Kroatien - ein wunderschönes Land an der Adria - Gedanken zur Freiheit in der EU
Lange habe ich gezögert, dem Schwärmen von Freunden und Bekannten über das Land an der Adria, KROATIEN zu folgen und es bei einer Reise persönlich zu erleben. Die Wirrnisse, die mit dem Krieg verbunden (sind) waren, der das einstige JUGOSLAWIEN in den 90er Jahren dazu zwang seine Föderativstaaten aus der Gemeinschaft des Bundes in die „Freiheit“ zu entlassen, hinderten mich daran.
"Am 14.03. vor 15 Jahren begann der völkerrechtswidrige NATO-Bombenkrieg gegen die Bundesrepublik Jugoslawien. Angegriffen wurden vor allem zivile Ziele wie die Sendezentrale des serbischen Rundfunks RTS, die »Zastava«-Autofabrik in Kragujevac, eine Brücke in Varvarin und die chinesische Botschaft. Die NATO sprach zynisch von Kollateralschäden. Die Verantwortlichen wurden bis heute von keinem Gericht belangt. Die BRD war in der Nato führend beteiligt, dabei sollte doch von Deutschland nie wieder ein Krieg ausgehen."
Und ich hatte Recht. Die zerstörten und ausgebrannten Häuser links und rechts unserer Fahrstrecke durch Slowenien und Kroatien ließen uns auch nach Jahren betroffen werden und erschrecken. Hier haben einmal Serben mit Kroaten Haus an Haus gewohnt, bis die einen und die anderen mit Gewalt und Feuer vertrieben oder getötet wurden. Heute gibt jeder dem anderen die Schuld – geblieben sind die Ruinen und die Toten. Für mich die Frage nach dem WARUM. In Dubrovnik erlebte ich die vielen Spuren des Krieges nicht mehr. Alles war in dieser kurzen Zeit beseitigt. Kostbares Menschenleben läßt sich aber nicht ersetzen. Das ist die tragische Seite. Den Menschen wird nun eingeredet, sie hätten die Freiheit. Doch welche Freiheit haben die Menschen von Slowenien, Bosnien-Herzogowina, Kosovo, Montenegro und das durch NATO-Bombardement bezwungene Rest-Jugoslawien, die Republik SERBIEN. durch vieltausendfach getötete Bürger erlangt? Jugoslawien war dem strategischen Zielen der Weltmacht USA im Wege, dem der gesamte Balkan fehlte und nun willig sein muß.
1.900 km von Rostock bis BRELA
Ausdrücklich will ich die großartige Leistung Kroatiens anerkennen, das mit Hilfe Frankreichs und seinem eigenen Geld die Autobahn JADRANSKA MAGISTRALA von Nord nach Süd durch das Land gebaut hat und damit die Infrastruktur für die an der Adria gelegenen Erholungsorte zwischen Rijeka (Partnerstadt von Rostock) - Zadar – Trogir - Split – Brela - Makarska und Dubrovnik bedeutend verbessert hat. Herrlich gelegen an den Hängen der Dinariden (Dinarisches Gebirge), die sich bis an die Neretva als Kettengebirge (Faltengebirge), mit dazwischenliegenden Talungen von Nordwesten nach Südwesten hinziehen, zeigen sich den Besuchern aus der ganzen Welt als wunderschöne Erholungsorte. Sie schmiegen sich wie Schwalbennester entlang der Adria-Küste an die Dinariden und werden von der Küstenstraße miteinander verbunden. Das Rot und Weiss der Gebäude wird vom Grün der Bäume und Parks unterbrochen und alles macht einen einladenden frohen Eindruck. Das Mittelmeerklima begünstigt auf einzigartige Weise den Erholungswert dieser Küstenorte.
Die Dinariden, in Gemeinschaft mit den Alpen vor 60 Mio. Jahren entstanden, waren bewaldet, dann im Laufe der letzen Jahrhunderte besonders unter der Herrschaft der Römer (Venezianer) abgeholzt und dadurch stark verkarstet. Übrig blieben die ausgewaschenen Kalkböden. Bei der Anfahrt Brela fielen mir plötzlich die nach See/Adria geneigten starken Kiefern auf und ein Vergleich zu unseren „Windflüchtern“ (Meyer-Scharffenberg) kam mir in den Sinn. Es konnte nur etwas mit dem Wind zu tun haben. Auf Russisch kenne ich noch das Wort BURJA = Sturm. Im Raum der Adria zwischen Triest und Dubrovnik, im „Zusammenspiel“ mit den Dinariden herrschen die Fallwinde, hier Bora (aus dem kroatischen Burja) genannt. Es sind sehr heftige und kalte Winde, die zu den stärksten der Welt gehören – in Böen bis zu 250 km/h stark. Die Wucht des Windes und seine Ost-West – Richtung haben im Laufe der Jahrhunderte zum geneigten Wuchs geführt. Der Bora ist auch für die Auswaschung des Karstgebirges nach dem Abholzen des Waldes durch die Römer verantwortlich. Die heutige vielfältige Vegetation ist ein Beweis für die Selbstheilungskraft der Natur,.
Die seither entstandene Vegetation mit der mittelmeerischen Pinien und Macchie, den Laub-und Kiefernwäldern und den nach Süden zunehmenden spitzgeformten Zypressen begeisterte mich. Ich hatte mit dem Karstgebirge mehr Gestein als Vegetation vermutet. Auch die reichlich wasserführenden, sauberen Flüsse verwunderten mich. Selbst die durch den Gletscher hinterlassenen blauen, grünen Seen wirken wie „Augen in der Landschaft“. Das Trinkwasserproblem scheint für alle Bewohner gelöst, denn alle Orte sollen an ein Trinkwassernetz angeschlossen sein. Es wird immer wieder hervorgehoben, dass man das Trinkwasser überall nutzen kann. Von der Sauberkeit des Wassers konnten wir uns auch beim Besuch der gewaltigen Wasserfallkaskaden im Krka - Nationalpark (Sibenik) überzeugen. Auch zur Stromerzeugung wird die Wasserkraft genutzt. Auf der Fahrt sah ich an einem Fluß ein Staubecken mit Rohrleitungen, die zu einem höher gelegenen Wasserbecken führten – ein Pumpspeicherwerk im Karst!
Unsere beiden jungen und engagierten Reiseführerinnen geleiteten ihre Gäste zu historischen Gebäuden, Kirchen, Denkmälern, engen Straßen und Plätzen und erzählten die wechselvolle Geschichte des Landes unter der Herrschaft der Griechen, Venezianer, Türken (ca. 400 Jahre) und der Habsburger in allen interessanten und auch unwichtigen Einzelheiten, um ein optimistisches Gefühl bei ihren Gästen zu erzeugen. Zu meinem und sicher auch anderer Besucher Erstaunen, haben uns die jungen Frauen das jetzige Leben der Bürger und die Probleme des Landes vorenthalten. Aus Gründen der erholungsfördernden optimistischen Gefühle, die angesprochen werden sollen und die Probleme des Landes und seiner Bürger im EU- Land ausklammernd, konnten wir das den Worten einer jungen Reiseführerin zumindest entnehmen. Nur eine machte aus “ihrem Herzen keine Mördergrube“, sie sprach offen über die Folgen des EU - Anschlusses: Großbetriebe der Industrie wurden „zurückgebaut“, staatliche landwirtschaftliche Betriebe in Privathand überführt. Jugoslawien hatte in allen Teilen des Föderativ-Staates die Industrie entwickelt, so auch in den Küstenstädten. Natürlich mit allen Problemen verbunden, die dem Tourismus nicht immer sehr förderlich waren. Durch die Aufnahme in die EU erwiesen sich Betriebe der Industrie, wie z. B. Zement - und Hüttenwerke als unnötig und hinderlich. Die Folge ist eine erhebliche Arbeitslosigkeit, die in einigen Gebieten direkt zur zunehmenden Überalterung der Orte und zum Rückgang der Bevölkerung führt, weil die Frauen sich bei Verlust des Arbeitsplatzes keine Kinder leisten können. Junge Menschen verlassen die Dörfer und weil sie selbst in Städten keine Arbeit finden, gehen sie ins Ausland. Eine Servicekraft verriet mir nach mehrmaligem, freundlichem Nachfragen, sie erhalte als Lohn 400 Kuna (1 € :7 Kuna).
Alle Hotels entsprachen voll den internationalen Standards, auch wenn sich einmal ein Gast in meinem Beisein an der Rezeption über Ameisen im Bad äußerte. An dieser Stelle will ich die hervorragende Arbeit der Mitarbeiter und die Qualität der sanitären Einrichtungen in den Hotels erwähnen. Kleine Schäden wurden nach unserem Hinweis sofort (!) beseitigt. Die Servicekräfte leisteten eine vorbildliche Arbeit, waren immer sehr freundlich und zuvorkommend. Es scheint unter den Mitarbeitern eine kollegiale Zusammenarbeit zu geben, denn wiederholt haben Führungskräfte mit zugegriffen.
Nun komme ich zum Fluß Neretva, der uns Älteren noch von der Schlacht aus dem 2. Weltkrieg her bekannt ist. Hier war Titos Volksarmee von den Nazitruppen, den Italienern, den königstreuen jugoslawischen Tschetniks und faschistischen kroatischen Ustascha-Verbänden eingekesselt. Diese konnten erfolgreich durch eine Brückensprengung über die Neretva, getäuscht und dann die Ustascha-Truppen vernichtend geschlagen werden. Überhaupt halte ich es für wichtig, an dieser Stelle noch zu erwähnen, das Tito ein Kroate war und mit seinen Partisanen als einzige Armee die deutschen Truppen aus dem Land vertrieben und Jugoslawien befreit hat. Wer erwähnt es heute noch! Warum wird es schamhaft verschwiegen? Es gehört doch, als positive, neben der leider auch negativen Seite der Geschichte des faschistischen Kroatiens dazu, das an der Seite Hitlerdeutschlands am Krieg beteiligt war.
Eine große Errungenschaft der jugoslawischen Gesellschaft, ist das ehemalige Sumpfgebiet der Neretva-Mündung (das eigentliche Flussdelta der Neretva beginnt erst hinter Metković und gehört damit zu Kroatien). Es wurde nach dem 2. Weltkrieg mit Einsatz von Technik melioriert. Bis zu diesem Zeitpunkt war die Entwässerung und Urbarmachung mit schwerer körperlicher Handarbeit und gesundheitlicher Schädigung der Männer verbunden. Zusätzlich machte die Moskitoplage den Menschen dieses Gebietes schwer zu schaffen. Inzwischen ist aus dem ehemaligen Sumpfgebiet eine riesige landwirtschaftliche Fläche geworden, auf der besonders der Anbau von Mandarinen in Plantagen erfolgt.
Die Betriebe wurden nach dem Zerfall Jugoslawiens privatisiert. Wir erlebten einen engagierten Unternehmer, der eine große Mandarinenplantage in 10 Jahren geschaffen hat und gleichzeitig ein Hotel an einem Kanal im Sumpfteil sein Eigen nennt.
Wir gelangten mit kleinen flachen Motorbooten über einen 10 km langen Kanal, von Schilf auf beiden Seiten bestanden, zu dieser gastlichen Stätte und wurden von zwei Männern mit Musik begleitet. Überall entdeckten wir Wasserflächen mit gelben und weißen Seerosen bedeckt. Grappa und getrocknete Feigen machten auf dem kleinen Boot die Runde und wurden gerne angenommen. Uns wurde nach der Ankunft in dem Hotel ein Mittagessen, mit Salat, Suppe und Kartoffeln und Hähnchenfleisch serviert.
Alles sehr schmackhaft angerichtet. Gewünscht hätten wir uns einen echten kroatischen Eintopf. Allgemein waren wir, auch durch den Grappa etwas unterstützt, eine lustige Bootsgesellschaft, die im Hotel durch Musiker mit ihren temperamentvollen und bekannten Melodien sogar zum Tanzen angeregt wurde. Wir werden uns sicher noch recht lange daran und die Fahrt im Mündungsgebiet der Neretva erinnern.
Abschließend will ich den kroatischen Bürgern wünschen, die EU möge für ein soziales Europa wirken, damit sie die Früchte ihrer Arbeit ernten und nicht nur zum Nutzen der Gewinner dieser Entwicklung im südosteuropäischen Raum arbeiten. Es wird aber wohl ein Wunsch bleiben, denn die Gesetze der Globalisierung lassen das nicht zu - im Gegenteil.
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