Corvus corone - über ein gar nicht so wildes Tier
Normalerweise sind die Rabenkrähen in unserer Gegend recht intelligent und scheu. Sie brüten in Gemeinschaften, und gemeinsam wird nach Futter gesucht. Einer aus der gefiederten Bande passt immer auf. Nähert sich etwas möglicherweise Bedrohliches, so ertönt bald ein scharfes „Krächts“ und schon fliegen alle davon. Einzelne Tiere trifft man seltener an. Aber auch die sind immer auf der Hut und enteilen in die Lüfte, wenn es ihnen passt.
Heute morgen, nach einer schnellen Radtour um das Dorf, den im frostigen Tau liegende Wiesen und dem Kauf einer Tüte Brötchen, flatterte auf dem Rückweg so ein rabenschwarzes Federvieh aus den hohen Bäumen an der Bahnhofstraße und landete direkt vor mir. Wiewohl es bereit schien, sofort wieder abzuheben, blieb es doch neugierig blinzelnd am Randstein stehen, als ich das Rad verlangsamte. Selbst als ich abstieg, flog die Krähe nicht davon, sondern kam sogar noch näher.
Leckerlis für meinen Hund habe ich immer in der Tasche und so bot ich eins davon dem Vogel an. Er pickte zwar danach, schien jedoch nicht recht glücklich damit zu sein. Aber im Fahrradkorb lagen ja noch die frischen Backwaren. Mit dem Finger wurde ein Brötchen ein wenig ausgeweidet und in kleinen Kügelchen dem wartenden Gourmet vor den Schnabel geworfen. Natürlich so, dass der Gefiederte kameragerecht picken muss.
Zunächst dachte ich ja, die olle Krähe ist möglicherweise krank, weil sie sich so vertrauensvoll nähert. Oder von Menschen aufgezogen. Oder ein bisschen blöd. Aber dumm war dieser „Hans Huckebein“ eher nicht, denn die Teigkugeln waren ruckzuck im Schnabel verschwunden. Und mit einem letzten missbilligendem Blick auf den Fotoapparat flog das Rabenviech davon, außer Reichweite in den nächstbesten Garten. Dort spuckte er alles wieder aus und pickte dann manierlich, ganz in Ruhe, Stück für Stück wieder auf.
Zuhause beim Frühstücken des misshandelten Restbrötchens sah ich mir die Bilder gleich noch einmal auf der Kamera-Rückschau an. Und fühlte mich sehr privilegiert. Für mich ist es immer etwas Besonderes, wenn sich ein Wildtier auf einen Menschen einlässt und Krähen mag ich sowieso sehr gerne.
Wir haben unseren Gartenteich nicht nur vor dem Reiher geschützt, die Krähen holen die kleinen Fische auch. Ich mag sie überhaupt nicht. Und die Restmülltüten hacken sie auf, dass oft die ganze Straße voll Unrat ist.