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Blick nach Nordendorf
Interview mit dem Ersten Bürgermeister Tobias Kunz

  • Erster Bürgermeister der Verwaltungsgemeinschaft Nordendorf, Tobias Kunz
  • Foto: Eva Huber
  • hochgeladen von Florian Handl

In der Oktober-Ausgabe des meitingers werfen wir einen Blick nach Nordendorf. Nordendorf liegt im schwäbischen Landkreis Augsburg und ist Sitz der gleichnamigen Verwaltungsgemeinschaft. Der Ortsname Nordendorf ist fränkischen Ursprungs; Hinweise auf eine alamannische Vorläufersiedlung aus der Zeit um die Mitte des 6. Jahrhunderts brachte die Freilegung eines Reihengräberfelds mit 433 Gräbern anlässlich des Baues der Bahnlinie Augsburg-Donauwörth im Jahr 1844. Damit zählte die Stätte zu den wichtigsten Fundstellen des Frühmittelalters im schwäbisch-bayerischen Raum. Der heutige Name ist 1213 zum ersten Mal urkundlich erwähnt. Grundherren waren zunächst die Herren von Donnsberg, Truchsesse der Augsburger Bischöfe, die westlich von Nordendorf auf dem Donnsberg ihre Burg hatten. Um 1268 zerstörten die Wittelsbacher die Burg Donnsberg und Nordendorf kam in deren Besitz. 1560 wurde mitten im Dorf ein neues Schloss erbaut, das 1862 abgebrannt ist. Das heutige Schloss im Ortskern von Nordendorf ist nur der Rest der einst wesentlich größeren Schlossanlage einer Nebenlinie der Fugger, die 1580 den Besitz Nordendorf erworben hatte und bis 1878 hier lebte.

Nach dem Zweiten Weltkrieg entwickelte sich Nordendorf von einem landwirtschaftlich geprägten Dorf zu einer attraktiven Wohngemeinde mit einem interessanten Umland zwischen Schmutter und Lech und dem Naherholungsgebiet „Augsburg westliche Wälder“. Wir sprachen mit dem Ersten Bürgermeister Tobias Kunz darüber was seine Gemeinde so attraktiv macht und welche Themen die Menschen in Nordendorf aktuell bewegen.

myheimat: Im Heimatcheck der Augsburger Allgemeine bekam Nordendorf gute Noten. Was ist für Sie Heimat und was macht Nordendorf so besonders?
Erster Bürgermeister Tobias Kunz: Die guten Noten kommen nicht von ungefähr. Jahrzehntelange Arbeit verschiedenster Verantwortungsträger hat unsere Gemeinde zu dem gemacht was sie jetzt ist. Die Arbeit in den Vereinen, die Gemeinschaft in Kita und Schule – es sind diejenigen, die Verantwortung übernehmen, sich engagieren und einen Heimatort gestalten.
Die Vorsitzende des Gartenbauvereins, die einen Handwerkermarkt aus dem Boden stampft, der überregional Beachtung findet, ist ein Teil dessen, was Heimat bei uns ausmacht. Das sind die Musiker und Theaterspieler, die unseren Ort kulturell bereichern. Das sind die Ärztinnen und Ärzte, die mehr als nur eine Grundversorgung anbieten, sondern für die Menschen da sind. Nicht zu vergessen, das Team der Kita samt Elternbeirat, die jedes Jahr einen Kinderflohmarkt organisieren. Und es sind die Rentnerinnen und Rentner, die sich ohne schlechtes Gewissen auf die faule Haut legen könnten, sich jedoch im Ruhestand für ihren Verein engagieren, damit er eine Zukunft hat.
Natürlich gibt es auch diejenigen, die sich – meist natürlich zu Unrecht – nur beschweren und meckern. Die sind bei uns zum Glück nicht ortsbildprägend.

Es wird viel investiert
myheimat: Mit Investitionen in das Kanalnetz und in die Sanierung des Schulsportplatzes hat die Gemeinde große Projekte vor. In welchem Zeitraum sollen diese umgesetzt und wie finanziert werden?
Bürgermeister Kunz: Sie sprechen zwei Themen an, die tatsächlich wichtig und dringend sind.

Wir müssen einmal dafür Sorge tragen, dass unser Kanalnetz dicht ist. Es sollte kein Abwasser entweichen und kein Fremdwasser in die Leitungen gelangen. Hierfür wurde bereits eine aufwendige Untersuchung durchgeführt, die uns zeigt, dass unser Kanalnetz in einem sehr guten Zustand ist, jedoch vereinzelt Maßnahmen getroffen werden müssen. Für Nordendorf und Blankenburg bedeutet dies eine Investition, die auf rund 270.000 Euro zuzüglich der Planung geschätzt wird. Wir haben uns nun für ein Ingenieurbüro entschieden, dass uns in der Umsetzung der erforderlichen Maßnahmen begleitet. Umsetzungszeitraum ist das Jahr 2024, die Sanierungskosten werden langfristig über die Gebühren finanziert werden müssen.

Der Schulsportplatz an der Grundschule wurde Anfang der 1990er Jahre errichtet und hat einen Zustand erreicht, in dem er dringend saniert werden muss. Im Gemeinderat haben wir es uns nicht einfach gemacht und viele Planungsentwürfe diskutiert, neue Planer hinzugezogen und das Gesamtprojekt in Bauabschnitte aufgeteilt, um von mehreren Fördertöpfen partizipieren zu können. Baubeginn für Bauabschnitt 1 ist im Oktober 2023: Allwetterplatz, Laufbahn und Rasenspielfeld entstehen im nördlichen Teil des Areals. Wir haben zusammen mit unserem Planer darauf geachtet, dass die Kinder zudem eine gewissen Aufenthaltsqualität genießen können. Die Investitionskosten belaufen sind auf ca. 730.000 Euro zuzüglich der Planung, wobei wir mit einer Pauschalförderung des Freistaates von 213.000 Euro rechnen. Ein zweiter Bauabschnitt, eine öffentliche Freizeitanlage, entsteht im südlichen Teil des Areals zu einem späteren Zeitpunkt.

Projekt "Nordendorf Vital"
myheimat: Welche weiteren Projekte sind derzeit geplant oder bereits in der Umsetzung?
Bürgermeister Kunz: An Arbeit und Aufgaben mangelt es nicht. Das liegt natürlich auch daran, dass wir im Gemeinderat Themen vorliegen haben, die für unsere Gemeinde essentiell sind. Die Planung eines Nahwärmenetzes auf Basis erneuerbarer Energien laufen auf Hochtouren. Wir hoffen, dass wir bald mit konkreten Informationen auf die Bürgerinnen und Bürger zugehen können.
Ebenso wichtig für uns ist die Sicherung unserer guten Ärzteversorgung. Die Aufgabe, Ärzte für unser Projekt „Nordendorf Vital“ zu finden ist eine der schwierigsten Aufgaben, die man ich als kommunaler Verantwortungsträger auferlegen kann. Aber wir wollen nicht zuschauen, sondern aktiv neue Ärztinnen und Ärzte für uns gewinnen.

Der Hochwasserschutz für die Gemeinde zeigt Fortschritte. Das Wasserwirtschaftsamt als Maßnahmenträger hat nun ein Planungsbüro beauftragt. Sobald erste Planungen vorliegen, können wir mit konkreten Informationen auf Anlieger, Grundstückseigentümer und die Bürgerinnen und Bürger zukommen.

Für die Feuerwehr ist die Ersatzbeschaffung eines Feuerwehrfahrzeugs geplant. Das nun 46 Jahre alte LF8 soll durch ein TLF3000 ersetzt werden. Die Planung mit einem Fachbüro läuft, anschließend erfolgt die Ausschreibung und die Beauftragung. Mit einer Lieferung des ca. 500.000 Euro teuren Fahrzeugs rechnen wir 2025 oder 2026.

Das Gewerbegebiet ist fertig erschlossen und die Arbeiten für einen neuen Vollsortimenter laufen bereits. Im Oktober sollen die Arbeiten am Rohbau beginnen. Weitere Käufer stehen schon in den Startlöchern.

Digitalisierung: "Wir haben viel geschafft, sind aber noch nicht da wo wir sein wollen"
myheimat: Wie kommt die Gemeinde bei der Digitalisierung voran? Was ist der aktuelle Stand und welche Ziele sind geplant?
Bürgermeister Kunz: Ob in der Grundschule, in der Kita oder in der Verwaltung. Überall sind deutliche Fortschritte in der Digitalisierung zu spüren. Kita und Schule kommunizieren via App mit Eltern, die Infrastruktur in unseren Gruppen- und Klassenräumen sind auf dem aktuellen Stand und in der Schule lernen die Kinder den verantwortungsvollen Umgang mit all dieser Technik – zum Beispiel mit Tablets.
Die Digitalisierung macht aber auch in den internen Abläufen und der Verwaltung Fortschritte. Rechnungen werden digital gezeichnet, Sitzungsvorbereitungen erfolgen vernetzt, Videokonferenzen gehören zum Alltag und auch die Angebote im digitalen Bürgerservice werden stets erweitert. Wir sind noch nicht da wo wir sein sollten und sein wollen, aber es bewegt sich etwas.
Auch die digitale Infrastruktur macht Fortschritte, auch wenn das sehr zähe Vorgänge sind: Grundschule und Rathaus haben nun ihren Glasfaseranschluss. Die Telekom erschließt in den nächsten Jahren einen großen Teil der Gemeinde eigenwirtschaftlich mit Glasfaser und die Gemeinde bemüht sich schon wieder um das nächste Förderprogramm, mit dem auch die sogenannten „grauen Flecken“ mit Anschlüssen bedacht werden.

Wir sind oft schneller als die in Berlin
myheimat: Die Energiewende und die Wärmeplanung sind weitere Zukunftsfelder, wie sehen Sie Ihre Gemeinde in diesen Bereichen aufgestellt?
Bürgermeister Kunz: Die Gemeinde ist schon seit vielen Jahren darauf bedacht, die Energiewende aktiv mitzugestalten. Nordendorf war vor vielen Jahren eine der ersten Gemeinden mit LED-Beleuchtung auf den Straßen und Photovoltaikpark vor der Haustüre. Wir haben aber auch in den letzten drei Jahren aufs Gas gedrückt und waren dabei oft schneller als die Vorgaben aus Berlin: Es kommen Photovoltaikanlagen auf alle gemeindlichen Dächer zum Eigenverbrauch, ein Nahwärmenetz auf Basis erneuerbarer Energien, eine neue Dämmung für das Schuldach, und vieles mehr. Damit sind sicherlich noch nicht alle Aufgaben erledigt, aber große Schritte gemacht.

myheimat: Welche Herausforderungen sehen Sie auf die Gemeinde zukommen?
Bürgermeister Kunz: Wir sind dieses Jahr in die Städtebauförderung eingestiegen und erarbeiten gerade unser Entwicklungskonzept. Es soll die Grundlage für unsere Arbeit der nächsten zehn bis 15 Jahre auf wichtigen Entwicklungsfeldern der Gemeinde sein: Innenortsentwicklung, Mobilitätsknotenpunkt Bahnhof, Ortsgestaltung, Vermeidung von Leerstand, Förderung der Naherholung, und so weiter.
Zudem stehen weitere Investitionen ins Schulhaus und Überlegungen zur Turnhalle an. Ab dem Jahr 2026 besteht ein stufenweiser Anspruch auf Ganztagesbetreuung in der Grundschule. Wir werden verpflichtet, eine kommunale Wärmeplanung aufzusetzen. Und gemeinsam mit den umliegenden Gemeinden stehen große Anstrengungen und Investitionen in die Wasserversorgung und Abwasserentsorgung an.

  • Erster Bürgermeister der Verwaltungsgemeinschaft Nordendorf, Tobias Kunz
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  • Luftaufnahme
  • Foto: Ingo Bäuerlein
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