Seltene Peiner Münzfunde von 1899 wieder aufgetaucht
Man schrieb das Jahr 1899, als ein Neubau auf dem kleinen Grundstück Am Markt 6 in Peine errichtet werden sollte. Der um 1955 schon verstorbene Bäcker Gustav Klusmann Senior erlebte die Baumaßnahme als kleiner Junge mit. Er berichtete darüber oftmals im Freundeskreis und auch seinem gleichnamigen Sohn, der ebenfalls 2014 schon verstorben ist.
Bei den Abrissarbeiten war 1899 eine aufregende Entdeckung gemacht worden. Als man im alten Keller-Bereich grub, wurden in einer Nische in Richtung der alten Peiner Vor-Burg nicht nur eine dicke Naturstein-Quader festgestellt, sondern auch unter einer starken Bohle ein bisher unbekannter Schacht. Im Erdreich dann fand sich die eigentliche Sensation: 2 Keramik-Töpfe, in einem davon ein umfangreicher Münzfund von wohl ehemals über 218 Brakteaten (einseitig geprägte Hohlpfennige) und einige Körtlinge (Kleinmünzen) aus dem 15. Jahrhundert bis in die Zeit kurz vor dem Ausbruch der Hildesheimer Stiftsfehde (1519). Diese Brakteaten wurden einst als Stapel „geschlagen“, dadurch schwankt die Qualität des Münzbildes bei gleichen Stücken sehr stark.
Aber nicht nur Erspartes aus gut 80 Jahren mit Prägungen aus vielen deutschen Städten war im Untergrund wohl aus Sorge um die akute Bedrohung vergraben worden, die Finder erblickten auch die Reste einer uralten hölzernen Uhr, die bei Berührung jedoch sofort zerfielen. Jahre später erst erfolgte die genaue Bestimmung der Münzen durch Experten in Braunschweig.
Der Schacht aber wurde mit Bauschutt verfüllt, lediglich die alte Außenmauer blieb (Foto aus dem alten Keller). Schon 1900 eröffnete die Traditionsbäckerei den Neubau, nunmehr mit Backofen im Keller. Als dieser nicht mehr abgenommen wurde, gab man das Geschäft auf und die kleine Eis-Diele Venezia wanderte in den Verkaufsraum. Aktuell ist dort nach einigen Zwischenstationen das trendige Geschäft „Edelweiß“ beheimatet.
Um 1955 wurde der Fund aufgeteilt. Über den Kreisheimatbund Peine gingen 75 Exemplare an die Stadt Peine und 78 an den Landkreis, der 15 davon in der Dauerausstellung im Peiner Kreismuseum zeigt. Etwa 100 Stücke aus Peines Untergrund verblieben aber im Familienbesitz einer Erbengemeinschaft Klusmanns. Einige dieser Exemplare wurden nun kürzlich von Angehörigen zur Auswertung zur Verfügung gestellt.
Stadt und Region Peine sind wegen der zahlreichen Silber-Münzfunde aus dem Mittelalter schon seit vielen Jahrzehnten ein Eldorado der Numismatiker. Allein 7,5 Kilo wiegt der Barrenfund aus der Stederdorfer-Straße, für den man damals einen 80 Morgen großen Hof hätte kaufen können. Untersuchungen des Archäologen Dr. Stefan Krabath (Landesamt für Archäologie, Dresden) ergaben die Silbergruben des Harzes als Ursprung der einstigen Zahlungsmittel aus dem mittelalterlichen Peine. Der vollständige Klusmann-Fund von 1899 hätte heutzutage immerhin einen „modernen“ Wert von fast 10 000 €!
Wieder so etwas interessantes.