Die Geister die ich rief … Richtungsumkehr ohne Plan?
Unerschöpflich, umweltfreundlich, unbegrenzt – kostenlos und überbezahlt. Diese Eigenschaften ließen die Energie von Sonne, Wind und nachwachsenden Rohstoffen zu Wunschenergien werden. Und durch die Abkehr von der Kernenergie in Deutschland glaubte man, mit Sonne, Wind und Biomasse die Energiewende herbeizaubern zu können. Die Überzeugten lassen analytische Kritik kaum zu Wort kommen. Was man nicht hören will, hört man nicht. Grün angehauchte Stadträte, Lodenlobbyisten, al-Vente-Anhänger, Sonnenanbeter und interessensgelenkte Politiker glauben an ihre energetische Ideologie wie ein Rückenkranker an die Heilkraft von Tiger Balm.
Wer allerdings glaubt, dass ich Sonne, Wind und Bioenergie schlechtschreiben wolle, irrt. Nur, um das theoretisch denkbare in die Realität umsetzen zu können, ist so, wie an den Weihnachtsmann zu glauben. Unsere Stromversorgung ist aus dem Nichts heraus entstanden und mit steigender Produktivität und Wohlstand gewachsen. Kluge Köpfe haben schon früh komplizierte elektrophysikalische Probleme gelöst, die erst eine ungestörte und gesicherte Elektrizitätsversorgung ermöglichten. Ihnen war die Ausgewogenheit einer bedarfsgerechten Stromerzeugung klar. Sie bauten Kraftwerke und Leitungen dorthin, wo der Lastfluss eine netzstützende Stromeinspeisung forderte. Mit dem höheren Strombedarf wuchsen auch die Kapazität von Kraftwerken und Netzen.
All diese gewachsenen Erkenntnisse sind nun über die Wupper gegangen, weil es keinen Plan gibt. Jede Gemeinde kann Standorte für Windkraftwerke, Biogas- oder Photovoltaikanlagen ausweisen, ohne überhaupt zu wissen, ob die erzeugte Energie auch sicher abgeleitet werden kann. Da läuft ja eine Leitung lang. Das muss passen und der Netzbetreiber hat den Strom dem Gesetz nach abzunehmen zu staatlich garantierten und deutlich überhöhten Preisen, die sich nicht an vermiedene Brennstoffkosten orientieren. Quasi als Markteinführungshilfe werden die Betreiber mit Subventionen belohnt und wir, die Verbraucher, werden abkassiert. Nur, Markteinführungshilfe über Jahrzehnte? Das gibt es in kaum einem anderen zivilisierten Bereich hierzulande. Nur die deutsche Steinkohle genießt dieses Privileg. Doch das Ende der Steinkohlesubventionen naht. Windmüller, Sonnenanbeter und Biogasenthusiasten hingegen werden sich noch lange im Subventionsorbit bewegen können und sich buchstäblich bereichern, wenn da nicht mal einer beherzt auf den Tisch haut und den Rotstift ansetzt.
Wie gesagt, es gibt keinen Plan. Denn wenn es einen gäbe, würden die regenerativen Energiesysteme nicht mehr ungebremst und subventioniert ausgebaut werden. Die Küsten sind mittlerweile eingezäunt mit Windpropellern. Die Nordsee ist zur verlängerten Werkbank staatlich angeordneter Stromerzeugung verkommen. Wer durch Mecklenburg-Vorpommern Autobahn fährt erschrickt jedes mal, wenn Propellerschatten die Scheiben verdunkeln. Und wer durch eine Kurve fährt, kommt nicht umhin zu fürchten, dass ihm gleich das Auto von einem Propeller geschreddert wird. Dieser Optopsychologische Terror kann indes hingenommen werden, wenn nicht … die blöde Diskussion um die Fortleitung des regenerativen Stroms wäre. Anders als die Genehmigungsschnellverfahren für regenerative Energiesysteme, gibt es bei den Stromleitungen kein Enthemmungsgesetz. Die Netzbetreiber müssen den Bedarf ihrer Hochspannungsleitungen nachweisen und ihre Baupläne einem langjährigen Genehmigungsprozess aussetzen, wenngleich die Leitung sofort gebraucht würde, weil der Strom ja zur Sekunde produziert wird. Eilantrag nicht möglich.
Es werden Einwände eingelegt. Die Leitung ist zu hoch, zu tief, zu groß, Vögel könnten einem Massenmord ausgesetzt werden, an dem oder dem geplanten Maststandort wäre ein Wachtelkönig gesehen worden, Gittermaste seien zu klobig, Rundstahlmaste wären besser. Und andere fordern die siebenmal teurere Verkabelung der Hochspannungsleitung und schließlich sagt der eine oder andere Landbesitzer, auf meinem Land kommt so ein Monstrum nicht hin. Da gibt’s dann nur noch eines, Enteignen. Das dauert Jahre bis Jahrzehnte. Besser man plant um. Auch das dauert und die notwendigen Leitungen sind dann am St. Nimmerleinstag fertig.
Wen wundert es da, wenn E.on oder andere große Netzbetreiber ihre Hochspannungsnetze verkaufen. Ich an ihrer Stelle würde das auch tun. Warum sollten sie sich zu Prügelknaben der Energiewendelobby machen lassen.
Dieses ganze Geträllere hat die Politik vergeigt, weil sie keinen Plan hat. Es wäre für die Bundesminister für Umwelt und Wirtschaft und Verkehr ein Leichtes gewesen, eine Truppe an Fachleuten zusammenzutrommeln und ihnen die Aufgabe zu geben, auf der Grundlage vorhandener Netze Erzeugungsschwerpunkte für regenerative Energiesysteme zu setzen und Ausbauzeitpläne zu erstellen, die mit dem erforderlichen Netzausbau verknüpft sind. Am Ende dieses Prozesses müsste ein Ausbaugesetz für regenerative Energien stehen statt eines EEG, an dem alle Jahre wieder herumgefummelt wird.
Heute schon wird regenerativ erzeugte Energie an guten Tagen im Überfluss produziert. Aber sie kann nicht zwischengespeichert werden, weil unter anderem Pumpspeicherwasserkraftwerke aus ökologischen Gründen verhindert werden. Wie leicht könnte man mit der regenerativen Überschussenergie Elektrolysen betreiben und Wasserstoff produzieren, der in Salzkavernen gespeichert und bei Bedarf Gasturbinen antreiben kann.
Davon sind wir weit entfernt, aber nicht so weit, dass wir keine Netzzusammenbrüche von Teilen des Stromversorgungsnetzes befürchten müssen, weil etwa dezentrale Photovoltaikanlagen solange die Sonne powert, nicht geregelt werden können, Umspannwerke überlasten und auf diese Weise Netzabwürfe provozieren. Oder wie etwa soll ein Netz mit vielen Windenergieanlagen geregelt werden, wenn die Windkonverter nach dem Flugaufkommen von Fledermäusen sensorisch gesteuert an- und abgeschaltet werden. Dann sind da noch die wind- und sonnenarmen Zeiten. Woher den Strom dann nehmen, wenn keine Speicher vorhanden sind? Natürlich. Zur Not haben wir ja noch ein bisschen Wasserkraft, Kohle- und Kernkraft. Das darf aber nur hinter vorgehaltener Hand geflüstert werden, will man nicht dem Totschlagargumententod erliegen.
Alles in allem sind wir weit davon entfernt, energiewirtschaftlich und ökologisch verfünftig zu handeln. Der Planlose Ausbau von Wind und Sonne sowie die fälschlicherweise behauptete CO2-freie Stromproduktion in Biogasanlagen, die mit verkannt hoher Geschwindigkeit ausgebaut wird - wie schnell, das wissen die Götter in Grün, denn keiner deckt die Karten auf. Natürlich braucht Mais Kohlendioxid fürs Wachstum, denn die grünen Stämme sind auch chemisch gebundenes Kohlendioxid aus der Atmosphäre. Wenn das Biogas verbrannt wird, wird wiederum Kohlendioxid freigesetzt. Die Phalanx der Biogasfreunde spielt das herunter, als sei das ein Nullsummenspiel. Weit gefehlt, denn schlimmer als das Kohlendioxid sind freigesetztes Methan aus den Biogasanlagen oder aus den Flatulenzen von Rindvieh und noch schlimmer die bakteriell und chemisch kontaminierten Gärreste, die ungebremst unter die Erde gebracht werden. Methangas hilft, die Ozonlöcher zu vergrößern und die Gärreste geben unserem Trinkwasser den Rest, von der Multiresistenz der Keime als Ausstoss der Biogasanlagen ganz zu schweigen.
Tatsache ist, wir stehen uns selbst im Weg. Mit blindem Populismus und dem Exorzismus von Kohle- und Kernkraftwerken wird die Energiewende nicht zu wuppen sein. Kluge Pläne sind gefragt. Think Global Act Local – das war ein geflügeltes Wort der siebziger Jahre. Was wir brauchen ist ein verlässliches Mix aus allen Energiequellen. Dazu gehören neben den Regenerativen auch Kohle, Gas- und auch, auch wenn das an dieser Stelle für manch einen empörend erscheint – wir brauchen auch Kernkraftwerke, wenn wir es wirklich ernst meinen mit der Generations- und Daseinsvorsorge. Nur mit ideologisch verstelltem Blickwinkel dürfte es bald vor der Hacke duster sein, wie die Bergleute zu sagen pflegen.
Das, liebe Leser, sind meine Gedanken am ersten Frosttag dieses Jahres. Ich bitte um Nachsicht, wenn ich durch meinen Beitrag individuelle Weltanschauungen gestört habe. Aber ich sehe diesen Beitrag als Ermunterung, nicht alles seinen Lauf zu lassen und als Aufforderung, bohrend zu hinterfragen. Denn es ist nicht alles gut, was uns als Energiewendeoption untergejubelt wird.
Moin moin, Herr Antweiler,
Bahn und Post haben Zeit ihrer Staatlichkeit funktioniert, was man heute nicht unbedingt mehr unterschreiben kann. Insofern bin ich bei Ihnen, einem staatlich geführtem Unternehmen Erfolg zuzutrauen. Doch der Zug ist abgefahren. Die Liberalisierung, von der ich zu keiner Zeit ein Freund war, hat die Strukturen zerschlagen. Gleichwohl sind die Ansprüche geblieben im Nah- u nd Fernverkehr, bei Post, Telekommunikation u nd Energieversorgung. Und hier denke ich konservativ im Sinne einer ganzheitlichen Bewertung dessen, was alle im Grunde wollen: nämlich auf nichts verzichten.
Jeder einzelne erwartet, dass er gleichbehandelt wird. Also muss auch für jene die Vorsorge gelten, die sich beispielsweise energieautark aufstellen wollen, ohne die Versorgungssicherheit preiszugeben. Wer das will, soll es tun. Ob das billiger wird, steht in den Sternen. Ob das Subventionswürdig wäre, kann ich mir nicht vorstellen. Was ich mir aber vorstellen kann, ist Energiebewußtsein im besten Sinne des Wortes, indem ich bewußt sparsam damit umgehe. Dann hilft auch, wenn man sich alle sagen wir mal sechs Jahre seiner großen Energieverbraucher im Haushalt, im Büro, im Gewerbe anschaut und die Effizienz überprüft. Denn eines ist meiner Meinung nach sicher: Wir brauchen nicht mehr Energie, wir brauchen nicht soviel wie jetzt, wir alle können beispielsweise den Elektrizitätskonsum um gut ein Viertel ohne Probleme senken, indem alte gegen energieeffiziente Geräts ausgetauscht werden. Es sind nicht die Energiesparlampen, es sind die Großgeräte, die Energie verpulvern.
Wir müssen es nur beherzt anpacken.
Ich werde nachher mal die Redox-Technik googeln. Wir bleiben am Ball.
Viele Grüße Friedrich Schröder