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Gang nach Canossa: Heinrich IV vs. Gregor VII.

  • Heinrich bittet Mathilde und Abt Hugo von Cluny um Vermittlung
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Ob Heinrich IV. wirklich im Januar 1077 drei Tage Barfuß im Büßergewand vor dem Burgtor von Canossa ausgeharrt hat, ehe ihm Papst Gregor VII. Einlass und Vergebung gewährte, wird von der Forschung inzwischen bezweifelt. Das Bild aber prägte sich ein, ebenso die Schilderung der gefährlichen Überquerung der verschneiten Alpen durch den Chronisten Lampert von Hersfeld. Die sehr drastische und bildhafte Darstellung in der einzigen ausführlichen Quelle bei Lampert von Hersfeld wird allerdings von der neueren Forschung als tendenziös und propagandistisch bewertet, da Lampert Parteigänger des Papstes und der Adelsopposition war. Tatsächlich stellt das Ausharren vor der Burg im Büßerhemd, um den Papst zur Aufhebung des kirchlichen Bannes zu bewegen, aus mittelalterlicher Sicht nur eine formale Bußhandlung dar, welche absolut gebräuchlich und streng formalisiert war. Aus mittelalterlicher Sicht stellt die Handlung Heinrichs IV. eine Alltagshandlung dar.
Hofbeamte und Kleriker hatten den Bußgang minutiös ausgearbeitet wie heute bei einem Staatsbesuch. Gewählt wurde der 25. Januar, der Tag der Bekehrung des Paulus. Eingelassen in die Burg, warf sich der König (später Kaiser) vor der Kapelle auf den Boden. Der Papst hob ihn auf, begrüßte ihn mit einem Friedenskuss und geleitete ihn zur Messe in die Kapelle. Damit waren Kirchenbann und Exkommunikation aufgehoben, Heinrich wieder in den Kirchen-Schoß aufgenommen, seine Krone ihm gerettet.
Der Streit zwischen Heinrich und Gregor war damit jedoch nur scheinbar beigelegt. Der deutsche König verstand sich als von Gott eingesetzter Herrscher, der dem Papst nicht untertan und nicht gehorsamspflichtig ist. Also sah er sich wie seine Vorgänger auch zur Einsetzung — Investitur — von Bischöfen seiner Wahl berechtigt. Gregor betonte dagegen, „dass die Macht der Könige und Kaiser vor dem apostolischen Recht und der Allmacht des höchsten Gottes wie Asche gelten und Spreu“. Formal lenkte Heinrich ein, weil er die Unterstützung der ohnehin zur Rebellion neigenden deutschen Fürsten und der Bischöfe zu verlieren fürchtete. Doch sobald seine Macht gefestigt war, rächte er sich, rückte 1084 in Rom ein, vertrieb Gregor und setzte einen Papst seiner Wahl ein, der ihn zum Kaiser krönte.
Der Investiturstreit war das zentrale Ereignis des frühen Mittelalters und ein tiefer Einschnitt in der Geschichte des Abendlandes.

Kaiser Heinrich IV. starb im August 1106 — vor 900 Jahren. Die Museen in Paderborn nahmen dies zum Anlass für eine grandiose Ausstellung über Geschichte, Kunst und Kultur des 11. Jahrhunderts: „Canossa 1077 — Erschütterung der Welt“. Sie betont schon im Arrangement den Dualismus als Kennzeichen der Epoche und ist in jedem Detail hinreißend inszeniert.„Canossa — Erschütterung der Welt“. Bis 5. November an drei Ausstellungsorten in Paderborn (Kaiserpfalz, Diözesanmuseum, Städtische Galerie), Di.—So 10—20 Uhr.

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