Bürgerdentisten und Bürgerpiloten
Axel Haack hat mich mit seinem Beitrag Was uns Bürgerreporter von Qualitätsjournalisten unterscheidet neugierig gemacht. Also habe ich den Leitartikel "Schindluder mit der Qualität" auf der heutigen Titelseite (Sonnabend, 25. September 2010) der Salzburger Nachrichten im Netz gesucht. Ich wollte im Wortlaut wissen, was deren Chefredakteur Manfred Perterer zum Thema Bürgerjournalismus zu sagen hat. Hier ist der Link auf die Salzburger Nachrichten Schindluder mit der Qualität Über den Link findet Ihr den vollständigen Text von Perterers Meinung, der seit Mitte 2006 Chefredakteur der Salzburger Tageszeitung ist.
Bisweilen soll zwar ein Volontär (Ausbildung für angehende Redakteure) auch schon eingestellt worden sein, wenn er nur zwei Sätze geradeaus schreiben konnte. Aber solche mündlichen Überlieferungen werte ich eher als Journalistenlatein oder absichtsvolle Anekdote und nicht als realitätsnahe Beschreibung der Verzweifelung einer Führungskraft.
Natürlich graute es einem Bürgerreporter, mit einem Bürgerpiloten in den Urlaub zu fliegen oder sich von einem Bürgerchirurgen den Blinddarm entfernen zu lassen. Aber ein Bürgerprediger, sprich Laienprediger, kann aus dem Erfahrungsschatz seines Lebens durchaus auch von der Kanzel ein paar brauchbare menschliche Einsichten in Worte kleiden, ohne gleich die Bibel zum Absturz zu bringen. Und mancher gelernte Handgriff eines Bürgersanitäters, in Erster Hilfe geschult, hat nach Verkehrsunfällen schon wertvolle und lebensrettende Schritte einleiten können, in den ersten kritischen Minuten bis zum Eintreffen des Notfallmediziners.
Bürgerreporter unseres Mitmachportals myheimat.de haben einfach Spaß daran, ihr Lebensumfeld in Bild und Text anderen näher zu bringen, diskutieren gern über ihre Überzeugungen, wägen Argumente ab und bringen in ihre Beiträge und Kommentare den Sachverstand ihrer beruflichen Erfahrungen ein. Darüberhinaus sind Bürgerreporter hellwache Zeitgenossen, die sich kein X für ein U vormachen lassen, unbequeme Fragen stellen, auf Missstände hinweisen und Beobachtungen notieren, die ihnen merkwürdig vorkommen. Damit geben sie Berufsreportern Tipps, Hinweise und Anregungen an die Hand, die sie mit ihrem Handwerkszeug aufgreifen, denen sie per Recherche nachgehen und die dann nicht selten in Zeitungsberichten münden, die Aufschluss, Erläuterungen und Orientierung geben.
Wenn sehenswerte Fotos und authentisch erzählte Beiträge von Bürgerreportern auch noch schönen Lesestoff in sympathisch aufgemachten Stadtmagazinen bieten, dann ist das kein Verfall der guten Sitten, sondern eine wichtige Farbe im bunten Erscheinungsbild einer Stadt. Nicht mehr, aber auch nicht weniger.
Bürgerreporter ergänzen den Journalismus, sie können ihn nicht ersetzen.
Bei aller Bescheidenheit: Ohne das Wissen der anderen, ohne die Mithilfe der vielen, also ohne die Aufmerksamkeit der Leute von der Straße können gute Journalisten heutzutage nicht mehr auskommen. Es geht es um Aufklärung im besten Sinne. Dabei kann der Tipp des Wurstsemmelverkäufers so wertvoll sein wie die Erklärung des Hochschulprofessors.