Wenn das fremde Land zur Heimat wird * Mehmet Ali Zaimoglus Lebenserinnerungen beim Fest der Kulturen in Mühlheim am Main
Vor Kurzem hielt er den Erstdruck seiner mit Ernst und Humor geschriebenen Lebenserinnerungen in den Händen: "Wenn das fremde Land zur Heimat wird", lautet der Titel. Literarisch wertvoll schildert der über 70-jährige Offenbacher Autor Mehmet Ali Zaimoglu das Deutschland der Nachkriegsjahre, in das er als einer der ersten 500 türkischen Gastarbeiter kam.
Sein erster Übersetzer war Hüsamettin Eryilmaz, der hauptberuflich als
Migrationsberater des Polizeipräsidiums Südosthessen tätig ist und ehrenamtlich als Vorstand des deutsch-türkischen Forums und Geschäftsführer des Ausländerbeirates der Stadt Mühlheim aktiv ist. Bis zum jetzigen Zeitpunkt setzte er sich dafür ein, dass Ali Mehmet Zaimoglus anspruchsvoll geschriebene Lebenserinnerungen nun auch als deutschsprachiges Buch vorliegen.
Nun war er von den Organisatoren des Mühlheimer Festes der Kulturen eingeladen, am vergangenen Sonntagnachmittag seinen immer noch druckfrischen Band den interessierten Festbesucherinnen und Besuchern vorzustellen.
Die Atmosphäre im Innenhof des Rathauses war getragen von angeregten Gesprächen, Musik und Tanz. Köstliche Länderspezialitäten wurden von den vielen Nationen angeboten, die in Mühlheim am Main im guten und engen Austausch miteinander leben.
Organisiert wurde das Fest von dem seit 39 Jahren tätigen Ausländerbeirat der Stadt Mühlheim. Als verantwortlicher Organisator und Geschäftsführer des Ausländerbeirates eröffnete Hüsamettin Eryilmaz, Vorstand des deutsch-türkischen Forums Stadt und Kreis Offenbach, -zusammen mit Bürgermeister Daniel Tybussek-, die von Mühlheimer Bürgerinnen und Bürgern gut besuchte Veranstaltung. Immer wieder erkundigte er sich auch bei Ali Mehmet Zaimoglu, wie sich die Gespräche mit den Interessierten entwickeln.
Beim Lesen und auch im Gespräch mit dem Autor gibt es immer wieder Überraschungen: Offenbar waren die ersten Jahre der Ankunft der vielen mittlerweile in Deutschland lebenden und arbeitenden Nationen zunächst von größerer Gastfreundschaft und gegenseitigem Interesse geprägt als das die jüngere Generation aus den vergangenen Jahrzehnten in Erinnerung haben kann. Herr Zaimoglu hat zu Beginn der 60-er Jahre z.B. die Erfahrung gemacht, dass Deutsche durchaus auch Verständnis und Respekt den von ihm mitgebrachten kulturellen Gepflogenheiten entgegenbrachten.
Wer Mehmet Ali Zaimoglus Buch liest fragt sich, warum wir eigentlich heute in einer partiellen Parallelgesellschaft leben?
Zaimoglu persönlich ist es ein überaus großes Anliegen die in Deutschland noch offenen Fragen hinsichtlich des Zusammenlebens der Kulturen und der Gestaltung der gesellschaftlichen Herausforderungen, insbesondere im Bereich Bildung, zu lösen.
Am Abend des Festes der Kulturen in Mühlheim wirkte Mehmet Ali Zaimoglu beinahe etwas überrascht: Er hatte alle mitgebrachten Exemplare signiert und verkauft!
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Ein persönlicher Nachsatz von meiner Seite:
Herr Zaimoglu ist nahezu vom ersten Tag an einer der engagiertesten Unterstützer von Lecture_Offenbach. Nach dem ersten Stiftung Lesen zertifizierten Lesepatenworkshop mit Christine Kranz in Offenbach am Main im August 2009 gestaltete er mit uns zusammen die erste deutsch-türkische Kinderbuchlesung in einer Offenbacher KiTa vor (Schlosskirchengemeinde), trug im Büsing-Palais seine Texte vor und leiht mir als Initiatorin für alle meine Fragen immer wieder sein offenes Ohr. Dafür bin ich ihm als deutschstämmig zugezogene Neuoffenbacherin auf besondere Art und Weise verbunden.
Als ich vor Kurzem seinen Band „Wenn das fremde Land zur Heimat wird“ zum
ersten Mal aufschlug, war ich besonders bewegt:
Mehmet Ali Zaimoglu hat der Auftaktveranstaltung von Lecture_Offenbach am 10. Mai 2009 ein eigenes Kapitel gewidmet und es in seine seit 2004 auf türkisch vorliegenden Erinnerungen eingearbeitet. Für die Illustration besorgte er eigens ein Bild des Büsing-Palais aus dem Archiv des Haus der Stadtgeschichte.
Schön, dass dieses besondere Buch eines türkischstämmigen Zeitzeuge, der den nachfolgenden Generationen lebendig zu berichten versteht, vorliegt! Schön auch, dass - wie beim Fest der Kulturen zu erleben war – es bei vielen Interessierten auf so reges Interesse stößt.
Herrn Zaimoglu wünsche ich viele, viele Lesungen und gute Gespräche.