Ich lese gerade ... "Wundertütenkind" von Claudia Grimm
Das "Wundertütenkind" nimmt seine Leser mit auf eine Reise in die Vergangenheit. Genau gesagt, in die 50er und 60er Jahre. Es ist die Geschichte der weitgehend unbeschwerten Kindheit des Mädchens Monika, das in einem kleinen Dorf in Mittelhessen geboren und aufgewachsen ist. Meine "Reise" mit dem Buch geht nur langsam voran, denn immer wieder stoße ich auf Begebenheiten, die ich selber ähnlich erlebt oder von anderen gehört habe. Ich lasse mir Zeit beim Lesen, denn ich will mich bei dieser Lektüre an meine eigene Mädchenjahre erinnern. Manchmal mit einem Lächeln, manchmal mit einer kleinen Träne im Auge. Das Lächeln, wenn die Autorin berichtet, dass sie vom Herrn Lehrer vor allen Schülern zum Singen aufgefordert wurde trotz heftiger Beteuerung, dass sie nicht singen könne. Natürlich machten sich die anderen Kinder lustig und Monika weinte. Eine meiner Schulkameradinnen hatte das gleiche Los. Allerdings weinte sie nicht. Sie hatte schon damals ein für mich schier unglaubliches Selbstbewusstsein. Das Glitzern in den Augen hatte ich bei dem Kapitel über den Vater, der abends als er von der Arbeit nach Hause kam, seiner Tochter "Hasenbrot" mitbrachte. Mein lange verstorbener Großvater kam mir in den Sinn, der der kleinen Ingrid auch gelegentlich eines dieser wundersamen "Hasenbrote" anbot, die einfach etwas Besonderes sein mussten. Erst viel später kam ich dahinter, dass dies "nur" der nichtverzehrte Reiseproviant meines Opas war.
Ich freue mich schon auf weitere Entdeckungen und Gemeinsamkeiten beim Schmökern im "Wundertütenkind", das herrlicher Lesestoff für Alt und Jung ist. Für die Älteren, um sich zu erinnern, für die Jüngeren, um zu erfahren, wie sie waren, die Kinderjahre ihrer Eltern und Großeltern so ganz ohne Handy, Smartphone, iPod und dem anderen heutzutage notwendigen Schnickschnack.
Dr. Claudia Grimm, 1957 in einem kleinen Ort nahe Gießen geboren, studierte Literatur- und Medienwissenschaft. Sie lebt im Tessin und ist auch bekannt als Autorin der beiden Gießen-Bücher: "Gießen - gestern und heute", sowie "Aufgewachsen in Gießen in den 50er und 60er Jahren".
Bibliographische Angaben: Claudia Grimm: Wundertütenkind. Walzenhausen, Schweiz: Arimedes-Verlag. 2013. Euro 14.90. Auch als Ebook erhältlich
Man muss nicht wirklich -Kriegskind- sein oder gar -Armut kennen-, um Lebensmittel wert zu schätzen, denke ich. Es ist auch heute möglich im Hinblick auf Sparsamkeit ganz bewusst zu erziehen. Dazu braucht's nicht wirklich -schlechtere Zeiten-.
Das eigentliche Problem sehe ich im maßlosem Angeboten an jeder Ecke, jederzeit verfügbar und auch erschwinglich.
Wie sollen gerade Kinder sorgsames Verhalten mit Lebensmittel begreifen, wenn nicht durch Vorbild?