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Wilhelm Neurohr: „ZAHLUNGSUNFÄHIGE KOMMUNEN: VERKEHRTE WELT DER BANKENHERRSCHAFT“ (Leserbrief)

... an das Medienhaus Bauer zu den Artikeln vom 3. Mai 2013 „Städte im Vest werden nervös“ (Titelseite) und „Schuldenlast weckt erste Zweifel“ (Regionalseite)

„ZAHLUNGSUNFÄHIGE KOMMUNEN:
VERKEHRTE WELT DER BANKENHERRSCHAFT“

Die „drohende Zahlungsunfähigkeit“ der (systemrelevanten) Städte bei Verweigerung weiterer Kassenkredite durch die Banken wäre nicht nur verfassungswidrig, sondern zeugt vom eklatanten Versagen des Gesetzgebers bei den Grundsatzregelungen zur Kommunalfinanzierung. Nicht die Banken haben mit ihrer Zins- und Kreditpolitik die Regeln der Kommunal- und Staatsfinanzierung zu bestimmen, sondern umgekehrt. Denn Staat und Kommunen sind keine betriebswirtschaftlichen Unternehmen, die wegen Zahlungsunfähigkeit in die die Insolvenz gezwungen werden können, sondern sie sind verfassungsrechtlich gesicherte Rechtsgemeinschaften und demokratisch legitimierte Verfassungsorgane. Ein Rollentausch ist in einem demokratischen Rechtsstaat nicht zulässig, wonach die Banken die Spielregeln der staatlichen und kommunalen Finanzierungsbedingungen bestimmen; das wäre eine verkehrte Welt der Bankenherrschaft.

Folglich kann die Finanzierung und Kreditwürdigkeit von Staat und Kommunen nicht von der Gewinn- und Geschäftspolitik oder Zinspolitik der privaten Banken und dem Finanzmarktgeschehen abhängig gemacht werden, wie bei privaten Kreditnehmern oder Unternehmensinvestitionen, sondern eine davon unabhängige Kreditsicherheit ist für die kommunale und staatliche Seite gesetzlich zu gewährleisten. Doch bei allen parteipolitischen Lippenbekenntnissen zur Bankenregulierung konnte sich kein Partei in ihrem Wahlprogramm zu solchen verfassungsnotwenigen Regelungen durchringen, sondern begibt sich freiwillig und wie selbstverständlich in die finanzielle Abhängigkeit der privaten Banken. Sogar die öffentlichen Sparkassen, die man po-litisch kontrolliert, verhalten sich gegenüber ihren klammen kommunalen Trägern oftmals wie die Privatbanken. Es ist absurd, dass die steuerlich unterfinanzierten Kommunen überhaupt seit Jahren genötigt sind, ihre Gehaltszahlungen an die Beschäftigten über Kassenkredite (Dispokredite) abzuwickeln. Darin offenbart sich ein völliges Staatsversagen, so wie bei der gesamten Finanzmarktkrise überhaupt.

Einerseits sorgen Staat und Zentralbank dafür, dass sich die Banken zu historisch niedrigsten Zinsen billigstes Geld besorgen können; den Zinsvorteil geben diese aber kaum an die Kreditschuldner, die Dispokredit-Überzieher oder die kommunalen und staatlichen Kreditnehmer weiter, auch nicht an Investoren. Vielmehr bedienen sie damit vor allem die höhere Eigenkapitalquote und ihre Gewinne. Es ist absurd und skandalös: Dieselben Banken und Helfer der Steuerflüchtigen, die der Staat mit milliardenschweren Rettungspaketen vor der Insolvenz gerettet hat, lassen nun ihre staatlichen Retter im Stich mit der Kreditverweigerung für die öffentliche Hand. Und dieselben Volksvertreter, die das mit ihrer „Deregulierungspolitik“ zugelassen haben und sich freiwillig erpressbar machen, jammern nun mit Krokodilstränen darüber, dass ihre Kommunen von den Banken im Stich gelassen werden bei den Kommunal- und Kassenkrediten.

Haben sie etwa Dankbarkeit oder Fairness von den Banken erwartet? Wir sind nur noch Spielball der Finanzmarktakteure, die dank ihrer „politischen Handlanger“ längst die Herrschaft über den Staat erobert haben. Sollte tatsächlich den ersten Kommunen im Kreis Recklinghausen die Kredite verweigert werden und das Land nicht umgehend einspringen, ist die Anwendung des Artikels 20 (4) unseres Grundgesetzes durch die Bürgerinnen und Bürger geboten, nämlich Widerstand gegen die Aushebelung unserer Verfassung.

Wilhelm Neurohr

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1 Kommentar

Die meisten Kommunen werden zahlungsunfähig, weil sie sich zu sehr verschuldet haben. Daran haben aber nicht die Banken schuld, sondern die Bürger mit ihren Kosten verursachenden Wünschen, die sie notfalls auf Pump haben wollen.

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