“Doping ist ein ständiger Begleiter des Sports"
DLV-Präsident Clemens Prokop spricht bei BLSV-Herbsttagung zum Thema “Doping"
Pfaffenhofen (rry) “Doping war, ist und wird immer ein Bestandteil des Sports sein." In den Ohren vieler Gäste der BLSV-Herbsttagung am Dienstagabend im Sparkassen-Casino klang dieser Satz beinahe schon resignierend. Doch diese - zugegeben bedrohlich anmutende - Einschätzung stammt von Clemens Prokop, einem der anerkanntesten Experten auf diesem Gebiet in Deutschland. Gar nicht resigniert hörte sich der Präsident des Deutschen Leichtathletik-Verbandes (DLV) dann aber an, als er auf den “Kampf gegen Doping" zu sprechen kam. “Hier sind wir einen entscheidenden Schritt vorangekommen. Heute wird nicht mehr so viel gedopt wie in der Vergangenheit", so seine Überzeugung.
Bereits in seiner Dissertation (“Die Grenzen der Dopingverbote") ging der Jurist Clemens Prokop dieser “Schattenseite des Sports" auf den Grund. Und siehe da, schon bei den ach so hehren Olympischen Spielen der Antike griffen die Athleten immer wieder zu - damals wohl noch nicht verbotenen - “anabolen" Mitteln, um sich für die Wettkämpfe zu stimulieren. Die Sprinter, so fand der Student Prokop bei seinen Recherchen heraus, schaufelten kiloweise Fleisch schneller Tiere in sich hinein, während die Schwimmer eher Riesenportionen Fisch bevorzugten.
Aus der Mitte des 19. Jahrhunderts sind laut Prokop die ersten Dopingfälle im modernen Sport bekannt. So sei im Radsport schon in den 1860er Jahren mit diversen stimulierenden Substanzen gearbeitet worden, was 1886 zum ersten Toten führte. Doch nicht nur im Radsport, der heute geradezu in einem Dopingsumpf zu versinken droht, tauchten im Laufe des 20. Jahrhunderts weitere spektakuläre Fälle auf. Die Entwicklung, die wohl in Ben Johnson, dem später disqualifizierten Sprint-Olympiasieger von 1984 in Seoul, ihren unrühmlichen Höhepunkt fand, erfasste neben der Leichtathletik auch den Fußball, Tennis oder den Pferdesport. “In den Statistiken der internationalen Anti-Doping-Kommission finden sich so gut wie alle Sportarten", verriet Prokop.
“Doping ist schon immer ein Problem des gesamten Sports", betonte der DLV-Präsident und warnte davor, allein den Radsport zu verteufeln.
Einschlägige, anonym durchgeführte Umfragen bewiesen, dass je nach Sportart zwischen 23 und 46 Prozent der deutschen Kaderathleten in ihrer Karriere schon einmal mit Doping in Kontakt gekommen sind.
“Doping ist so alt wie der Sport", lautete also die erste Arbeitshypothese des Experten, der er in seinem Vortrag vor über 60 Vereinsvertretern eine profunde Begriffsdefinition folgen ließ. Ein schwieriges Unterfangen selbst für den Experten, da allein schon die Wortbedeutung im Dunklen liegt. Der Jurist verwendete daher die Hilfskonstruktion der “schutzwürdigen Werte im Sport", die es zu erhalten gelte. Wenn es also um pädagogische Werte, Fairplay und nicht zuletzt die Gesundheit der Sportler geht, sind alle schädlichen oder wettbewerbsverzerrenden Stimulanzien tabu.
Drei Gründe nannte Prokop, die Sportler trotz kategorischer Verbote und schärfster Sanktionen immer wieder zu Dopingmitteln greifen lassen. Zum einen sei die moderne Trainingsmethodik so gut wie ausgereizt. Außerdem nähmen gerade verletzte oder ältere Sportler gerne irgendwelche Mittelchen ein. Und schließlich herrsche unter den Sportlern ein enormer Nachahmungsdruck, wie nicht zuletzt das Beispiel Radsport bewiesen habe.
Doch Doping, so Prokop, ist beileibe nicht allein ein Problem des Spitzensports. Immer mehr Otto-Normal-Sportler schwörten auf fragwürdige Mittel und Substanzen. Die besondere Gefahr dabei: Sie tuen das ohne ärtzliche Begleitung. Dass dieser Markt, auch mit meist nutzlosen und oft sogar gefährlichen Nahrungsergänzungsmitteln, boomt, beweist laut Prokop ein Blick ins Internet. Auf rund 15 Milliarden Euro wird der Online-Umsatz mit illegal gehandelten Dopingmittel heute geschätzt - Tendenz steigend.
Blieb Prokop für die Breitensportler nur der dringende Appell an die eigene Selbstverantwortung, fordert er im Hochleistungssport ein hartes Durchgreifen. Wichtigster Punkt auf seiner Agenda ist, aktives Doping endlich unter Strafe zu stellen. Hier sieht der Jurist eine eklatante Gesetzeslücke, denn Doping selbst ist im Gegensatz zur Verabreichung von bzw. Handel mit illegalen Substanzen in Deutschland nach wie vor nicht strafbar.
Selbst wenn Dpoing “auch in Zukunft ein ständiger Begleiter des Sports" sein wird, wie er es eingangs formuliert hatte, setzt Prokop neben aller notwendiger Repression und verbesserungswürdiger Kontrollen auf die Vernunft der Athleten. “Dies ist ein Kampf für die gesellschaftspolitischen Aufgaben und die Werte des Sports als ein Kulturgut. Daher müssen wir gerade junge Sportler davon überzeugen, so nicht zum Erfolg zu kommen."