Es war einmal eine Zeit . . . .
. . . . da gab es noch kein Radio und keinen Film. Nur die ersten Grammophone krächzten aus bunten Blechtrichtern.
Die Menschen aber hörten viel lieber dem Leierkastenmann zu. Damals hatten sie noch Zeit und freuten sich, wenn er auf der Straße oder hinten im Hofe seinen Leierkasten drehte. Zu uns kam er immer Mittwochs, das stand so fest wie das Teppich klopfen am Freitag.
Diese Teppiche klopften die Dienstmädchen, die heute Hausangestellte heißen. Sie kannten alle Lieder, die der Leierkastenmann spielte und noch viele mehr, und sie sangen auf dem Hof, in den Zimmern und vor allem in der Küche.
Die Erwachsenen machten sich lustig über diese Lieder, die viele Strophen hatten und meißt sehr traurig klangen. Wir Kinder aber hörten zu. Heimlich schlichen wir uns am Nachmittag in die aufgeräumte, große Küche, und mancher Vers überschwemmte unser Herz mit tiefem Mitgefühl.
Das ist nun lange her, und halb vergessen lagen Strophen und Melodien in der Erinnerung. Der Wunsch sie wiederzuhören führte dazu, diese Lieder zu sammeln. Manche von ihnen stammen noch aus der Goehtezeit. Fast zweihundert Jahre waren sie unterwegs und wanderten von Mund zu Mund.
Sie wurden umgedichtet, verloren Strophen oder bekamen neue dazu. Die Melodien wechselten und veränderten sich. Alle aber haben diesen unvergesslichen schmerzlichen und wehmütigen Ton.
Sie erklangen zum ersten Mal wieder im Bayrischen Rundfunk, und es trat etwas Erstaunliches ein : Diese Lieder waren nicht vergessen - im Gegenteil ! Von überall her kamen Briefe mit Noten und Texten, und wer die Melodien nicht aufzeichnen konnte, bot sich an sie im Studio vorzusingen. So wurden die Hörer an den Lautsprechern herzlich bedankte Mitarbeiter.
Ihnen und allen Liebhabern verklungener Poesien widme ich diese Sammlung der schönsten Lieder aus der Küche.
Hartmann Goertz , Ehrenwirth Verlag München , 1958
....wunderbar geschrieben.....habe noch nie gehört das in meinem Dorf mal ein Leierkastenmann kam und Musik machte.....ich singe sehr gern