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Wie Peine zum "Eulennest" wurde

Die Stadt Peine heißt seit uralter Zeit "Eulennest". Es soll hier erzählt werden, wie sie zu diesem Namen gekommen ist.
Als der Name der Grafschaft Peine zum ersten Male aus dem grauen Nebel der Frühzeit auftauchte, gab es noch keinen Ort, der den Namen Peine trug. Ob die Burg Peine bestand, wissen wir auch nicht! Von einem festen Schloss ist zwar im Zusammenhang mit dem Grafen Tammo, dem Nachfolger des Ölsburger Grafen Altmann, ums Jahr 1000 n. Chr. die Rede, ungewiß bleibt es jedoch, ob dieses feste Schloss mit der Burg Peine gleichzusetzen ist. Erst mit Berthold von "Pain" oder "Pagin" lesen wir 1130 zum ersten Male den Namen Peine in der älterenForm der Urkunden. Dieses Grafengeschlecht heißt im Gegensatz zu dem von Ölsburg das jüngere und hatte seinen Stammsitz vermutlich in Telgte.
Es war eine bewegte Zeit, als die jüngeren Grafen von Peine dieses schwere Amt übernahmen. Die mächtigen Grafen von Lauenrode hatten gerade die "kleine Grafschaft vor dem Nordwalde" in ihren Besitz gebracht. Die Grafschaft Peine hatte dadurch die fruchtbaren Gebiete westlich der Fuhse verloren. Die nach größerer Macht strebenden Herren von Meinersen rissen den nördlichen Teil um Edemissen, ehemals zum Gau Flutwidde gehörig, an sich und vereinigten ihn mit ihren Besitztümern.
Voller Schadenfreude sahen die feindlichen Nachbarn zu, wie die jüngeren Grafen von Peine ihre Herrschaft aufrichteten. Ihr Wohnsitz lag der Sicherheit wegen inmitten von Sumpf und Moor; es war die burg Peine. Die übermütigen Gegner nannten sie spöttisch das "Eulennest". Nach dem Verlust der gesegneten Gebiete im Südwesten und der Abtrennung der wildreichen Wälder im Norden waren die jüngeren Grafen die Reichtümer der Grafschaft los; das bot Anlass genug, ihrer Armut zu spotten!
Die Feindschaft zwischen Ludolf, dem letzten grafen von Peine, und dem Herzog Heinrich dem Löwen fügte der Grafschaft aufs neue schwersten Schaden zu. Im Jahre 1191 sank die Burg in Schutt und Asche nieder. Das Halbgericht Bettmar, östlich von Schmedenstedt und Lengede gelegen, fiel an Braunschweig. So verblieb nur noch ein kleiner Teil der ehemals so stolzen Grafschaft, nämlich die unmittelbar östlich der Fuhse liegenden Ortschaften, in der Hand der jüngeren Linie der Grafen von Peine. Bald darauf riss der Tod den Grafen Ludolf mitten aus der Aufbauarbeit heraus.
Gunzelin zog als neuer Burgherr ein (um 1200). Er baute die Burg stärker auf als vorher, fügte der Anlage neue Befestigungen hinzu, so den groben Günzel, einen gewältigen Turm, und begründete die Stadt Peine etwa 1223. Obwohl er ein neues Wappentier, den Wolf über zwei Garben, auf die Burg brachte, behielten Burg und Stadt den Namen: "Eulennest". Zu dem Spottnamen gesellte sich im Laufe der Zeit die Spottsage von der Eule zu Peine, die von Kirchhof 1563 aufgezeichnet wurde. Von ihm wissen wir auch, dass die Peiner Bürger den Namen nur ungern hörten, ja, dass ein Fremder, der ihn unvorsichtig gebrauchte, kaum ohne Schläge die Stadt verließ.
Der Name "Eulennest" sollte erst wieder in der Hildesheimer Stiftsfehde zu Ehren kommen. In diese Fehde zwischen dem Herzog von Braunschweig und dem Bischof von Hildesheim (1518-1523) wurde auch die Stadt Peine hineingezogen und hatte schwere Drangsale zu erleiden. Mehrere Belagerungen musste sie über sich ergehen lassen, dabei ging die Stadt in Flammen auf. Doch gelang es den Braunschweigern trotz vieler Angriffe nicht, die Burg einzunehmen. Schließlich versuchten sie es mit einer List. Auf einem vor Fremden sorgsam verheimlichten Pfade wurde eine verwegene Schar der Belagerer von Verrätern in der Dunkelheit durch Sumpf und Bruch herangeführt. Unbemerkt kamen die Männer bis an die Mauer heran. Sie richteten Leitern auf und begannen so, die bastion zu ersteigen. Das Glück war ihnen offenbar günstig, denn keiner der Wächter gewahrte das drohende Unheil. Doch plötzlich schraken die Wachposten und auch die Angreifer auf ihren Leitern zusammen, denn ein durchdringender, eigenartiger Schrei ertönte durch die Nacht. Es war der schnarchende Ruf einer Eule, die bei der gefährdeten Stelle in einem alten Geschützrohre brütete. Sie hatte die Geräusche von der Außenseite der Mauer vernommen und ihr Warngeschrei erschallen lassen. Die Wächter eilten nun herbei, um die Ursache der aufreizenden Eulenrufe zu erkunden. Dabei entdeckten sie die Feinde, die schon beinahe die Mauer erstiegen hatten. Gerade gelang es noch den sofort alamierten Burginsassen, von oben herab die Angreifer abzuwehren, die durch den laufenden Zuzug der Verteidiger zahlenmäßig bald sehr benachteiligt waren. Die kleine Angreiferschar mussten den mißglückten Überrumpelungsversuch aufgeben. Fluchend und kämpfend zog sie sich zurück!
Die Angreifer sagten, um ihren Mißerfolg zu entschuldigen:
"Da hatt ne Ule säten!"
Die Burgherren fügten nach der Stiftsfehde in das Haupttor der erneuerten Burg einen Gedenkstein mit lateinischer Inschrift, die in der Übersetzung so lautet:
"Der nächtliche Wächter von Peine hatte einst verteidigt die Mauern der peinischen Burg, wie das Gerücht geht. Wir setzen diesen Wächter wiederum an den Eingang der peinischen Burg. Hier sitzt zur nächtlichen Stunde die Eule.
Die Eule droht mit trotzigen Augen und gekrümmten Krallen. Eule, sei wachsam; dann bleibt unbesiegt die Burg!"
Der Bischof von Hildesheim bekundete als Landesherr seine Dankbarkeit durch Schenkung einer silbernen Eule. So ist die Eule das trutzige Sinnbild von Peine geworden.
In einer Erzählung über den Peiner Brand im Jahre 1519 hören wir die Sage von der Peiner Eule in einer anderen Form:
Es war im ersten Jahre der Hildesheimer Stiftsfehde an einem Sonnabend vor Pfingsten. Man schrieb das Jahr fünfzehnhundertneunzehn.
Südlich von Peine sah man den Schein brennender Dörfer: Hoheneggelsen, Groß Lafferde, Gadenstedt, Oberg und Münstedt waren in Flammen aufgegangen. Es war eben die zeit, von der der Chronist Oldekop sagt: "Man hat etliche Tage nichts als Rauch und Dampf wahrgenommen und ein fast klägliches Zetergeschrei gehört."
Das war gestern um die Mittagsstunde ein bewegtes Bild vor Peine gewesen, als die Tatern Krempel und Gerümpel zusammenrafften und in alle Winde davonstoben, weil die wilde Jagd der Braunschweiger heranbrauste und die Artillerie des Geschützhauptmannes Christoph von Eykenrot mit ihren Quartierschlangen und Pulverwagen den Sackpfeifenberg besetzte. Die ersten feurigen Grüße waren bald hinübergegangen, wenn auch zu kurz, und hatten in die Sandkuhle und in den Schwicheldtschen Garten eingeschlagen oder das schmutzige Wasser des Schafteiches gleich Fontänen hoch aufspritzen lassen.
Heute schoss man sicherer und heißte den Peinern hinter ihren dreifachen Wällen und Gräben tüchtig ein. Das Gröperntor bekam ein paar tüchtige Treffer.
In aller Herrgottsfrühe erhob am Sonntag ein Glöcklein zu Peine seine dünne Stimme. Es war, als hätten die braunschweiger nur darauf gewartet. Im Augenblick begannen vom Sackpfeifenberg her die Feldschlangen zu brüllen. Die braunschweigischen Stückkugeln schlugen in Stadt und Burg ein. Von der Burg her antworteten die Wallbüchsen. Brände flogen, Sturmleitern wurden vorgetragen, und das Krachen der Geschütze steigerte sich zu wahrem Höllenlärm. Die tapferen Peiner waren unermüdlich in ihrer Abwehr. Besonders schlimm ging es am Gröpern und vor dem Rosenthaler Tore zu. Zwei Stürme hatten die Peiner schon abgeschlagen. Aber von Stunde zu Stunde wuchs die Gefahr. Die schadhaften Mauern konnten in der Eile nicht ausgebessert werden. Zahllose Tote und Verwundete lagen in den Fachwerkhäusern, und man war sich klar, dass man einer erneuten Beschießung nicht mehr lange würde standhalten können.
Als der bischöfliche Burgherr Fritz von Oberg sah, dass die Stadt nicht länger gehalten werden konnte, gab er den Befehl, sie zu räumen, dann anzuzünden und in Asche zu legen. Nun wälzten sich die Peiner Einwohner in dichtem, gefahrvollem Gedränge in den Burghof hinein. Die Rückwärtsschauenden sahen beherzte Männer mit brennenden Fackeln und Pechkränzen, die sie auf Stangen trugen, durch die Straße eilen. Bald lohten die Flammen an allen Ecken auf. Wutgeheul der Belagerer mischte sich in das Prasseln der Brände. Fritz von Oberg und seine Hauptleute hatten alle Hände voll zu tun, den Hereinströmenden in der burg Plätze anzuweisen. Bruno von Bothmer hatte an Lebensmitteln zusammengerafft, was zu retten war. Hans von Ilten ließ die Stücke spielen, dass die Rohre glühten. So zog der Abend herauf. Der braunschweigische Belagerungsring legte sich eng um die Burg. Fritz von Oberg stand im Wehrgang der St.-Jacob-Bastion und lehnte schwer mit seiner Schulter gegen die Mauer. Es wurde still, fast friedvoll ruhig an diesem Maiabend. Der Landsknechtshauptmann Leonard von Bacharach ging vorüber, blieb stehen und reichte dem burgherren stumm die Hand. Dumpf donnerte noch ein später Gruß des Herren von Eykenrot herüber. Die Kugel schlug in den Turm, den sie den dicken Gunzel nannten. In dem Augenblich hörte man das Schnarchen der Eule, die auf ihrem Neste saß und brütete. Klar klang ihr Schnarchlaut durch die Nacht. Da drückte Fritz von Oberg die Hand des Waffenfreundes und sagte in seiner ruhigen Art: "Burg Peine was maket so feste, dat de Ule bleif sitten im Neste!"
Quelle: Landkreis Peine; Ein Heimatbuch

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5 Kommentare

. . . bei Zehn-Finger-blind ist das kein Problem . . .

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Ein sehr lesenswerter Beitrag! Er dürfte einen jeden aus Peine u. U. interessieren.

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