Bürger diskutieren mit Politikern über Windkraftanlagenstandort Hallertal
. Keinen großen Wert misst der Dezernet für Umwelt, Bauen und Planen der Region Hannover, Professor Dr. Axel Priebs, offensichtlich dem Bürgerwillen bei, wenn es um die Antiwindkraftanlagen-Kampagne im Hallertal geht. Den Eindruck mussten die mehr als 150 Zuhörer im Ratskeller gewinnen. Die Bürgerinitiativen Mittelrode und Völksen hatten diese Veranstaltung organisiert. Der Regionspräsident Hauke Jagau sowie Landtagsabgeordnete Gabriela Kohlenberg (CDU und wohnhaft in Völksen) waren aus anderen Termingründen verhindert. Geladen waren auch die Kandidaten, die sich jetzt zur Wahl für das Amt des Regionspräsidenten stellen. Michael Fleischmann (Linke) war nicht erschienen und Andreas Koch kam als Vertretung für Anke Tischler (AfD und wohnhaft in Springe). Mit am Tisch saßen der Dezernet der Region Hannover für Umwelt, Planen und Bauen sowie der Springer Stadtbürgermeister Roger Hische, Bauamtsleiter Reinhard Schade und der Vorsitzende des Springer Stadtrates Volker Gniesmer (SPD).
Der Umweltdezernent der Region bemerkte, dass seit 1989 gesetzlich ein Privilieg für den Bau von Windkraftanlagen im Außenbereich festgeschrieben ist. Eine sogenannte Verhinderungsplanung sei unstatthaft wie aber auch die Region verpflichtet sei, die Suchkriterien für einen Standort mit Augenmaß durchzuführen. Rudolf Krause (NABU), der sich ebenso wie einige Ratsmitglieder aus den Stadtteilen und Investoren/Grundbesitzer unter den Zuhören befand, erklärte die Situation für den Bereich des Naturschutzgebietes Zigeunerwäldchen: "Wir haben seit 30 Jahren viel Geld, Arbeit, Ideen und Zukunftspläne in das Projekt investiert. Unser NABU-Ortsverein hat inzwischen 900 Mitglieder und seit 35 Jahren bemühen wir uns darum, in diesem Bereich die Hallerauen, insbesondere aber das Waldstück, für seltene sowie geschützte Tier- und Pflanzenarten dauerhaft als Schutzgebiet zu erhalten." Zu erfahren war auch, dass es Ziel sei, ein Suchgebiet - fünf stehen in näherer Wahl - für die Konzentration der Windkraftanlagen (WKA) zu erreichen, damit es Planungssicherheit für Behörden, Bürger und Investoren gibt. Eines der Vorranggebiete ist der Bereich nördlich von Eldagsen. In diesem Gebiet gibt es angeblich keine so relevanten - harten - Aspekte, die gegen eine Planungs- und Bauausführung sprechen. Das sehen die Bürgerinitiativen und viele Zuhörer ganz anders. Prof. Dr. Priebs führte aus, dass sich für das 2./3. Quartal 2015 die Beratung und Stellungnahmen, auch Beteiligung öffentlicher Belange, abzeichnen könnten. Im 4. Quartal könne dann die Auswertung erfolgen und im Sommer 2016 die endgültige Beschlussfassung.
Mittelrode arg gebeutelt
Die Bürger von Mittelrode sind am stärksten betroffen. Auf dem Medefelder Berg stehen bereits mehr als zehn Windkraftanlagen. Wenn jetzt noch zwischen Eldagsen und Mittelrode - einbezogen auch Völksen und Alvesrode sowie die Schutz- und Erholungsgebiete Zigeunerwäldchen und das Wisentgehege - als rund 200 Hektar großes mögliches WKA-Gebiet favorisiert werde, sehen die Bürger erhebliche Schädigungen ihrer Interessen, aber auch für den Landschafts- und Naturschutz. Hier könnten 50 WKA Anlagen mit einer Höhe von je 200 Meter aufgestellt werden. Dabei wird die bisher genannte Entfernung zwischen jeweiligen Windkraftparks von 5000 Meter nicht berücksichtigt und eine beabsichtigte Nähe von 800 Meter von WKA zum Ortsrand ist ebenfalls nicht ausreichend, meint Gerhard Freimann, Sprecher der BI Mittelrode.
Natur hoch schätzen - aber nicht wegducken.
Stadtbürgermeister Roger Hische erwähnte, dass man zwar die Natur hoch schätzen müsse, aber sich auch nicht wegducken könne, wenn es um alternative Energien gehe. Er hoffe aber nicht, dass bei allen sichtbaren Problemen und gegenteiligen Meinungen die Bevölkerung zerrissen werde. Er warte jetzt mit Spannung darauf, was die Regionspolitiker zu sagen hätten, wolle aber selbst noch keine Entscheidung namens der Stadt Springe abgeben, weil alles noch ungeklärt und zu viele Fragen offen seien.
Axel Brocklmann (CDU) forderte eine Bürgerbeteiligung, Transparenz in allen Fragen und fand es gut, dass man sich jetzt mit Thema befasst und nicht erst zu späterer Zeit. Auch er sieht Probleme und Beeinträchtigung im Bereich Naherholung, Landschaftsbild, Natur und Lebensqualität. Gegen den generellen Bau der WKA sprach er sich jedoch nicht aus. Das tat jedoch Rolf Kleyer (Einzelkandidat), der die Wertigkeit dieser einzigartigen Natur hier im Hallertal hervorhob. Er forderte die Prüfung von Alternativen zu diesem Standort. "Geldverdienen ist doch nicht alles, wer bezahlt dafür, dass Natur und Landschaft geschädigt werden. Hier müssen keine Windräder stehen. Ich spreche mich klar dagegen aus", argumentierte er. Andreas Koch (AfD) ist grundsätzlich für den Bau von Windkraftanlagen, aber an anderer Stelle. Seine Meinung: "Die Gesetze dürfen nicht an der Bürgermeinung vorbei ausgelegt werden, die Subventionen müssen gestrichen werden, dann sieht es mit dem schnellen Geldverdienen auch anders aus. Was hat der Bürger vor Ort davon, wenn hier die WWKA stehen. Ich bin gegen diesen Standort." Detlev Herzig (SPD und wohnhaft in Bennigsen) , wo schon viele WKA stehen, meinte auf Befragen: "Ich fahre gerne mit Fahrrad durch die Natur und ich freue mich immer, wenn ich die Windräder bei uns am Ortsrand sehe." - So gingen die Meinungen auseinander. Es wird noch einiges an Wasser die Haller hinab fließen, bis alle Probleme erörtert sind. Die abschließende Meinung von Umweltdezernent Priebs, die den Zuhörern nicht gefiel und für großen Unmut sorgte, zeigte aber auch, dass die Bürger nicht gewillt sind, alles hinzunehmen. "Wir haben das gesetzliche Recht, die Planungen durchzuführen und werden das nach den gegebenen Kriterien machen" - dieser markante Satz des Regionsbediensteten wird noch lange Nachklang haben. Die beiden Bürgerinitiativen werden weiter informieren und gegen die Anlagen kämpfen. Eine nächste große Informationsveranstaltung ist in Völksen geplant.
Achim Linck