NABU – Interessenskonflikt? Besser nichts sagen?
Es ist die Zeit der Kraniche. Die keilförmigen Flugformationen verraten sie. Im Dämmerlicht, frühmorgens. Nicht zu Überhören sind die lauten trompetenartigen Rufe, mit denen sie sich verständigen. Aufmerksame Beobachter sehen des abends oft, dass sich die geordneten Formationen in Höhe des Wisentgeheges auflösen in ein kreisendes Durcheinander. Sie kennen ihre Rast- und Futterplätze entlang ihrer Flugrouten. Auch die Hallerniederung gehört dazu. Auch in Zukunft?
Kürzlich veröffentlichte der Springer NABU seinen Jahresbericht 2013. Insgesamt wurde ein zwar positives Bild vermittelt, aber es klang auch „leise“ Kritik an. Der NABU äußerte die Vermutung, dass durch den Anbau von Mais für Biogasanlagen die Futtersuche für die Vogelwelt erschwert würde. Dass die Gründe für das Ausbleiben von Vögeln vielschichtiger sind, darüber wurde kein Wort verloren.
Zunächst muss die ehrenamtliche Leistung der NABU-Mitglieder in Springe anerkannt werden. Wenn es den NABU nicht gäbe, müsste er im Sinne des Naturschutzes erfunden werden. Sie machen Bestandsaufnahmen, bauen Nistkästen und hängen sie auf. Da, wo Naturschutzbelange durch Eingriffe in die Natur berührt werden, sind sie dabei. Wie wirkungsvoll das ist, bleibt aber oft im Verborgenen. Und da liegt der Hase im Pfeffer.
Denn der Jahresbericht des NABU Springe war nicht vollständig. Es wurde zwar gegen den Maisanbau die Stimme erhoben, der Einfluss von Windrädern auf die Vogelwelt ist aber nicht erwähnt worden. Nachgefasst äußerte sich der Naturschutzverein, man müsse auch die Interessenslage der NABU-Mitglieder berücksichtigen, die einerseits für, andererseits gegen Windmühlen seien. Deshalb verpflichte der Umgang mit diesem Thema zu großer Sorgfalt. Was aber, wenn es unter NABU-Leuten auch solche gibt, die engagiert für Biogasanlagen sind? Noch ein Interessenskonflikt?
Zurück zur Natur. Auch Nicht-NABU-Mitgliedern bleiben Veränderungen in der Natur nicht verborgen. Auch sie wissen, das Maisfelder eher die Refugien für Wildschweine sind, als für hungrige Vögel. Dass die ornithologische Artenvielfalt gefährdet ist, hat vielschichtige Gründe. Unter anderem dürfte nicht zuletzt die radikale Flurbereinigung von Ackerstreifen mit dafür verantwortlich. Äcker werden oft bis an die Wege gepflügt. Dort, wo vor einigen Jahren noch dichte Wildkräuterzonen, hohe Gräser und Buschwerk die Felder säumten, ist nichts mehr. Kein Platz für Hasen, zum Bau von Sassen, kein Buschwerk, in dem Singvögel Nester bauen, oder in das sie flüchten können. Trocken gelegte Nasswiesen führten dazu, das die einstmals zu Hunderten beobachteten Kiebitze nur noch selten bei uns rasten.
Einzig Maulwürfe sind die Gewinner auf den vergrößerten Ackerflächen. Die unzähligen Maulwurfshügel auf den Feldern sind sichtbare Zeichen für deren hohe Population. Und es mutet geradezu grotesk an, dass an den Rändern von Mais-Monokulturen ersatzweise Blühstreifen angelegt werden, damit die Bienen was zu futtern haben. Und das hat auch wieder seinen Preis. Denn zum Ladenpreis müssen wir die Subventionen hinzurechnen, die Landwirte für das Anlegen von Blühstreifen kassieren.
Naturschutz ist also komplex. So wäre es sicherlich von Interesse gewesen, wenn der NABU sich in seinem Jahresbericht auch zum Springer Windenergieprojekt zwischen Eldagsen und Gestorf öffentlich geäußert hätte.
Mir leuchtet der Ansatz ein... das typische Dilemma der Sachzwänge.
Nur ich sehe keinen wirklichen Lösungsansatz für all die inzwischen aufgelaufenen Probleme.
Ich bin mir inzwischen sicher: Mit der Freiheit heute unsere Meinung verbreiten zu können und mit dem rundherum verfügbaren Wissen, auf die Erfindungen rund um die Elektrizität hätten wir Menschen von Anfang an verzichten sollen. - Doch eine Lösung steckt in dieser Erkenntnis auch nicht.
Allein aus meinem (unseren) privaten Umfeld hier in der Landschaft und dem Wissen um meine (unsere) Verantwortung stand ich seit 1990 mehrmals vor der abwägenden Frage "wie soll ich nun entscheiden?! Wie ich es auch drehe oder wende, es gibt sie nicht, die Lösung, mit der alle zufrieden sein könnten!" und das zu akzeptieren, will mir zwar nicht gefallen - doch eine Lösung steckt auch in dieser Erkenntnis nicht!
Und eines dieser Probleme wurde dann per Bundesgesetz ganz praktisch an uns vorbei entschieden. (es ging um die Schnellstrecke Hamburg Berlin)