Mitteldeutsche Zeitung vom 8.1.2015: AUSGEZÄHLT
Der Autor Johannes Dörries zeichnet ein sehr gutes Porträt vom Leiter des statistischen Landesamtes, Herrn Manfred Scherschinski. Eine beeindruckende Laufbahn soll nach dem Willen des Herrn Haseloff mit dem 65. Geburtstag von Herrn Scherschinski zu Ende gehen, obwohl dieser noch gerne einige Jahre gearbeitet hätte. Beamte sollen zukünftig laut einem Kabinettsbeschluss bis 67 Jahren arbeiten.
Nun fragt sich der geneigte Leser, ob das alles so richtig sei. Überall herrscht Fachkräftemangel. Deswegen wird all jenen angeboten, die sich in der Lage fühlen, über das Renteneintrittsalter hinaus zu arbeiten, dies auch zu tun. Nur Herr Scherschinski darf das nicht. Er muss nach Hause gehen. Ich kann seinen Ärger gut verstehen; hat er doch seine Arbeit dort im statistischen Landesamt sehr gern ausgeübt.
Ich bin ebenfalls ein "Zahlenmensch" und mich will auch keiner, weil ich ein gewisses Alter habe. Ab einem bestimmten Alter gilt eine Beschäftigung sozusagen als "Beschäftigung von Untoten". Die vorhandene Qualifikation spielt keine Rolle mehr, denn man würde höchstens noch als Toilettenpersonal oder Reinigungskraft genommen werden. Berufserfahrung, Zuverlässigkeit und körperliche Fitness spielen ebenfalls keine Rolle. Es zählt allein die Zahl der Lebensjahre. Dieses Kriterium hat die Funktion einer Schuttrutsche.
So, wie es Herrn Scherschinski ergeht, ergeht es sehr viel mehr Menschen in diesem Land. Alle sind gut ausgebildet, haben Berufserfahrung, zuverlässig gearbeitet und werden nun als menschlicher Abfall aussortiert, obwohl sie sehr gern weiter arbeiten würden. Und das alles unter der Prämisse, dass überall Fachkräfte fehlen - wer da noch der Logik folgen kann!
Ist unsere Generation vielleicht zu unbequem?