Tagung der Schulen und Sportvereine im Landkreis Pfaffenhofen
Sind unsere Kinder und Jugendlichen Bewegungsmuffel? Glaubt man einschlägigen Studien, die diesen Eindruck wissenschaftlich bestätigen, müssten bei den Kultus-Verantwortlichen im Lande angesichts zunehmender Haltungsschäden und anderer körperlicher Defizite bei vielen Schülern längst die Alarmglocken schrillen. Doch was passiert tatsächlich im realen Schulalltag? Sportstunden fallen aus, werden gekürzt oder ganz vom Stundenplan gestrichen.
Der Sport an bayerischen Schulen ist in die Kritik geraten. Lässt die moderne Wissensgesellschaft ihren Nachwuchs im wahrsten Sinne des Wortes “sitzen" und produziert Gehirnakrobaten und Bewegungswracks? Dagegen wollen die Schulen und Sportvereine im Landkreis Pfaffenhofen etwas unternehmen.
“Fitte Kinder und Jugendliche - Herausforderungen und Chancen für den Sport in Schule und Verein" lautete das Thema einer Tagung, an der am Montag im Sportheim von Schweitenkirchen über 100 Vertreter aus Schulen und Sportvereinen teilnahmen. In einer Art “konzertierter Aktion" wollen Schulen und Vereine dazu beitragen, die allgemeine körperliche Fitness der jungen Generation zu verbessern.
Dass es Kindern und Jugendlichen immer schwerer fällt, sich zu bewegen, sei keine neue Erkenntnis, meinte Schulamtsdirektor Günther zum Auftakt der Tagung, die auf seine und die Initiative von BLSV-Kreisvorsitzendem Florian Weiß zustande kam. Doch anstatt schwarz zu malen, sollte man die Herausforderungen annehmen und darin auch eine Chance sehen, so Holz zum Titel der Veranstaltung. Schon jetzt gebe es eine Reihe von Ansätzen, wie die Kooperation von Schule und Verein vor Ort aussehen kann. Einig sind sich Holz und Weiß, dass solche Modelle ausgebaut bzw. eingerichtet werden können.
Als ausgewiesener Fachmann zum Thema Sport in Schule und Verein gilt Professor Dr. Helmut Altenberger vom Institut für Sportwissenschaft in Augsburg.
“Bewegung ist ein unersetzbarer Bestandteil in der Entwicklung von Kindern und Jugendlichen", sagt der Vorsitzende des “Aktionsbündnisses Schule und Verein e.V.". Durch ein Übermaß an Medienkonsum bestehe für den ganz stark auf Bewegung ausgelegten jungen Körper die große Gefahr für erhebliche motorische Defizite.
Vier Pflichtsportstunden in der Woche und ein Ausbau zusätzlicher Sportangebote als Wahlfächer ist die konkrete Forderung von Professor Altenberger an die Politik. Für absolut notwendig erachtet der Sportwissenschaftler aufgrund bereits bestehender erheblicher physischer Defizite bei vielen Schülern auch ein weiter gehendes bewegungstherapeutisches Angebot.
Angesichts immer weniger Pflichtsportstunden und so gut wie keinen differenzierten Sportunterricht kommt diese Besorgnis erregende Entwicklung nach Erkenntnissen des Sportwissenschaftlers Altenberger nicht von ungefähr.
Er verlangt daher, den Sportunterricht, das außerschulische Sportangebot und die Vereinsjugendarbeit völlig neu zu positionieren. Vor allem an der Ganztagsschule sollte seiner Meinung nach das Sportangebot verpflichtend verankert werden. Leider gebe es aber nach wie vor einen erheblichen Handlungsbedarf in punkto Zusammenarbeit von Schulen und Sportvereinen, die vor Ort auf so manche Schwierigkeiten stießen, bedauert Altenberger.
Wie im Landkreis Pfaffenhofen bereits jetzt Schulen und Vereine kooperieren, verdeutlichte Arbeitskreis-Vorsitzender Robert Rauch. Diese Vernetzung funktioniere aber nur dann, so der erfahrene Sportlehrer, wenn es ihm und seinen Kollegen gelinge, ihre Schüler auf ein entsprechendes Leistungsniveau zu bringen. Das ganze Dilemma im Zusammenhang mit der Streichung des differenzierten Sportunterrichts wird nach den Worten Rauchs daran deutlich, dass inzwischen mit Ausnahme von Fußball in keiner anderen Sportart mehr ein landkreisweites Schulturnier auf die Beine gestellt werden kann.
Von rückläufigen Zahlen musste auch “Sport nach 1" - Koordinator Manfred Mayer berichten. Gab es in der Vergangenheit bereits bis zu 16 solcher erfolgreicher Kooperationsmodelle zwischen Schule und Verein im Landkreis, sind es aktuell nurmehr acht, die sich auch noch hauptsächlich auf Tennis beschränkten. Obwohl die Organisation solcher Angebote relativ unbürokratisch möglich sei, scheiterten sie immer wieder am fehlenden Übungsleiter.
Wie erfolgreiche Kooperationen zwischen Schule und Verein aussehen können, erläuterten Reinhard Bachmaier, Rektor der Volksschule Pfaffenhofen, und die Lehrerin Tina Binder am Beispiel Manching. Beide Schulen gehen zusammen mit ihren Vereinen vor Ort den Weg von zeitlich befristeten Arbeitsgemeinschaften. Bachmaier: “Das kann mitunter eine sehr fruchtbare Zusammenarbeit für beide Seiten sein." BLSV-Kreisvorsitzender Florian Weiß sah die Tagung als “gelungenen Auftakt für eine erfolgreiche Zusammenarbeit zwischen den Schulen und Sportvereinen und als Start für weitere Gespräche". “Das Thema Sport wird an den Schulen im Landkreis nach wie vor groß geschrieben", versprach Schulamtsdirektor Günther Holz. So sollen im kommenden Schuljahr eine Reihe von Initiativen auf diesem Gebiet gestartet werden, um die Kontakte zwischen den Schulen und Vereinen am Ort weiter zu intensivieren.
Eine sehr interessante Tagung, wir wollen hoffen, dass sie Frucht bringt und unsere Kinder nicht "sitzen bleiben" müssen. Jeder der dies liest sollte sich überlegen, ob er nicht die nächste Generation fördern will und Übungsleiter wird oder die Jugend anderweitig unterstützen kann. Denn jeder sollte bedenken, die heutigen Kinder und Jugendlichen sind die Erwachsenen in der Gesellschaft, in der wir alt werden!