Worpswede im Licht
Es war der 13. September 1884, als Fritz Mackensen in das kleine Dorf Worpswede in das Teufelsmoor kam, um die Kaufmannstochter Mimi Stolte zu besuchen. Es war das Licht und die „Zauberwelt“, wovon der Maler fasziniert war; ein unbeschreibliches Licht, wie er es an seinem Studienplatz Düsseldorf nicht erlebte. Mackensen blieb und holte die Maler Otto Modersohn, Hans am Ende, Fritz Overbeck und Heinrich Vogeler in das norddeutsche Dorf. Aus dem Moordorf wurde 1889 die Künstlerkolonie.
Doch es dauerte noch 11 Jahre, bis die Maler mit ihren Bildern den Durchbruch schafften. Die Menschen schwärmten von den Bildern, die im Münchener Glaspalast gezeigt wurden. Otto Modersohn erhielt für seine Werke eine goldene Medaille.
Die Künstlerkolonie wuchs. Paula Becker kam hinzu. Sie, die unbedingt Malerin werden wollte und Unterricht bei Fritz Mackensen nahm. Später wurde sie die zweite Frau Otto Modersohns.
Den Schriftsteller Rainer Maria Rilke zog es ebenso nach Worpswede wie die Bildhauerein Clara Westhoff, die spätere Ehefrau von Rilke.
Im Laufe der Jahrzehnte – bis in die heutige Zeit hinein – ist Worpswede der Anziehungspunkt für Kunstschaffende geblieben.
Worpswede erstreckt sich heute rund um den Weyerberg; das Teufelsmoor hat zu damaliger Zeit Dorf und Hügel umschlossen. 1755 ließ Jürgen Christian Findorff systematisch Gräben ins Moor anlegen. Torf wurde gestochen und die Torfkähne prägten fortan das Bild der Landschaft. Heute braucht niemand mehr Torf als Brennstoff; die Natur erholt sich wieder und auch der Kranich ist zurückgekehrt. Rund um Worpswede kann man herrlich durch die Landschaft wandern.
Doch zurück im Ort:
Wir bummeln zuerst zur Zionskirche. Sie liegt erhöht über den Dorf; sie wurde von Jürgen Christian Findorff entworfen und 1759 eingeweiht. Das Innere ist schlicht, aber wunderschön ausgestaltet. Das Rippengewölbe ziert eine Anzahl kleiner Engel und viele bunte Blumen.
Wie es dazu kam?
Es war am 12. August 1900, als Paula Modersohn-Becker und Clara Rilke-Westhoff den Kirchturm erstiegen und – aus einer Laune heraus – die Glocke läuteten. Sie lösten dadurch Feueralarm aus. Strafe muss sein, und so mussten sie „das Innere der Kirche künstlerisch ausgestalten“. Paula malte und Clara modelierte die Engel.
Viele der Künstler liegen auf dem Friedhof an der Kirche begraben.
Viel zu früh verstarb auch Paula Modersohn-Becker. Geboren am 8. Februar 1876 in Dresden, verstarb sie 31-jährig am 20. November 1907 an einer Embolie wenige Tage nach der Geburt der Tochter Mathilde, die alle liebevoll Tille nannten. Paula hatte schon zu Lebzeiten gesagt, wie einmal ihr Grab aussehen sollte. Aber ihre Familie und dem Architekten Bernhard Hoetger schwebte ein anderes Grabmahl vor. Es dauerte aber noch Jahre, bis die Kirche den Grabstein genehmigten. Die leichte Bekleidung von der Skulptur Paulas war lange Zeit ein Diskussionspunkt. Die Steinplastik wurde zwischen 1916 und 1919 errichtet und trägt den Titel "Werden und Vergehen". Sie zeigt Paula mit der kleinen Tille.
Bernhard Hoetger war es auch, das der größten Teil der Arbeiten von Paula Modersohn-Becker nach Bremen in die Kunstsammlungen Böttcherstraße mit dem Paula-Modersohn-Becker-Museum in Bremen. Berühmtheit erlangte die Malerin erst nach ihrem Tode.
Bummeln wir also weiter durch das Dorf. Meine Bilder, die die Kamera eingefangen hat, zeigen ein wenig von dem Licht in Worpswede:
Da ist die Käseglocke – 1926 wurde dieser Kuppelbau aus Holz auf dem Weyerberg von dem Schriftsteller Edwin Koenemann erbaut. Er sah den Entwurf dieses Hauses des Architekten Bruno Taut 1921 in einer Zeitschrift. Heute ist dort das Museum für Kunsthandwerk untergebracht; die Freunde Worpswede e.V. unterhalten das Haus.
Da ist der Barkenhoff (Birkenhof) – Heinrich Vogeler kaufte den Bauerhof 1895 und baute das Gebäude im Jugendstil um. Es wurde Mittelpunkt der Künstlerkolonie.
Nach dem Ersten Weltkrieg war eine Arbeitsschule untergebracht und ein Kinderheim. Leider verfiel der Hof; er wurde von der Barkenhoff Stiftung restauriert und diente Stipendiaten als Atelier. Umfangreiche Renovierungsarbeiten lassen nunmehr seit 2004 den Barkenhoff wieder im neuen/alten Glanz erstrahlen.
Da ist das Kaffee Worpswede – ein eigenwilliges Backsteingebäude mit einer großen Kunstschau. 1925 wurde es erbaut und sieht eher aus wie ein „Indianerdach“. Bernhard Hoetger hat es erbaut. 2002 wurden die Gebäudeteile grundlegend renoviert.
So, nun höre ich auf zu schreiben, denn sonst wird dieser Beitrag nie fertig. Ich empfehle jetzt eine virtuelle Reise durch meine Bilder „Worpswede im Licht“. Und wen ich dann angesteckt habe, sollte einfach mal in das ehemalige kleine Moordorf fahren …
Wie unterschiedlich das Licht dieser Landschaft sein kann, zeigen die Bilder von Horst Schmiedchen und seinen Impressionen aus Worpswede
Das ist ja ein schönes Örtchen.
Ich mag die Häuser und die Gärten.