht kleckert,
sondern klotzt“ könnte die Anlage überhaupt die
aus wirtschaftlicher Sicht benötigte Anziehungskraft entfalten.
Konsequenterweise beziehen sich die Thermenbefürworter
(z.B. LLA v. 13.2.10, S. 18) gerne auf die
erfolgreiche Vergangenheit, die weitergeführt werden soll
und meinen damit wohl implizit die vergangenen Wirtschaftswunderjahre.
Aus meiner Sicht aber sind die Zeiten
des „Klotzens“, des „immer Größer“ und „immer
Mehr“ und „weiter so“ vorbei. Die momentane wirtschaftliche
Großwetterlage ist nach meiner Einschätzung davon
bestimmt, dass wir im besten Fall durch ein langes Tal der
Tränen gehen, im schlechteren Fall auf die nächste Blase
zusteuern, die dann nicht mehr oder nur mit noch größeren
Opfern aufgefangen werden kann. Schon viele Jahre
haben wir sinkende Einkommen für die Masse der Bevölkerung.
Das Budget für die Nutzung von teuren Wellness-
Einrichtungen wird aus meiner Sicht in Zukunft dauerhaft
abnehmen.
Es mag sein, dass ein antizyklisches Handeln auf
Gemeindeebene auch in der aktuellen Lage sinnvoll ist,
aber dies müsste dann in Richtung der großen Herausforderungen
unserer Zeit und mit überschaubaren Risiken
geschehen. Zu diesen globalen Herausforderungen,
denen wir uns örtlich stellen müssen, gehören meines
Erachtens die Umstellung unserer Wirtschaft auf erneuerbare
Energien, die Erhaltung von Artenvielfalt und gesunden
Lebensmitteln, das Ausbremsen des Klimawandels
und die Re-Regionalisierung der Wirtschaftskreisläufe. In
diese neue „Landschaft“ will der Thermen-Hotel-Komplex
aus meiner Sicht einfach nicht passen.
Martin Kluge, Stv. Vorsitzender der ödp-Schleißheim
Es gibt viele Kommunen, deren unbedachter Mut direkt in die Zwangsverwaltung geführt hat.