Der neue Kuhstall – wo unsere Milch herkommt
Wieso ruft eine Kuh auf dem Handy an?
Diese Frage stellte ich am Sonntag in unserer kleinen Kapelle vor dem Gottesdienst.
Ich war etwas früher dort um eine Glühlampe auszuwechseln. An diesem Sonntag hatte Nadine Lindenberg den freiwilligen Küsterdienst, den wir vom Kapellenvorstand aus durchführen.
Eine halbe Stunde vor Gottesdienstbeginn klingelte plötzlich ihr Handy. Ein Computer vom neuen Kuhstall hatte zunächst Gerold, ihren Mann versucht anzurufen. Da dieser aber nicht erreichbar war, ging die automatische Telefonkette weiter zu Nadine. Bei einer Kuh war etwas mit der Milch zu überprüfen und der Eimer, in den die Milch nun fließen sollte war nicht angeschlossen. So konnte die Kuh nicht gemolken werden, wurde wieder aus dem Computergesteuerten Melkstand herausgeschickt und ließ anrufen.
Seit fast zwei Wochen waren die Kühe vom „Alten“ in den „Neuen“ Kuhstall umgezogen. Das interessierte mich jetzt aber auch. Also meldete ich mich für einen Besuch an.
Radfahrer die den Wirtschaftsweg von Ruthe nach Koldingen oder umgekehrt fahren, haben den neuen Stall schon seit einem Jahr im Entstehen gesehen. Jetzt ist er fast fertig und die Kühe sind eingezogen. Alte Bäume soll man nicht umpflanzen, heißt es, die Kühe haben aber gerne mitgemacht. Ihnen gefällt der neue Stall und sie geben sogar mehr Milch als zuvor.
Soweit die Vorgeschichte.
Der neue Kuhstall ist im Moment das Modernste in Pattensen und Umgebung. Vorbild war ein ähnlicher Stall in Bad Gandersheim. Finanziell gefördert durch die EU sind alle Richtlinien in Bezug auf Mindestgröße der Boxen für Tierhaltung, maximale Tierzahl 75, Gülletank etc. voll umgesetzt worden. Zur Zeit geben 45 Kühe, die alle selbst in Koldingen geboren wurden ihre glückliche Milch ab.
Sie finden diese Zitzenstimulation mit kleinen Bürsten so toll, das sie öfter als der Computer zulässt gemolken werden wollen.
Der große Computer, ein System aus Holland, hat aber alles fest im Griff. Beim ersten Mal müssen die Daten jeder Kuh noch eingegeben werden und die Kuh bekommt eine Nummer. Ab diesem Zeitpunkt überprüft und überwacht das elektronische System alles. Die Milch wird überprüft bevor sie in den großen Tank kommt, zwischen den Melkzeiten müssen mindesten fünf Stunden liegen. Kommt eine Kuh zu früh, wird sie wieder herausgeschickt. Dieses Spiel machen die jungen Kühe gerne. Bei den alten Kühen muss zur Zeit nur bei drei Geschwistern nachgeholfen werden. So auch mit Kuh 26, die über 10 Stunden überfällig war. Vater Heinrich Lindenberg führte sie für mich extra auf den Melkstand, damit ich ein paar Fotos machen konnte.
Gleich danach kam der Milchwagen, der den Kuhsaft zur Molkerei nach Zeven bringt. In der Zeit des Abpumpens und eine halbe Stunde danach ist Melksperre, denn der Tank wird neu gereinigt.
Der Kuhstall wird auch gereinigt, und zwar von einem Roboter mit Spaltenreiniger. Da man den Kühen aber nicht zuviel technische Neuheiten aufzwingen will, wird diese erst nach einer Eingewöhnungszeit von 4 Wochen in Betrieb gesetzt. So lange muss das mit Kalk versehene Strohgemisch noch mit Handkraft wie in alten Zeiten entmistet werden.
Für die Wasserversorgung ist extra ein Brunnen mit 17 Meter Teufe gebohrt worden. Weil das Wasser aber zu hart ist, wird es speziell aufbereitet, damit es den Kühen auch schmeckt. Die Kuhgesundheit geht über alles. Deshalb waren die Jalousien der Stallwände auch hochgefahren um eine angenehme Raumtemperatur zu erzeugen.
Sollte beim Melken beim Überprüfen ein Problem mit der Mich sein, oder die Kälbermilch wird gemolken, so kommt diese in einen extra „Eimer“. Ist dieser aber nicht richtig angeschlossen, dann gibt es telefonischen Alarm.
So einfach ist das und besser Organisiert als jede Intensivstation im Krankenhaus, wo nur ein Alarm piept.
Steht eine Kuh trocken, nicht weil sie Durst hat, wird sie automatisch in einen anderen Stallbereich sortiert. So wird jede Kuh und jede Zitze statistisch erfasst und automatisch dokumentiert. Mit Datenfernübertragung hat Gerold Lindenberg alle Daten in seinem Büro auf dem Bauernhof. Hier hat er auch die Monitore der Kameras vor Augen, die per Video alles überwachen.
Im alten Stall sind jetzt nur noch die Kälber und Jungtiere. 20 tragende Kühe lassen auf guten Nachwuchs hoffen.
So ist Gerold gut gerüstet, wenn am 31. März 2015 die Milchquote abgeschafft wird und die Weltmarktpreise das Einkommen bestimmen.
Wie heißt der Werbespruch:“Die Milch macht´s“.
Man kann auf Vieles verzichten - man muss nicht zwingend mehr verdienen als man zum gesunden Leben und zum Erhalt des Betriebes benötigt. Wer mit Tieren arbeitet, sollte nicht allein an Profit denken. Ich weiß, ich lebe in einer heilen Traumwelt - daher ist bei uns Tierhaltung, Milch- und Eier"produktion" auch nur Hobby und keine Leistungsschau. Ich möchte nicht von der Milchviehhaltung leben müssen oder im Milchviehbetrieb arbeiten und den Mutterkühen die Kälber wegnehmen ....!!!