BI Für Osterode e.V. begrüßt Til Schweigers Engagement für Flüchtlingsheim
Mehr Transparenz und Information zu Erstaufnahmeeinrichtung gefordert
„Til Schweiger ist ein begnadeter Schauspieler und sein Engagement für Flüchtlinge beispielhaft. Aber beim Betrieb einer Erstaufnahmeeinrichtung für Flüchtlinge hat er ebensowenig Erfahrung wie Princess of Finkenwerder“, so Bernd Hausmann von der Bürgerinitiative „Für Osterode“ e.V. (BI).
Leider ist es der BI trotz mehrfacher Gesprächsangebote noch nicht gelungen, Kontakt zu Wolfgang Koch von der Princess of Finkenwerder GmbH & Co. KG oder zu Til Schweiger selbst aufzunehmen. „Wir hoffen weiter auf einen konstruktiven Dialog und sind gesprächsbereit“, so Klaus-Richard Behling von der BI, „und setzen uns derweil intensiv mit generellen Herausforderungen der Flüchtlingsunterbringung auseinander, die auch für das Osteroder Projekt von großer Wichtigkeit sind.“
Sorge über geplante Absenkung gesetzlicher Mindeststandards bei der Errichtung von Flüchtlingsunterkünften
Eine zentrale Forderung des Vereins Pro Asyl ist, dass „die Kontrolle der Unterkünfte bezüglich der Einhaltung bau-, gesundheits-, brand- und unfallrechtlicher Vorschriften verstärkt werden muss.“
„Gerade vor diesem Hintergrund erscheinen die in den Medien geäußerten Pläne von Innenminister Boris Pistorius, bau- und vergaberechtliche Vorschriften für
Flüchtlingseinrichtungen außer Kraft zu setzen oder zu entschärfen, alles andere als zielführend“, so Bernd Hausmann von der BI. Pistorius hatte erklärt: "Ich bin gerade dabei, eine Liste mit Bundes- und Landesgesetzen vorzubereiten, die uns bei der Bewältigung dieser Herausforderung behindern oder zu viel Zeit kosten" Dazu zählten das Vergaberecht, Vorschriften für die energetische Sanierung von Bestandsgebäuden und das Baurecht - all die "Auflagen also, die man erfüllen muss, um ein bestehendes Gebäude neu zu nutzen".
Wohnungsunterbringung besser als Gemeinschaftsunterkünfte
Pro Asyl kritisiert, dass die Unterbringung in Gemeinschaftsunterkünften die schlechtere Variante gegenüber der Unterbringung in Einzelwohnungen darstelle. Daher sollte sie so kurz wie möglich gehalten werden. Zu vermeiden seien - so wörtlich - Gemeinschaftsunterkünfte mit Kasernencharakter in abgelegener, isolierter Lage, die eine Gewährleistung der Privatsphäre der einzelnen aufgrund beengter Mehrbettzimmer nicht zulassen.“ In Osterode ist erheblicher Wohnungsleerstand zu verzeichnen. Ein innovatives dezentrales Betreuungs- und Unterstützungsmodell von Wohngruppen wäre daher möglicherweise eine viel sinnvollere Variante für die geplante Flüchtlingseinrichtung und würde eine menschenwürdigere Unterkunft der Menschen ermöglichen.
Dabei ist das Konzept nicht neu: Städte wie Mülheim und Leverkusen bringen Flüchtlinge nicht in umgewidmeten Baumärkten oder Kasernen, sondern in leerstehenden Wohnungen unter. Schon Anfang der 2000er Jahre stellte Leverkusen um: So schnell und so viele Menschen wie möglich werden nach einem ausgeklügelten Konzept in Privatwohnungen untergebracht. Nach Angaben von
Stadt, Caritas und Flüchtlingsrat spare das Geld. Grundsätzlich habe in vielen Bundesländern ein Umdenken in Richtung schnelle Unterbringung in Wohnungen eingesetzt, sagt die Geschäftsführerin des NRW-Flüchtlingsrats, Birgit Naujoks. Vielleicht ließe sich ein solches innovatives Konzept auch bei einer Erstaufnahmeeinrichtung umsetzen, dann müssten die Kasernengebäude nach einer Übergangszeit nur noch für die Kurzzeitunterbringung im Bedarfsfall genutzt werden und stünden überwiegend für Ausbildung und Begegnung zur Verfügung.
Transparenz bei privaten Betreibern? Fehlanzeige!
Zur Transparenz bei privaten Betreibern findet Pro Asyl klare Worte: „Es ist ein nicht hinnehmbarer Missstand, dass die Verpflichtungen von Unterkunftsbetreibern im Verhältnis zu den
Untergebrachten sowie die Anforderungen, denen Unterkunftsbetreiber unterliegen, nicht transparent sind. Die Gebietskörperschaften berufen sich hier oft darauf, dass bezüglich der mit den privatrechtlichen Betreibern geschlossenen Verträge Vertraulichkeit vereinbart bzw. zu wahren sei. Bei konkreten Beschwerden werden Untergebrachte von der Gebietskörperschaft auf den Betreiber und umgekehrt verwiesen, ohne dass es ihnen möglich ist, in der Praxis festzustellen, wer für die
konkrete Erbringung einer Leistung im Alltag bzw. für deren Überprüfung konkret zuständig ist.“
Bei der Informationsveranstaltung zur Erstaufnahmeeinrichtung in der Osteroder Stadthalle wurde deutlich, dass weder Innenministerium noch Princess of Finkenwerder als geplanter Betreiber zur Veröffentlichung von Details der geplanten Zusammenarbeit bereit sind. „Wir erhoffen uns, dass durch die Kooperation mit Herrn Schweiger nun endlich die umfassende Offenheit und Transparenz geschaffen wird, die notwendig ist, um das Vertrauen der Bevölkerung in den Betreiber Princess of Finkenwerder zurückzugewinnen“, so Jon Döring von der BI.
Mindeststandards fehlen oft
In Niedersachsen wurden laut Pro Asyl die Mindeststandards für Flüchtlingsunterkünfte schon in der Legislaturperiode 1994 bis 1998 abgeschafft, damit die Kommunen sich aus Verträgen mit privaten Betreiberfirmen lösen und Kosten einsparen konnten. Außerdem wurde die Zuständigkeit
und Verantwortlichkeit für die Unterbringung von Flüchtlingen ganz auf die Kommunen übertragen, die teilweise Mindeststandards einführten, wie beispielsweise Hannover (2011) oder Osnabrück
(2013). Aber auch dort, wo es Mindeststandards gibt, helfen diese oft nicht:
Pro Asyl kommt zu dem Schluss, dass Mindeststandards mit nur empfehlenden Charakter von Aufsichtsbehörden nicht durchgesetzt werden können. Allein dort, wo Instrumente wie Vertragsstrafen oder Erstattungskürzungen und ein regelmäßiges Monitoring zur Verfügung stehen, können die Vorschriften zu Mindeststandards zur Verbesserung der Bedingungen beitragen. „Es
mangelt jedoch aktuell nicht nur an einem ausreichenden Dialog von Innenministerium und geplantem Betreiber der Erstaufnahmeeinrichtung mit Bürgerinnen und Bürgern in Osterode, sondern insbesondere an Transparenz, was die geplanten Rahmenbedingungen angeht. So bleibt eine erhebliche Grauzone, wie viel Geld tatsächlich bei den Flüchtlingen ankommen würde“, sagt Markus Lau von der BI.
„Wir erleben zurzeit, dass vielerorts Notlösungen gesucht werden. Diese Notlösungen, die – mit oder ohne Bedauern der örtlich Verantwortlichen – fast unvermeidbar auf schnell aus dem Boden
gestampfte Massenunterbringungen hinauszulaufen scheinen, sind weder in menschenrechtlicher Perspektive vertretbar noch in ökonomischer Hinsicht langfristig vernünftig. Die Debatte darüber, ob die Requirierung von Kasernen zur Unterbringung der Aufstellung von Zelten vorzuziehen ist, mag für manch einen Untergebrachten der Unterschied ums Ganze sein. Dennoch bleibt sie bis lang dem Provisorischen verhaftet.“ erklärt Bernd Mesovic in einem Thesenpapier von Pro Asyl. Dem hat auch die BI „Für Osterode“ e.V. nichts hinzuzufügen.
Lesen Sie auch die Stellungnahme der BI „Für Osterode“ e.V. zur geplanten Erstaufnahmeeinrichtung unter:
http://www.für-osterode.de/artikel/bi-%E2%80%9Ef%C... %C3%9Fert-erhebliche-bedenken-zur-betreiberauswahl-f%C3%BCr-erstaufnahmestelle
(Quelle zu Pro Asyl: http://www.proasyl.de/fileadmin/fm-dam/NEWS/2014/L...
(C) BI „Für Osterode“ e.V. 08.08.2015 ´
Kontakt: Bernd Hausmann, Tel. (0 53 27) 46 03
www.für-osterode.de