Stromversorgung heute ohne Kohle und Gas ist wie reiten ohne Pferd
Die vom Irrtum zur Wahrheit reisen, sind die Weisen. Die im Irrtum beharren, sind die Narren. Wirtschaftsminister Gabriel hat längst erkannt, dass unsere Volkswirtschaft auf exakt dosierte und aufeinander abgestimmte Energiepolitik und Energiewirtschaft angewiesen ist. Im April diesen Jahres sagte er in Kassel: „Die Wahrheit ist, dass die Energiewende kurz vor dem Scheitern steht.“ Und weiter: „Die Wahrheit ist, dass wir auf allen Feldern die Komplexität der Energiewende unterschätzt haben.“
Unterstützt wird Gabriel vom Deutsche-Energie-Agentur-Geschäftsführer Stefan Kohler, auf dessen Rat hin Gabriel nachdrücklich die Notwendigkeit der konventionellen Stromerzeugung auch auf Basis von Stein- und Braunkohle unterstreicht und den Weiterbetrieb fordert.
Wenn Wenzel Gabriel kritisiert, er mache dadurch die Energiewende zunichte, irrt er. Denn dadurch wird die Wende erst möglich. In seiner Kritik stellt Wenzel den Bau von Gleichstromleitungen zwischen Nord- und Süddeutschland in Frage. Diese würden aber gebraucht, um den in Norddeutschland – also auch in Niedersachsen – erzeugten volatilen Windstrom nach Süddeutschland zu tragen.
Wann wird Wenzel endlich begreifen, dass mit Windstrom kein Staat zu machen ist. Die Maschinen kommen pro Jahr auf allenfalls 2.000 Volllastbenutzungsstunden. Die Lücke von 6.760 Jahresstunden müssten die Süddeutschen durch konventionelle Eigenerzeugung selber schließen.
Aber der grüne Umweltminister hat ja den Plan, auf Basis eines besonderen Windenergieerlasses eine gewaltige Materialschlacht der Windkraftanlagenbauer zu inszenieren. Eigentlich sollte der Erlass klammheimlich noch in diesem Jahr ergehen. Aber es gab ein Leck bei den Planern und der Plan wurde öffentlich. Dank zahlreicher Einzel-Petitionen soll er nun frühesten Mitte nächsten Jahres den Landtag passieren. Der Erlass wäre so, wie er gestrickt worden ist, ein Freibrief, unsere Kulturlandschaften und Lebensräume für Mensch und Tier endgültig zu zerstören.
Nicht zuletzt vor diesem Hintergrund ist ein Umweltminister, der mit seiner Klientelpolitik rücksichtslos über Menschen und Natur hinwegstürmt, untragbar. Denn mit Wind allein kann man kein Klima retten. Eine alle Verbrauchssektoren übergreifende Energie-Spar-Politik würde ernst gemeintem Klimaschutz Sinn geben. Aber davon ist Herr Wenzel weit entfernt.
Änderungsprozesse dauern ihre Zeit, Herr Wenzel. Empfehlung: "In der Ruhe liegt die Kraft."
Leserbrief zum Artikel: „Wenzel ist irritiert über Gabriel“ vom 14.11.2014 Seite 6, HAZ
"Wie herrlich leuchtet mir die Natur..." gibt es in Mitteleuropa nur noch in Ausnahmefällen, ja. Aber, egal ob Natur- oder Kulturlandschaft, der Mensch ist ein ziemlich beharrendes Wesen und möchte meist, dass seine Umgebung so bleibt, wie er sie kennt - es sei denn, durch Veränderungen hat er persönliche Vorteile.
Den "Naturaposteln" sind in diesem Sinne sowohl Natur als auch Kultur ziemlich schnurz, denn auch sie entscheiden sich im Zweifelsfall für die Karriere oder die Einnahmen aus dem Zuschuss-Topf für "grüne Energien".