Rede des Kreistagsabgeordneten Klaus Richard Behling (BI Bad Lauterberg) auf der Kreistagssitzung vom 11.03.2013
Sehr geehrte Frau Vorsitzende, Liebe Kreistagskolleginnen und Kollegen, Liebe Mitbürger !
Meiner Auffassung nach wirft die Vorlage für den Kreistag Drucksache Nr. 147 und deren Anlage, doch noch einige Fragen und Ungereimtheiten auf, welche eine heutige Beschlussfassung eigentlich nicht zulässt bzw. möglich macht.
Welcher Geschäftsmann, welche Firma, welcher Kaufmann schließt einen Vertrag ab, wenn er die Vertragsbedingungen und deren Klauseln noch nicht kennt. Wir wollen diesen Fehler heute begehen. Aber nun einmal etwas detaillierter.
Das immer wieder als Grundlage genannte Hesse-Gutachten vom 30.05.2010 wird durch dessen eigene gutachterliche Feststellungen vom 28.09.2011 revidiert. Prof. Hesse trifft hier im Kern die Aussage, dass er im Ergebnis zunächst eine kleine Fusion, nämlich die von Osterode mit Northeim für sinnvoll erachtet. Eine bilaterale Fusion mit Göttingen favorisiert er in diesem neueren Gutachten nicht. Er kommt also zu einer ganz anderen Einschätzung und Bewertung. Auch hinsichtlich der immer erwähnten 77 Millionen Euro Entschuldungshilfe muss weiterhin festgestellt werden, dass, wie die Vorlage ja selbst zum Ausdruck bringt, siehe Seite 4 letzter Absatz, noch weitere Gespräche in Hannover ausstehen, um festzustellen, wie hoch die erhoffte Entschuldungshilfe denn wirklich ausfallen wird. Das ist doch noch völlig offen. Möglicherweise wird sich dieser erhoffte Betrag noch erheblich abschmelzen. Auch wenn der Göttinger Verwaltungschef hier weitere Gespräche führen wird. Auch die Rechtsbeziehungen der Stadt Göttingen zum Landkreis Göttingen lassen noch weitere Fragen zu. Sind diese abschließend und rechtsverbindlich geklärt ? Oder gibt es auch da noch Unstimmigkeiten. Wenn ja, ist auch aus diesem Grund eine heutige Beschlussfassung zu verfrüht, wenn zu befürchten ist, dass sich für den Landkreis Osterode daraus weitere Nachteile entwickeln könnten. Dies ist zu befürchten. Auch in der paritätischen Verteilung der politischen Kräfte zueinander wird durch den in Vorlage genannten Verteilerschlüssel 1 : 2 suggeriert, dass eine faire Gleichbehandlung stattfinden wird. Nein, dass ist ein David und Goliath-Verhältnis, bei welchen man sich eben nicht, und noch nicht einmal annähernd, auf Augenhöhe befindet. Was hat den hier auf Augenhöhe stattgefunden ? Auf jeden Fall nicht die Verhandlungen mit Göttingen. Ganz im Gegenteil zur nunmehr politisch nicht mehr gewollten, ja unnötig abgeschnittenen Verhandlungsbasis mit Goslar. Hier hätte sich das paritätische Zusammenspiel in einem Verhältnis 60 zu 40 befunden. Die genannte Augenhöhe also vielmehr erreichen können. Im Verhältnis zu Göttingen befinden wir uns mathematisch in einem Verteilerschlüssel von 66,6 zu 33,3. Künftig noch die Interessen der Menschen unserer Region im Auge zu behalten wird bei einem solchen Verhältnis sicherlich schwierig oder gar unmöglich. Insbesondere für die politisch gewählten Vertreter unseres Landkreises. Und hier komme ich zum Wesentlichen. Nämlich die Menschen und Bürgerinnen und Bürger unseres Landkreises Osterode am Harz. Die werden nämlich gar nicht erst befragt, obwohl nicht nur die neue Landesregierung, sondern auch unsere Fraktion der Grünen, im Kreistag Osterode, vor Kurzem festgestellt hat, sich auch eine Bürgerbefragung in der bilateralen Fusion mit Göttingen vorstellen zu können. Wo ist das Ergebnis ? Tatsache ist und bleibt: Die Menschen werden nicht beteiligt. Und dies obwohl die Tendenzen völlig klar sind. Der Bürgerentscheid hat diese nämlich richtungsweisend und deutlich herauskristallisiert.
Mehrheit favorisiert eine Harzlösung!
Die Mehrheit der Bevölkerung des Landkreises Osterode favorisiert eine gemeinsame Harzlösung in der Bildung künftiger Verwaltungsstrukturen. Die Menschen, also letztendlich auch der Wähler, weiß nämlich was auf ihn zukommt. Und es steht ja auch in der Anlage zu dieser Vorlage. Zum Beispiel: „Die örtlichen Bildungseinrichtungen sind zeitgerechten Strukturen anzupassen“ Was bedeutet denn diese verklausulierte Formel für den Schulstandort Osterode. Die Zukunft dürfte doch klar sein. Die vorzeitige und zunächst nicht zwingend vorgeschriebene Schließung der Förderschule in Bad Lauterberg zeigt hier nur die ersten Tendenzen.
Und: Der neue Landkreis heißt Göttingen. Warum denn eigentlich das ? Die Anlage 1 zur Kreistagsdrucksache 147 spricht doch von der Anerkennung und Bewahrung der gewachsenen Identitäten und Strukturen. An dem neuen Landkreisnamen, welcher bereits als Ansatz keine weiteren Möglichkeiten zulässt, lässt sich diese schön formulierte Feststellung jedoch nicht erkennen.
Katze im Sack??
Gut, kaufen wir die Katze im Sack, ja nicht nur im Sack, sondern im zugezogenen Sack. Selbst Befürwortern der bilateralen Kreisfusion mit Göttingen dürfte doch aufgefallen sein, dass hier noch wichtige Gespräche zu führen sind. In Göttingen, wie in Hannover. Hier kann man selbst bei heutiger Beschlussfassung die Verantwortlichen nur Auffordern weiterhin am Ball zu bleiben und die Interessen unserer Bevölkerung, nämlich der Menschen die noch im Gebiet des sinkenden Landkreises Osterode am Harz leben, im Fokus zu behalten und entsprechende Nachbesserungen zu erreichen.. Ich persönlich stehe nach wie vor zu meiner Einschätzung und meiner Meinung und sehe auch in einer bilateralen Fusion mit Göttingen, langfristig, nicht die erhofften Ziele aufgehen. Nach der Fusion wird dann Vieles auf den erneuten Prüfstand gebracht werden. Die heute formulierten Vorstellungen, Ziele und Wünsche werden, zumindest teilweise, in Rauch aufgehen. Papier ist geduldig. Auch die Kreistagsdrucksache Nr. 147 und deren Anlage. Danke.
Foto: Archiv Bernd Jackisch