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Für Weltenbummler und Reporter - Fünf Lesetipps für die Wintertage II

Der Winter ist immer noch da, nur der Schnee hat sich weitestgehend aufgelöst. Die Abende sind trotzdem noch lang und bieten die perfekte Zeit fürs Lesen. Frühe Morgenstunden, Vormittage, Nachmittage und die Nacht können natürlich dafür ebenso genutzt werden. Doch Vorsicht: Das Leben ist zu kurz, um schlechte Bücher zu lesen. Deshalb hier eine Handvoll Tipps für besonders schöne Lektürestunden.

FÜR RASENDE REPORTER - Tom Rachman „Die Unperfekten“

Da gibt es Arthur, den Spezialisten für Nachrufe, den einsamen Paris-Korrespondenten Lloyd und natürlich Kathleen, die Chefredakteurin. Sie alle arbeiten in Rom als Journalisten einer englischsprachigen Zeitung, die in den 50er Jahren von einem kauzigen Verleger gegründet wurde. Ein halbes Jahrhundert später steht die einst erfolgreiche Zeitung vor dem finanziellen Fiasko. Wie schnell sich die Medienlandschaft wandelt zwischen jenen Jahren, als Redaktion, Verlag und Druckerei sich unter einem Dach befanden, und den Jahren des Internet-Booms, erzählt Tom Rachman in seinem Roman „Die Unperfekten“. Doch nicht nur dem Auf und Ab der Zeitung sowie der Redaktionsarbeit widmet sich der in London geborene Autor. Im Mittelpunkt stehen die Zeitungsmacher, über deren Schicksale er mal amüsant, mal melancholisch, auf alle Fälle weise in Erzählungen mit überraschenden Wendungen schreibt.

FÜR KRIMIFREUNDE - Johan Theorin „Öland“

Wer gute Krimis mag, kommt am Norden Europas nicht vorbei. Denn dort wohnen die großen Krimiautoren mit den großen Auflagen. Mankell, Nesser, Dahl, Holt, Larsson, Indridason und wie sie nicht alle heißen. Vor einiger Zeit tauchte ein neuer Name in den Regalen der Buchhandlungen auf: Johan Theorin. Dessen Roman „Öland“ zeichnete die Schwedische Krimi-Akademie (so etwas gibt es wirklich!) als bestes Debüt aus. Mit Recht. Der Schwede erzählt in seinem spannenden Buch über eine Mutter, deren Sohn vor mehr als 20 Jahren auf der Insel Öland verschwunden ist. Ein Fund ihres Vaters weckt die Hoffnung, ihn endlich zu finden. Beide begeben sich auf die Suche. Mit einem Ende, das überrascht. Neben dem mysteriösen Fall spielt im Buch der spezielle raue Charakter der skandinavischen Insel eine besondere Rolle. Für Fans des hohen Nordens und dessen Landschaft deshalb ein Muss!

FÜR WELTENBUMMLER - Lukas Hartmann „Bis ans Ende der Meere“

Heute werden Politiker von einem Heer aus wohlgesinnten Journalisten, Redakteuren und Fotografen begleitet, wenn sie fremde Länder besuchen. Als James Cook 1776 zu seiner dritten Südseereise anbricht, um die weißen Flecken auf der Landkarte farbige Konturen zu geben, gab es noch keine Fotoapparate und natürlich auch keine Fotografen. Der Maler John Webber bekommt den Auftrag, die Stationen der Reise mit Farbe und Pinsel festhalten. Für die Reisebeschreibung ist Cook selbst verantwortlich. Keinem Crewmitglied wird es gestattet sein, während der vierjährigen Reise Tagebuchaufzeichnungen zu führen. Dies ist nur ein interessanter Fakt, den Lukas Hartmann in seinem Roman „Bis ans Ende der Meere“ über Cooks Fahrt in die Südsee sowie die Erlebnisse des Malers beschreibt. Das Buch nimmt nicht nur den Leser mit auf eine beeindruckende, allerdings auch beschwerliche Reise über Meere und Ozeane. Dem Schweizer Hartmann gelingt es, auf hohem sprachlichem Niveau über die Schönheit der Landschaft und das Innenleben der Charaktere, allen voran die Gedanken und Erfahrungen des Malers, packend zu erzählen.

FÜR MUSIKER - Steven Galloway „Der Cellist von Sarajevo“

Punkt vier Uhr nachmittags setzt sich der Cellist auf einem Platz in Sarajevo und spielt das Adagio in g-Moll von Tomaso Albinoni. An jedem der 22 folgenden Tage. Zum Gedenken an jene Menschen, die zuvor von einer Mörsergranate getötet worden waren. Die Stadt ist belagert, wird von den Bergen aus beschossen. Es ist Krieg. Die Menschen leben in stetiger Furcht. Heckenschützen nehmen Passanten, ob Mann, Frau oder Kind, ins Visier. Den Balkankrieg und jene wahre Begebenheit beschreibt der Kandier Steven Galloway in seinem Roman „Der Cellist von Sarajevo“. Das Leid der Einwohner und das Grauen des Krieges spiegeln sich in den Erlebnissen weiterer drei Erwachsener wider: Ein Familienvater ist auf der Suche nach Wasser, ein alter Mann auf dem Weg zu einer Bäckerei, eine junge Frau kämpft als Scharfschützin gegen die Belagerer. Für das Buch hat Galloway aufwendig recherchiert, sprach unter anderem mit Einwohnern der Stadt. Zu Beginn des Romans zieht er zudem eine Parallele zu Dresden, der am Ende des Zweiten Weltkriegs innerhalb von drei Tagen zerbombten sächsischen Landeshauptstadt. Nach den verheerenden Luftangriffen soll ein italienischer Musikwissenschaftler jenes Werk Albinonis in den Überresten der Dresdner Musikbibliothek gefunden haben.

FÜR HELDEN - Tor Bomann Larsen „Amundsen - Bezwinger beider Pole“

Er gilt als Held. Im nordnorwegischen Tromsö schaut er als überlebensgroße Skulptur auf das Meer hinaus und den Liegeplatz der riesigen Postschiffe der Hurtigrute: Roald Amundsen. Er lief mit seiner Crew zum Südpol, flog mit einem Zeppelin über den Nordpol, durchsegelte die berühmt-berüchtigte Nordwestpassage. Doch dass hinter dem norwegischen Entdecker auch eine Person mit Zweifeln und seelischen Abgründen steht, schildert Tor Bomann Larsen in der gleichnamigen Biografie. Die ist bestes Beispiel dafür, wie Biografien sein müssen: packend geschrieben und zugleich Wissensquelle. Dass das Buch dann mit seinen knapp 700 Seiten umfänglich Backstein-Charakter erhält, stört nicht. Vielmehr will man die Reise in die damalige Zeit, in die weiße Welt und das Leben des recht zwiespältigen Helden nicht beenden.

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1 Kommentar

Constanze, herzlichen Dank für die sehr informativen Lesetipps.

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