Die deutschen Bürger sind die Gelackmeierten
Ende 2022 wird das letzte nukleare Feuer in einem deutschen Kernkraftwerk erloschen sein. Ist Deutschland dann Atom-Strom-frei, wie Politiker uns immer wieder glauben machen möchten? Ganz sicher nicht. Nach wie vor wird Atomstrom kreuz und quer durch Deutschland fließen. Von West nach Ost, von Nord nach Süd. Was keinem so richtig bewusst geworden ist: Deutschland ist seit der Erweiterung der EU und Liberalisierung ein Strom-Transit-Land.
Wer hat nicht die Kolonnen an LKW’s auf Autobahnen und Bundestraßen vor Augen. Kennzeichen aller Herren Länder West- und Osteuropas beherrschen unser Straßenbild. Dass unsere Straßen für den andauernden Schwerlastverkehr nicht ausgelegt sind, beweist nicht zuletzt der milliardenschwere Sanierungsbedarf unserer Straßennetze. Mit einer Maut soll Abhilfe geschaffen werden. Ob damit die Straßen saniert werden, ist fraglich.
Schwere Lasten müssen auch unsere Stromnetze tragen. Doch für den Strom-Transit, der durch den Handel mit billigem Strom vorgegeben wird, sind unsere Netze nicht ausgelegt. Zudem treiben volatile Stromspitzen aus Sonne und Wind die Leitungen in die Überbelastung. Die Überschüsse werden zum Teil verschenkt, zum Teil müssen Windenergieanlagen abgeschaltet werden – die Betreiber bekommen trotzdem Geld.
Es rächt sich heute, dass ehrgeizige Politiker erst Wind- und Sonnenenergie den Vorrang gaben, anstatt planvoll erst Netz sowie Speicher für überschüssigen „Grünstrom“ zu bauen. Es sind milliardenschwere Investitionen ins Stromnetz und in Speicher zu tätigen. Es wird ganz sicher nicht mehr lange dauern, dann werden die Stromverbraucher nach der EEG-Umlage auch noch eine Netz- und Speicherumlage bezahlen müssen.
Während in Hannover gegen die SüdLink-Verbindung von Schleswig-Holstein demonstriert wird, regt sich MP Weil in der HAZ über die Bayern auf. Bayern blockiere den SüdLink für die kontinuierliche Windstromversorgung Süddeutschlands. Weil plappert alles nach, was ihm Energieideologen a la Wenzel und Co einreden: Der MP hat immer noch nicht wahrhaben wollen, dass der Windstrom an gut 150 Tagen im Jahr ausbleibt bzw. als Zappelstrom „aus der Steckdose“ kommt. Auf diesen Strom können die Bayern gut verzichten. Und so auch auf den SüdLink.
Atom-Strom-Freie-Zone Deutschland
Ich habe noch die die vollmundigen Töne von Trittin im Ohr, als er eine Fete zum Abschalten des Kernkraftwerks Stade gab. Zitat aus Spiegel online: Stade - Bundesumweltminister Jürgen Trittin begrüßte die Abschaltung. "Das ist ein gutes Signal und es zeigt, dass die Atomenergie in Deutschland keine Zukunft mehr hat."
Wenn 2022 das letzte Kernkraftwerk vom Netz gegangen ist, könnte ein jahrzehntelanger politischer Streit um Strom aus Atom ein Ende haben. Dann könnten die Atomexorzisten versuchen, alle Stromleitungen mit Anti-Atom-Drano zu reinigen. Es bliebe aber bei dem Versuch, denn solange in EU-Europa Kernkraftwerke am Netz sind, werden unsere Stromleitungen bildlich gesprochen mit EU-Atomstrom radioaktiv kontaminiert.
Doch mit dem Abschalten ist es nicht getan. Die angeblich ungelöste Entsorgung radioaktiver Rückstände aus deutschen Kernkraftwerken wird das politische Klima weiterhin bestimmen. Die Politiker müssen endlich entscheiden, wie und wo die radioaktiven Rückstände aus dem Betrieb der Kernkraftwerke sowie der Bauschutt der Meiler entsorgt werden sollen. Es ist nicht davon auszugehen, dass diese Frage innerhalb der nächsten Legislaturperioden gelöst wird.
Vor diesem Hintergrund muss die Frage erlaubt sein, wer denn die technische Entsorgung dereinst organisieren und verantworten soll. Denn die Generation der Physiker, Biochemiker oder Entsorgungsspezialisten mit gewachsenem Fachwissen wird bald nicht mehr zur Verfügung stehen. Was bleiben wird, ist ein von entscheidungsschwachen Politikern zurückgelassener Atomruinenstaat, eine Hinterlassenschaft, die von späteren Generationen weggeräumt werden muss.
Während man sich heute noch darüber streitet, wie die Deckungslücken in der Stromversorgung bei Flauten und Verdunkelung geschlossen werden könnten, arbeiten EU-Partner an Ausbauprogrammen für Kernkraftwerke. In der EU wird nicht einmal im Traum daran gedacht, sich von den Deutschen vorschreiben zu lassen, auf welche Art und Weise sie ihre Stromproduktion zu organisieren haben. Ob Frankreich, Holland, Schweden, Polen, Finnland, England oder Tschechien – diese Länder betreiben oder planen und bauen Kernkraftwerke für die Zukunft.
Schließlich: Die Politik ist der breiten Öffentlichkeit noch einige Antworten schuldig. Warum haben die anderen Europäer keine Angst vor der Kernenergie, sodass dort nicht zuletzt mit Blick auf das Klima Kernkraftwerke weiter betrieben bzw. neue gebaut werden? Warum hat beispielsweise Holland keine Angst vor Kohle und Gas? Sie bauen in Eemshaven und Rotterdam zusammen mit deutschen Investoren Kohle- und Gaskraftwerke. Die Anlagen sollen mit CCS-Anlagen gebaut werden, mit denen das CO2 aus den Rauchgasen abgeschieden werden soll. Es ist geplant, das CO2 in ausgeförderten Gaslagerstätten zu deponieren. Warum geht das nicht bei uns?
Verschweigen, Verschleiern, Verdrehen, aber den Tatsachen nicht in die Augen sehen, dass sind die Merkmale dieser verdrehten Antiatom-, Klimaschutz und Energiewendepolitik - ein Wandel ist angesagt.
P.S.: Ich bin sicher, dass mich eine Reihe von Lesern wegen meiner klaren Worte zum Atomstrom kritisieren werden. Damit kann ich leben. Aber in unserer Demokratie darf auch die Debatte über die friedliche Nutzung der Kernenergie nicht fehlen. Auch wenn Deutschland bis 2022 aus der Kernenergie ausgestiegen ist: Um Uns herum werden dann immer noch rund 160 Atomkraftwerke stehen, die Atomstrom kreuz und quer durch Deutschland schicken.
> "Also Hand aufs Herz: Was wählt ihr?"
Da geht's mir ähnlich: Keine Ahnung.