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Die höchstgelegene Wohnung Naumburgs gibt es nunmehr seit 500 Jahren

Der lapidare Satz von Naumburgs anerkannten Stadtschreiber und Bürgermeister Sixtus Braun „Auf der Kirchen ist des Hausmanns Gebäude und Stüblein im Turme verfertigt.“, aufgeführt unter der Jahreszahl 1513, gibt uns Anlass, in diesem Jahre des 500. Jahrestages der Errichtung der Türmerwohnung auf dem Wenzelskirchturm zu gedenken.

Der Turm der Wenzelskirche wurde in seiner heutigen Gestalt zwischen 1426 und ca. 1520 erbaut. Er ist heute 72,5 m hoch, die Türmerwohnung liegt in 45 m Höhe und 8 m darüber die Aussichtsplattform.

Seit Anfang des 15. Jahrhunderts gibt es Informationen über "Hausmänner", wie die Türmer der Naumburger Wenzelskirche genannt werden. Diese waren Bedienstete der Stadt, da der Turm schon damals nicht der Kirche, sondern der Stadt gehörte. Ihre Aufgabe war es, herannahende Feinde und Feuer zu melden, das Werk der Turmuhr zu beaufsichtigen und die Glocken zu läuten. Da das rund um die Uhr zu geschehen hatte, was einem Einzelnen unmöglich war, wurden seit 1527 Beiwächter eingesetzt, die den Türmer während der Nacht vertraten. Obwohl das wichtige Aufgaben waren, wurden die Hausmänner schlecht bezahlt, so dass sie häufig noch einer Nebenbeschäftigung, meist als Musikanten, nachgingen.

Seit Anfang des 17. Jahrhunderts wurden Türmerordnungen erlassen, die die Aufgaben der Hausmänner genau regelten. Dazu gehörte neben den bereits genannten u. a. auch, täglich früh um 3 Uhr, mittags 11 Uhr und abends bei Torschluss in Richtung Markt und Wenzelsstraße drei Choräle zu blasen. Nebentätigkeiten wurden verboten. Aus der Turmchronik ist zu entnehmen, dass trotz der strengen Türmerordnungen manche Hausmänner ihren Pflichten nicht wie gewünscht nachkamen. Öfters wurden Brände nicht bemerkt oder gemeldet, dazu gehört wohl auch der großen Stadtbrand von 1517.

Im Jahr 1892 strich die Stadt die Türmerstelle, weil die mittlerweile in der Stadt vorhandene Wasserversorgung und die nunmehr verfügbaren Feuerschutz- und Brandbekämpfungseinrichtungen die Aufgabe des Türmers als Brandwächter überflüssig machte.
Seitdem wurde die Türmwohnung durch die Stadt günstig vermietet, mit der Auflage, die Turmuhr zu warten und die Schulglocke zu läuten. Außerdem waren im Auftrag der Kirche die Kirchenglocken zu läuten.

Vom ersten im Jahre 1527 urkundlich erwähnten Hausmann Hans Heller bis zur letzten Türmerin, Angelika Thee, die 1997 die Türmerwohnung endgültig verlassen musste, waren es 33 Türmer und 3 Türmerinnen, die in der 1513 eingerichteten und 1599 erweiterten Türmerwohnung lebten.

Eine Vorstellung von den Lebensbedingungen auf dem Turm bekommt man, wenn man sich die baulichen Gegebenheiten und die Ausstattung der Wohnung vergegenwärtigt. Die Wendelsteine, durch die man über 202 Stufen nach oben kommt sind gerade breit genug, dass zwei schlanke Menschen aneinander vorbeigehen können. Alle Lasten mussten an der Außenwand des Turmes hochgezogen werden, was bis in die 1950iger Jahre noch mit Körperkraft erfolgte.

1916 wurde eine Gasleitung auf den Turm in die Türmerwohnung gelegt, um die Beleuchtung sicherstellen zu können. Auch 1935 wird in der Turmchronik noch das Fehlen einer elektrischen Beleuchtung erwähnt. Eine Wasserleitung soll es da schon gegeben haben, die aber im Winter wegen fehlender Isolierung abgestellt wurde, um ein Einfrieren zu verhindern. Nach dem Krieg reichte offenbar der Wasserdruck nicht aus, denn der Autor hat selbst noch erlebt, wie Wasser und auch Kohlen eimerweise außen am Turm hochgehievt wurden.

Bis 1976 gab es auf dem Turm keine Toilette. In dem Jahre wurde die Turmwohnung umfangreich renoviert, wobei ein Wasserdruckerhöher, eine neue Wasserleitung und erstmals eine Abwasserleitung verlegt wurden. Außerdem erhielt die Wohnung eine elektrische Heizung.
Im Jahr 2001 wurde die Türmerwohnung letztmals umfassend saniert und dabei auch alle Versorgungsleitungen erneuert.

Heute kann man die 70 Quadratmeter Wohnfläche, aufgeteilt in fünf kleine Zimmer und eine Diele besichtigen, wenn man sich der Mühe einer Turmbesteigung unterzieht. Die letzte Türmerin, Angelika Thee, soll es übrigens in zwei Minuten und fünfzehn Sekunden geschafft haben, zu ihrer Wohnung aufzusteigen. Versuchen Sie doch selbst mal, wie lange Sie brauchen!

  • barockes Geländer am Aufgang zur Wohnung
  • hochgeladen von Gerd Henschel
  • Bild 3 / 9
  • gesicherte Farbreste früherer Wandbemalungen
  • hochgeladen von Gerd Henschel
  • Bild 9 / 9

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6 Kommentare

Aber rein bautechnisch könnte man zur Zeit drinnen wohnen?

ein sehr schöner Bericht - vielleicht schaffe ich es ja auch mal bis da hoch

Ja Peter, das wäre möglich, steige hoch und sieh es dir an!

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