myheimat.de setzt auf dieser Seite ggf. Cookies, um Ihren Besuch noch angenehmer zu gestalten. Mit der Nutzung der AMP-Seite stimmen Sie der Verwendung von notwendigen und funktionalen Cookies gemäß unserer Richtlinie zu. Sie befinden sich auf einer sogenannten AMP-Seite von myheimat.de, die für Mobilgeräte optimiert ist und möglicherweise nicht von unseren Servern, sondern direkt aus dem Zwischenspeicher von Drittanbietern, wie z.B. Google ausgeliefert wird. Bei Aufrufen aus dem Zwischenspeicher von Drittanbietern haben wir keinen Einfluss auf die Datenverarbeitung durch diese.

Weitere Informationen

Es war einmal . . .

vor langer, langer Zeit. Ihr Haar war weiß und hochgesteckt. Die Haut war faltenlos und roch nach „Marylan“. Rund war sie, gemütlich und kuschelig. Kleider, sie trug immer Kleider, und in der Mitte, in der Taille war sie geschmückt mit einem Gürtel - und darunter trug sie einen selbstgestrickten Unterrock.

Ja und Hüte, Hüte groß wie Wagenräder. Egal ob Samstag, Sonntag oder Montag, sie ging nicht ohne Hut. Eine riesige, lange Nadel steckte sie durch den eleganten Hut und ihre hochgesteckten Haare. Vorne war das weiße Haar verziert durch eine große Welle. Die Brennschere, ein ganz wichtiges Utensil, vermutlich das einzige Handwerkszeug für Oma. Ein klein wenig gelb, die große Welle war gelb durch die Hitze der „Heißen Schere“ . . .

Ja meine Oma, das war meine liebste, allerliebste und wichtigste Person in meinem Leben – im Krieg und auch nach dem Krieg.
Zu gerne ging ich mit Oma einkaufen. Das war immer wie ein Festtag, fast wie Weihnachten. Nicht etwa wegen der Geschenke, oh nein – das Geld war knapp damals um 1945. Es war immer so spannend mit ihr. „bitte ein Pfund Zucker, drei Eier, ein Stück Fett – ja und ZWEI BONBONS“ . . . Bonbons? Mein kleiner Bruder neben mir – spannend, es war unheimlich spannend und beglückend . . . und Oma bezahlte, d.h. Oma bückte sich, grabschte unter ihren Rock, fummelte am gestrickten Unterrock – und siehe da, ein Beutelchen kam zutage, Omas Geldbeutel. In Omas gestricktem Unterrock war ein gestricktes Täschchen eingenäht, ein Täschchen mit Knopfverschluß . . . ja das war Oma, meine Oma, unsere Oma . . .

. . . und mein Opa? Er war lang und dünn, still und sanft – und er war immer auf den Beinen. Vormittags alle Schuhe putzen – die dunkle Schürze um die schmächtigen Schultern gehängt, die Schuhe eingewickelt, und dann ging`s auf in den Keller oder in den Garten.

In seinem Mundwinkel hing immer die Pfeife, sein Markenzeichen. War sie noch warm? Oder schon kalt? Sie gehörte zu Opa. Opa roch nicht nach „Marylan“ – Opa roch nach Tabak. Opa sprach nicht viel, er sprach selten – sehr selten. Waren es die beiden Kriege, die ihn stumm werden ließen? Dachte er an seinen „Klaus“, seinen verlorenen Sohn? Mit 15 Jahren holten sie ihn noch, meinen Onkel Klaus – und er kam nie wieder heim.

Mit Opa lernte ich die Natur kennen. Spazierstock, alten Kartoffelsack, die blecherne Kanne – und seine Pfeife, so ging`s fast jeden Nachmittag in den Wald. Hier war er in seinem Element – und irgendetwas fand Opa immer . . .
Oma werkelte am mächtigen Herd mit dem langen Ofenrohr. Schob die eisernen Ringe immer wieder hin und her – das Feuer, da mal ein Stück Holz ins Ofenloch und da mal einen Ring mehr über die lodernden Flammen.
Es brutzelte und knisterte, es dampfte – und es roch verdammt gut. Die Beeren aus Opas Blechkanne, mal wurden sie zu Marmelade, mal zu Saft und auch mal als Obstsuppe gegessen. Die Pilze, die Bucheckern - ach Opa, wenn wir dich nicht hätten . . . es war einmal.

Wruken, ja und dann gab`s die Suppe aus Wruken. Oh mein Gott, das war für mich der schrecklichste Moment. „Bitte noch ein bisschen Dünnes“ . . . ich kriegte die nicht runter, die Wruken. Das Wasser, das Dünne, bitte nur das Dünne – das andere ging einfach nicht runter. Aber Oma blieb hart: „von nichts ist nichts“ – und schwups kam die nächste Ladung in meinen Teller.

Und trotzdem – ich liebte sie beide heiß und innig. Es gibt noch so viel zu erzählen über Oma und Opa – im Krieg und nach dem Krieg, die Vertreibung und die Flucht, die Einquartierung – und dann der Neubeginn . . .

Oma und Opa - sie sind wie starke Bäume, alt und mächtig, zuverlässig und still, die starken Wurzeln fest in der Mutter Erde verankert, die Äste zum Himmel gestreckt, den Samen durch den Wind verstreut, mal ganz nackt, dann wieder lichtgrün, rotblond, und dann wieder nackt, im Winter ganz nackt . . .

sie sind wie Bäume - jetzt sind die Bäume tot - es war einmal . . .

Weitere Beiträge zu den Themen

KriegAnno dazumalTotensonntagHeidi KällnerOstpreußen

2 Kommentare

Eine Lebensgeschichte,die tief berührt.
Danke, Heidi auch für die wunderschöne Fotos.
Das alles errinert mich an meine liebste Oma und Opa, Sehr romantische Geschichte,grosse Liebe,Krieg und Neubeginn. Sie bleiben für immer in meinem Herzen.
LG Elena

Ja so ist es liebe Elena, sie bleiben für immer in unseren Herzen.

Danke für deine freundlichen Worte, herzliche Grüße von Heidi

Beteiligen Sie sich!

Um zu kommentieren, öffnen Sie den Artikel auf unserer Webseite.

Zur Webseite

Themen der Woche

KerzenRiesLichtBildergalerieKulturNaturKlimawandelNördlingenHeidi KällnerNördlinger StörcheAllerheiligenFriedhof

Meistgelesene Beiträge