Verständnis für Diktaturen?
MontgsGedanken von Bernhard G. Suttner
Aus ungläubigem Staunen wird bei mir immer mehr ein gewaltiges Unbehagen: Man diskutiert irgendwo im Bekanntenkreis über Politik - und schon nach wenigen Sätzen kommt immer öfter eine Aussage wie diese: „Was geht uns China an, was geht uns Russland an, was geht uns das Saudische Königreich an – andere Länder, andere Sitten.“ Und dann gibt es noch die etwas intellektuellere Spielart: „Demokratie und westlichen Werte sind nun mal keine Konzepte für die ganze Welt!“ Und dann noch die ökonomische Variante: „Wir leben schließlich vom Welthandel, da darf man nicht so zimperlich sein.“ Und wenn man Pech hat geht es gleich weiter: „Mit unserer Demokratie ist es auch nicht weit her.“
Ich halte mich nun wirklich für keinen unkritischen Zeitgenossen. Die Mängel unseres Gemeinwesens meine ich einigermaßen zu kennen. Aber der Unterschied zwischen einer Diktatur und einem in Teilen fehlerhaften demokratischen Rechtsstaat darf nicht verwischt werden. Die flotte Indifferenz mancher Zeitgenossen, wenn es um das Verständnis für Diktatoren geht, halte ich für gefährlich. Ich verstehe diese Haltung nicht, auch wenn sie den großen Helmut Schmidt auf ihrer Seite zu haben scheint: Der greise Altkanzler plädiert auch dafür, China und Russland nicht mit Menschenrechtsfragen zu belästigen. Selbst große alte Männer sagen und schreiben manchmal gefährlichen Unsinn.