Auf gepackten Koffern sitzen
Auf gepackten Koffern sitzen
Offen gesagt
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Da sitzt jemand auf gepackten Koffern! Das ist in diesen Tagen ein Bild, das mir immer wieder in den Sinn kommt. Am Montag erlebe ich in „meiner“ S-Bahn die aus verschiedenen Richtungen nach Bad Pyrmont anreisenden Gäste mit ihren stramm gepackten Koffern, jeder für sich, ganz versunken in Geschäftspapieren oder Prospekten. Und am Donnerstagnachmittag kann es geschehen, dass ich die gleichen Gesichter wieder sehe, nun aber mit zwei oder drei anderen eifrig in Gespräche verwickelt, lachend – und die Koffer um eine Tasche ergänzt. Was für eine Verwandlung sich mit diesen beiden Wegen vollzogen hat. Da musste ich an Bileam denken. Sie kennen ihn nicht? Ein Geschäftsmann, er lebte einst im heutigen Irak. Er gehörte zu den angesehen Menschen. Außerdem war er mit dem gewissen Ruf eines Prominenten behaftet. Es hieß, er habe unbeschreibliche, mentale Kräfte. Auch er wurde zu einer Geschäftsreise gebeten. Eine recht aufwendige sollte es werden, aber es winkte auch eine königliche Belohnung, er müsse nur seine besonderen Fähigkeiten einsetzen. Das ging hoffnungslos schief, und Bileam weiß auch im Grunde seines Herzens, was er falsch gemacht hat. Er ist seinem eigenen Plan nachgerannt, der da lautete: Geldvermehrung. Seine Fähigkeiten verkehrten sich allein durch seinen absolut falschen Blickwinkel genau ins Gegenteil. Am Anfang seiner Reise mit den gepackten Koffern stand das Wort „Du wirst nur das tun, was ich, Dein Gott, dir auftrage!“ Doch Bileam dachte: Ich mache, was ich will. Dann mal zu, das kann nur schief gehen. Zum Nachlesen: Diese Gleichnisgeschichte befindet sich in der Bibel 4. Mose 22-24. Während ich diese Zeilen hier schreibe, stapeln sich um mich herum die Kartons. Unser Hausrat wird zusammengepackt und in einen ganz anderen Teil Deutschlands verfrachtet. Ist das ein Weg, den ich gut im Blick habe, oder ist es ein egoistisches Vorhaben, das schließlich in die Sackgasse führt? In den nächsten Wochen steht für Dich die Urlaubsreise an, die Planungen sind abgeschlossen. Du überlegst, was in die Koffer gelegt werden soll. Welches Ziel wirst Du verfolgen? Und ich denke auch an die schon gepackten Koffer der Nachbarin. Sie weiß, dass in den nächsten Tagen ein Anruf aus der Klinik kommt, dass sie zu einem großen Eingriff dort für etliche Tage Aufnahme findet. Ich werde sie nicht fragen, ob sie den richtigen Weg geht, sondern ich werde ihr wünschen, dass sie die Begleitung ihres und meines Gottes spürt und sich nicht allein fühlt, sondern sich auch schon auf die erleichterte Heimfahrt freuen mag.
Christel Prüßner ist Religions- pädagoge und Diakon in der Kirchenregion Springe.
veröffentlich in "Deister Anzeiger"
26.06.2012 / LKDA Seite 9 Ressort: BADM
danke für diesen beitrag.
ein thema das jeder kennt, und doch nicht immer gerne sich damit auseinandersetzt, schon gar nicht, wenn die pläne anders werden.
lg