Mit dem Schienenbus zu den Spuren der Schaumburger Industriegeschichte
Am 22. April ging der Förderverein Eisenbahn Rinteln-Stadthagen (FERSt) erneut mit seinem Schienenbus auf Entdeckungsfahrt zu den industriellen Hotspots früherer Tage. Doch bevor der voll ausgebuchte Triebwagen am Bahnhof Rinteln Nord startete, führte Ulrich Tack (FERSt) noch die Fahrgäste zu den sichtbaren Spuren vor Ort aus der Zeit bis 1970, als die Extertalbahn hier endete und Anschlüsse über die DB in Richtung Hameln und Löhne sowie dann über die Rinteln-Stadthagener Eisenbahn (RstE) auch nach Hannover und Minden bestanden. Zünftig in historischer Eisenbahneruniform lieferte Tack zu seinen Vorträgen mit einer Mappe zeitgenössischer Fotos den Gästen auch einen bildlichen Eindruck davon.
Über Steinbergen und die Reste der Verladerampen des Steinbruchs ging es dann zum Halt in Bad Eilsen, um den einstigen Abzweig der Bahnverbindung nach Bückeburg (1918 bis 1966) mit dem legendären elektrischen „Eilser Minchen“ nachzuvollziehen. In Obernkirchen kam dann Prof. Dr. Karl-Heinz Schneider hinzu; er hat sich im Rahmen seiner wissenschaftlichen Tätigkeit bei der Universität Hannover u. a. Intensiv mit der Schaumburger Industriegeschichte befasst. Bei der Fahrt zum ehemaligen Gleisanschluss und Übergabebahnhof der Glasfabrik Hermann Heye (heute Ardagh Glass) ließ Schneider aus seinen profunden Kenntnissen zu den Gründern, Standortfaktoren, Verkehrsverbindungen sowie den wirtschaftlichen und nicht zuletzt den sozialen Rahmenbedingungen den wechselvollen Lauf der damaligen Entwicklung lebendig werden.
Nach der Mittagspause ging es weiter in Richtung des ehemaligen Bahnhofs Stadthagen West. Die noch vorhandenen Gleisanlagen nebst Lokschuppen werden heute von der Dampfeisenbahn Weserbergland (DEW) genutzt. Dort kamen die frühere stadthäger Glashütte und der Ziegeleibetrieb zur Sprache, Bezeichnungen wie „Hüttenstraße“ und „Am Ziegeleiteich“ sind davon übrig geblieben. Auf der Rückfahrt Richtung Obernkirchen wurde dann noch am Georgschacht Halt gemacht und ausgestiegen; bestaunt wurde die imposante Modellanlage des Modelleisenbahnclubs Stadthagen (MEC) im früheren Umspannwerk. Dort ist der Bereich ab Stadthagen und rund um den Georgschacht im früheren Zustand im H0-Maßstab wiederauferstanden, bis Obernkirchen ist schon der Holzunterbau vorhanden; der MEC plant den Nachbau der gesamten Strecke bis Rinteln. Vom MEC gaben Sven Hartmann und Andreas Döring anhand der Modelle einen Überblick über die Entwicklung des Geländes und führten die Gruppe anschließend nach draußen, wo sie interessante Hintergrundinformationen zu den noch vorhandenen Lagerhallen und dem im Volksmund als „Kohlenkirche“ bekannten Zechenhaus gaben; zwischendurch stellte noch Joerg Janning vom Verein BürgerEnergieWende Schaumburg das Projekt eines 11 Megawatt Solarkraftwerks als Perspektive für die Abraumhalde des Georgschachts vor.
Für ein paar Stunden in die langjährige Industrie- und Wirtschaftsgeschichte von den Anfängen her eintauchen, stilecht mit einem historischen Triebwagen aus unserer jüngeren Wirtschaftswunderzeit, ist ein nicht alltägliches Freizeitvergnügen; entsprechend früh waren diese Schienenbussonderfahrten 2017 und 2018 ausgebucht. Die Rinteln-Stadthagener Eisenbahn, die seit fast 118 Jahren einen erheblichen Teil an dieser Entwicklung hatte, ist heute mit Dampfzugfahrten der DEW und dem Schienenbus des FERSt noch ein touristischer Besuchermagnet. Ein weiteres Ziel des FERSt ist es, diese Trasse für die Neuzeit zu erhalten, als Standortvorteil für neue Betriebe und um die Reaktivierung für den öffentlichen Personenverkehr zu erreichen, um eine Anbindung an die Region Hannover zu schaffen und damit die Attraktivität unseres Landkreisens als Wohn- und Arbeitsort zu erhöhen.
Übrigens, die nächste reguläre Schienenbusfahrt findet am 20. Mai statt, Infos gibt es online unter http://www.der-schaumburger-ferst.de
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Weitere Links:
MEC Stadthagen: http://www.mec-stadthagen.de
BürgerEnergieWende Schaumburg: http://www.buergerenergiewende-schaumburg.de