„Weg zur Besinnung“ am Kaiserdom Königslutter
Dräuende Wolken und Sturm sind oft treibende Kräfte. Bei solch einem Wetter gibt man sich einen Ruck und fährt los. Ziel unbekannt? Nein: Der Kaiserdom zu Königslutter steht auf dem Plan. Nach einer windgebeutelten Fahrt ist das Ziel, der mächtige Kirchenbau aus Elmkalkstein, erreicht.
Dass der Dom nicht alleine das Bild beherrscht, wird schnell klar. An der östlichen Seite erstrecken sich die Gebäude des ehemaligen Landeskrankenhauses Königslutter, das heute Psychiatriezentrum unter der Trägerschaft der AWO-Niedersachsen ist. Zwischen Krankenhaus und Dom die Kaiser-Lothar-Linde. Sie zählt zu den ältesten und dicksten Linden in Land der Pferde.
Die Linde soll im Jahr des Baubeginns des Doms 1135 an der Richtstätte gepflanzt worden sein. Ob sie nun wirklich gut 900 Jahre alt ist, erscheint unerheblich angesichts ihres ehrwürdigen Aussehens heute und ihrer jugendlichen Anmutung nach dem Austrieb. Wenn diese Linde reden könnte ….
Dass das Krankenhaus, dieser Ort, eine grausame Vergangenheit hat, wird dem Ahnungslosen erst bewusst, wenn er dem Weg auf der Rückseite des Doms folgt. Da sind im Rasen Gräber ausgestochen, die im Schatten eines Kirchenbaus eigentlich keine Seltenheit sind. Doch diese angedeuteten Gräber sind Teil des Mahnmals „Weg zur Besinnung“.
Die sicherlich sehenswerten und geschichtsträchtigen Applikationen des Doms verlieren an Bedeutung, wenn man zwischen den beiden Epitaphen des Mahnmals steht. Die eine Tafel symbolisiert Angst, die andere Gewalt. Auch wenn die Bronzeplastik am Ende des Wegs nur ein Stück Metall zu sein scheint, macht sie Schaudern. Denn die Plastik stellt eindrucksvoll und schlicht ein leidendes Mädchen dar. Das weckt Erinnerungen, das löst Betroffenheit aus.
Während des 2. Weltkriegs war die Heil- und Pflegeanstalt Königslutter auch Teil des unmenschlichen Selektionsplans der Wahnsinnigen. Es ist davon auszugehen, dass hier auf Befehl von Hitler im Rahmen der Euthanasiemaßnahmen getötet wurde.