Bad Münder: Patienten sind keine Blockadetierchen
Wenn es um die Einhaltung von Paragraphen geht, sind die Beamten im Kreishaus Hameln-Pyrmont in Hameln Spitze. So auch jetzt: Ein Bauer aus Nettelrede, Ortsteil der Kurstadt Bad Münder, will einen Stall für 1.000 Mastschweine bauen. Nicht irgendwo, sondern auf einem Acker zwischen Nettelrede und den nahegelegenen Reha-Kliniken am Deisterrand. Das Vorhaben erregte schon vor geraumer Zeit die Gemüter und der Rat beschloss eine Veränderungssperre für das fragliche Gelände. Nur, was nützte die Veränderungssperre, wenn im Bundesbaugesetz Privilegien für Landwirte festgeschrieben sind.
Im § 35 des Bundesbaugesetzes - Bauen im Außenbereich – heißt es: (1) Im Außenbereich ist ein Vorhaben nur zulässig, wenn öffentliche Belange nicht entgegenstehen, die ausreichende Erschließung gesichert ist und wenn, wenn, wenn, wenn.
Die vielen „wenn“ nachzuhalten, ginge am Thema vorbei. Entscheidend ist, was das für den Landwirt bedeutet. Er kann im Außenbereich, irgendwo auf seinem Acker, eine Biogasanlage, eine Schweinemast oder einen Stall für Zigtausend Hühner bauen. Natürlich gäbe es eine Reihe von guten Gründen, den Bau solcher Anlagen im Außenbereich zu verwehren. Aber es gibt eine Reihe von Vorschriften, die solche Vorhaben eher unterstützen. Etwa eine Umweltverträglichkeitsprüfung. Da werden Feldhamster gezählt, Windverhältnisse anhand alter Daten zugrunde gelegt, aber Menschen haben in solch einer Studie keinen Platz. Da sind Schutzabstände festgelegt, die mitnichten das Spektrum der negativen Beeinflussungen berücksichtigen. Wer sich gegen solch ein Vorhaben verwahrt, wird als „Wutbürger“ abgestempelt.
Aber sind in diesem Falle öffentliche Belange hinterfragt worden? Sind die Kliniken, die lediglich 800 Meter vom Schweinestall entfernt stehen, in den Genehmigungsprozess entsprechend § 35 Satz 1 des Bundesbaugesetzes einbezogen worden? Wohl kaum, denn sonst hätten sie keinen Widerspruch gegen den Bau des Stalls eingelegt.
Zu fragen ist also, ob die öffentlichen Belange hinreichend berücksichtigt worden sind. Je nach Planungsumfang gehören Feuerwehren und Rettungsdienste, etc., … zu Trägern öffentlicher Belange. Mit etc. könnten auch Krankenhäuser gemeint sein. Die einzubeziehen dürfte durchaus im Ermessen einer Genehmigungsbehörde liegen. Ist das getan worden?
Die Baubehörde beim Landkreis Hameln-Pyrmont erscheint mir wie die drei Affen: nichts hören, nichts sehen, nichts sagen. Einfach nur genehmigen nach den Buchstaben des Gesetzes oder verfolgen, wer vorschriftswidrig tätig geworden ist. Ich denke nur an den Streit um den Nienstedter Maschendrahtzaun, der den Besitzer zur Weißglut brachte mit schwerwiegenden Folgen.
Natürlich will ich den Maschendrahtzaun nicht mit dem Schweinestall vergleichen. Der Landwirt befindet sich formaljuristisch im Recht. Es gibt also keinen Grund, auf ihn wütend zu sein. Vor ihm steht die Hamelner Behörde, wohlwissend, dass in der Nachbarschaft des Stalls seit Jahren Reha-Kliniken erfolgreich arbeiten. Dass dort jedes Jahr rund 2.000 Krebspatienten nach schwierigen Operationen, radiologischen Bestrahlungen und Chemo-Behandlungen betreut werden. Die von diesen schwierigen Eingriffen geschwächt wehrlos sein dürften gegenüber den multiresistenten Keimen, die in Zukunft mit der Abluft aus den Schweineställen entlassen werden.
Die mangelnde Sensibilität dieser Behörde gipfelte in der Genehmigung zum Bau des 1.000-Schweine-Stalls. Zu fragen ist, warum hat man dem Landwirt keinen alternativen Standort angeboten hat, um auf diese Weise die luftgetragenen Keime von den Kliniken fernzuhalten?
Dass in den Kliniken die Angst grassiert vor Multiresistenten Bakterienstämmen (MRSA), ist nachvollziehbar. Es ist wissenschaftlich belegt, dass von diesen Keimen tödliche Gefahren ausgehen. Trotz Filter können diese Keime auch an die Umgebung gelangen. Vom Stall in die Kliniken sind es dann nur noch 800 Meter Luftlinie.
Wer die Angst beurteilen will, sollte seine persönliche Betroffenheit nicht außer acht lassen. Denn morgen könnten auch der Landwirt, du oder ich Patienten der Klinik sein.
MRSA ist nicht mit „Wachtelkönigen“ oder „Geburtshelferkröten“ als Blockadetierchen zu vergleichen. MRSA ist mehr. MRSA ist eine große Gefahr insbesondere für immungeschwächte Patienten und kann tödlich sein.
Lieber Andreas,
wie wäre es, wenn Du Deine Textbausteine mal überarbeiten würdest. Gleichlautende Einlassungen hattest Du schon vor einiger Zeit abgesondert. Zur Sache:
Natürlich gab es Bauernhöfe mit Misthaufen vor der Tür. Die Hofbewohner lebten damit. Nur, der Mist stammte nicht von Tausenden Hühnern, von Hunderten Schweinen oder Puten, die Zeit ihres Lebens mit Antibiotika vollgepumpt wurden.
Ob Schwein, Kuh, Huhn oder Gans - die Bauern kannten ihre Tiere und auch der Tierarzt, der sie bei Bedarf behandelte.
Was die wissenschaftliche Komponente Deiner haarsträubenden Behauptungen angeht, so empfehle ich Dir, am 27. Januar 2014 nach Bad Münder zu fahren. Dort findet im Martin-Schmidt-Konzertsaal eine Informationsveranstaltung statt. Der Mikrobiologe Wolfgang Witte vom Robert-Koch-Institut referiert zum Themenkomplex MRSA.
Ein MRSA-spezifisches Update würde auch Dir sicherlich helfen.