Hallaaf, Hallaaf, Hallaaf
Über Kunst lässt sich ja trefflich streiten, sagen die einen. Bildhauer Ernst Rietschel brachte es auf den Punkt: „Das Schöne in der Kunst ist immer wahr, das Wahre aber nicht immer schön.“ Und von Schönheit kann man nun wirklich nicht reden angesichts der drei gebogenen Edelstahlröhren mit jeweils rund zwanzig Zentimetern im Durchmesser, die der Schlichtheit kostenoptimierter Straßenbaukunst in Gestalt eines tristen Verkehrskreisels in Springe Glanz verleihen sollen. Glänzen tun sie. Unbestritten. Noch.
Gedrungen stehen sie da. In Beton gegossen. Silbern glänzend. Die Öffnungen, die wie ein überdimensioniertes Drillingsgeschütz anmuten, Richtung E-Center gerichtet. Oder sind das etwa neue Entlüftungsrohre für die Tieftanks der nahegelegenen Tankstelle? Doch der Künstler hat sich was dabei gedacht. Er nannte dieses Gebilde „Haller, Haller, Haller“. Auch wenn die Haller aus mehreren Quellen gespeist wird, muss man schon sehr benebelt sein, um die Haller statt einfach über doppelt gleich dreifach zu sehen. Worum geht es also? Um die Quellen oder die eine Haller? Auch Kunst kann Wahrheit um der Wahrheit Willen nicht verbiegen. So verschlungen die Gedanken des schaffenden Genies auch gewesen sein mögen – Ottonormalverbraucher muss schon weit um die Ecke denken, will er in der Installation drei Mal Haller erkennen. Er sieht nur drei gebogene Röhren.
Die drei Rohre sollten nicht wie graue Mäuse in tristem grauen Pflaster ruhen. So war eine solarelektrische Beleuchtung vorgesehen, die, den hohen Kosten dafür sei Dank, gestrichen worden ist. Trotzdem soll eine einfache Beleuchtung her, um diese Entbehrlichkeit des Nachts aus dem grau in grau herausheben zu können. Da wird im Haushalt hier und da gestrichen, die notwendige Reparatur desolater Gehwege ist ja nicht so wichtig – und auch andere Haushaltsposten fielen dem Streichorchester zum Opfer – nur die Beleuchtung für die Entlüftungsrohre nicht.
Als Bürger frage ich mich, wozu Haller. Haller, Haller des Nachts beleuchten, wenn sich sowieso kein Mensch dorthin verirrt? Das Geld für Installation und Folgekosten könnte man doch zugunsten der Gehwegreparatur sparen, denn es reicht doch, wenn die Rohrevon ankommenden Autoscheinwerfern beleuchtet werden. Oder?
Auch sei die Frage erlaubt, warum diese Installation und warum keine andere. Gibt es in Springe nur den einen Künstler als Hoflieferanten? Haben wir als Bürger nicht auch das Recht mitzugestalten? Warum werden Ausschreibungen umgangen und den Bürgern mögliche Präsentationsergebnisse vorenthalten, die ein künstlerisches Spektrum vermitteln könnten?
Humor ist, wenn man trotzdem lacht. Das Kunstwerk ist da. In Beton gegossen. Wir müssen damit leben. Aber müssen wir denn partout mit deeeem Objektnamen leben? Wie war doch gleich der Name?
Wem fällt etwas griffigeres, etwas treffenderes dazu ein? Etwa: Vor-, Rücklauf, Bypass? Verbogene Stricknadeln? Krumme Hunde? Bandy Pipes? Geruchverschlüsse? Panflöte? Trash Art? Bald ist Karneval. Und:
Es ist angerichtet. Springe Hallaf, Hallaaf, Hallaaf.
Lieber Ralf, lieber Dirk,
lieber Gerhard,
schon in meinen ersten Artikeln habe ích die Unvermeidbarkeit des Faktischen beschrieben und sinngemäß gesagt, was steht, steht. Schließlich geht es doch um die soziale Verträglichkeit von Investitionen der Stadt in .... zum Beispiel zur Kunst erhobenem Schrott. Meine grundsätzlichen Ansichten spielen insgesamt keine besondere Rolle, da ich weder Künstler noch berufsmäßiger Kritiker bin. Worum es mir geht: "Ohne Bürger geht das Nicht!"
Danke für eure Anregungen.