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Sixtus Braun - ehemals Stadtschreiber und Oberbürgermeister und heute vergessen?

  • Ausschnitt aus dem Epitaph im Wurzener Dom
  • hochgeladen von Gerd Henschel

An einem Tag im Juli 1614, also vor 400 Jahren, begab sich vom Naumburger Marktplatz aus ein Trauerzug auf den Weg zum Stadtgottesacker, wie ihn die Einwohner der Stadt höchst selten sahen. Der Sarg wurde entgegen der üblichen Gepflogenheiten von „jungen Rathsherren“ getragen, die älteren gingen neben her.
Die Angehörigen des Verstorbenen wurden von Vertretern der vornehmen Bürgerschaft und „von etlichen vom Adell begleitet“, darunter befanden sich auch der Präsident und der Kanzler der Stiftsregierung in Zeitz. Auch mehrere Domherren hatten sich dem Trauerzug angeschlossen. Gottfried Staffel ist der Zeitzeuge, der uns all das überlieferte. Solche Ehrbezeugung, schreibt er, war selten und er bezweifelte, dass er dergleichen in seinem Leben noch einmal sehen würde. Auf dem Friedhof wurde „in Kegenwardt vieler 100 Personen“ zunächst „stadtlich musicieret vndt herrliche Muteten gesungen“. Nachdem der „Herr Pfarr ein stadtlichen Leich Sermon“ gehalten hatte, wurde der Verstorbene zur letzten Ruhe gebettet.

Wer war er, dem auf seinem letzten Wege so viel Ehrbezeugung zu Teil wurde? Gottfried Staffel lässt uns wissen: „Am 18. Julii ist der wohl ehrenveste vor achtbare vndt hochgelarte Herr Magister Sixtus Braun … in Gott sanfft vndt selig verschieden.“

Fragt man heute, 400 Jahre später einen Naumburger nach Sixtus Braun, erfährt man bestenfalls „da gibt es doch eine Straße mit diesem Namen“. Und tatsächlich ist es so, wie schon anlässlich des 325. Todestages festgestellt wurde, dass „kein Stein oder Bildwerk das Andenken Brauns aufbewahrt“. Wären da nicht einige seiner Werke, die sich bis in die Gegenwart erhalten haben, würde kaum jemand sich seiner erinnern.

Sixtus Braun wurde vermutlich 1550 in Döbeln als zweiter Sohn des Ehepaares Valentin und Barbara Braun geboren. Valentin Braun (1498-1598) hatte an der Wittenberger Universität Theologie studiert und soll dort auch ein „Famulus“ von Luther gewesen sein. Anschließend war er als Geistlicher in Oschatz, Döbeln und Wurzen tätig, zuletzt als General-Superintendent. Seine Frau Barbara war die Tochter des Oschatzer Bürgermeisters Johann Schreber. Valentin und Barbara Braun waren 56 Jahre verheiratet und hatten gemeinsam neun Kinder. Im Wurzener Dom kann man heute noch das Fragment eines Epitaphs sehen, das das Ehepaar Braun mit allen seinen Kindern zeigt.

Von 1563 bis 1566 besuchte der junge Sixtus Braun die Fürstenschule in Grimma. Anschließend studierte er an der Universität Leipzig, wo er 1568 den ersten akademischen Grad (das Baccalaureat) und 1570 den zweiten akademischen Grad (Magister) erlangte.

Sixtus Brauns Tätigkeit nach dem Studium ist erst ab 1576 belegt. Ab diesem Jahr war er bis 1578 Registrator in Weimar.

1578 wurde Sixtus Braun vom Naumburger Rat als Stadtschreiber und Syndicus angestellt. Während Bürgermeister aller drei Jahre neu gewählt wurden, lenkten und leiteten die Stadtschreiber oft längerfristig die Verwaltung und damit die Geschicke einer Stadt und waren dadurch äußerst wichtige Personen, die eine hohe politische und gesellschaftliche Anerkennung genossen.
Von 1592 an bis 1613 wurde Sixtus Braun turnusmäßig aller drei Jahre zum Bürgermeister gewählt. Außerdem war er ein weit über Naumburgs Grenzen hinaus gesuchter Rechtsberater. Am kurfürstlichen Hof in Dresden und nicht nur dort war er deshalb hoch angesehen, was 1613 seine Erhebung in den „rittermäßigen Reichsadelstand“ zur Folge hatte.
Der Weg zu seiner Arbeitsstätte, dem Rathaus, war nicht weit. Gleich neben dem Rathaus (heute Markt 2, Löwenapotheke) nannte er ein stattliches Gebäude sein eigen, das er durch Hinzukauf kleinerer Anwesen in der Rittergasse noch erweiterte. Um 1600 kaufte er auch das Rittergut Großjena.

Schon kurz nach dem Antritt seiner Tätigkeit als Stadtschreiber, im Jahre 1579, erwarb Sixtus Braun das Bürgerrecht und heiratete Euphemia Knisse (1553-1607), die Tochter des Bürgermeisters zu Mühlberg. Beide hatten zusammen wohl 11 Kinder. Als Euphemia 1607 starb, wandelte Sixtus Braun nochmals auf Freiersfüßen und heiratete 1610, 60jährig die mehr als 40 Jahre jüngere Martha, Tochter des früheren Bürgermeisters Dr. Valentin Wacke. Ihre gemeinsame Tochter wurde 1613 geboren.

Brauns letzte große Aufgabe als Bürgermeister war die Organisation und Durchführung des Fürstentages, der im Frühjahr 1614 in Naumburg stattfand. Der Kurfürst überreichte ihm dafür zum Dank eine goldene Halskette, an der eine große Schaumünze mit dem Bilde des Fürsten hing.

Am 18. Juli 1614 starb Sixtus Braun mit 64 Jahren an „Ptysis“ (Schwindsucht), möglicherweise wurde er das Opfer einer Tuberkulose-Infektion.

Zwei seiner großen Werke sollen hier genannt werden, die die Zeit bis heute überdauert haben.

Da sind zunächst die „Annales Numburgenses“, ein im Stadtarchiv befindliches Manuskript, in zwei Folianten, mit 1172 Seiten, das Aufzeichnungen zur Naumburger Stadtgeschichte von 799 bis 1613 enthält. Man geht heute davon aus, dass die hier aufgeschriebenen Konflikte, Traditionen und Gesetze mit der Absicht festgehalten wurden, Präzedenzfälle und Rechtstraditionen zu bewahren, woraus später wiederum Rechte und Privilegien der Stadt abgeleitet werden sollten.
Nachdem das Manuskript bereits 1892 von Köster in eine gut lesbare Form gebracht und gedruckt wurde, sowie 1927 davon eine zweite Auflage erschien, hat der Naumburger Museumsverein 2009 eine überarbeitete Auflage herausgegeben, die um ein ausführliches Namens-, Sach- und Ortsregister sowie ein umfangreiches Glossar ergänzt wurde.

Sixtus Brauns zweites großes Werk ist das „Album civium Numburgenses“ (Bürgerbuch). In dem im Original 44 x 30 cm großen, in Schweinsleder gebundenen und mit Goldpressung versehenen Buch hat er aus alten Urkunden ab 1342 bis 1599 die Namen aller Naumburger Bürger, das Datum ihrer Einbürgerung, ihren Beruf und ihren Herkunftsort zusammengetragen und in alphabetischer Reihenfolge aufgelistet. Am Neujahrstag 1600 wurde das Buch dem amtlichen Gebrauch übergeben und die Eintragungen erfolgten fortlaufend, bis ab 1853 das Polizeimeldeamt eigene Unterlagen führte.
Das danach in Vergessenheit geratene Buch wurde 1890 nur durch einen Zufall vor der Zerstörung gerettet und kam ins Stadtarchiv. Sein Inhalt wurde vor einigen Jahren digitalisiert und ist die Basis für ein computergestütztes Auskunftssystem im Stadtmuseum.

Sixtus Braun gilt als „eine der eindrucksvollsten Gestalten in der langen Reihe meist weniger bemerkenswerter Bürgermeister“. Unserer Stadt würde es gut zu Gesicht stehen, das Andenken an ihn besser zu bewahren. Ein erster Schritt dazu wäre vielleicht das Anbringen einer Gedenktafel an seinem früheren Wohnhaus.

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4 Kommentare

Eine interessante Geschichte,Danke Gerd !

Ja, steht denn das Wohnhaus noch? Habe da auch so einen Vergessenen: Link

Das Wohnhaus steht noch, hat heute aber ein anderes Aussehen.

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