Rätselhaftes Fuerteventura
Beim Einstimmen auf eine Reise nach Fuerteventura stieß ich auf die Geheimnis umwobene Villa Winter an der Westküste der im Süden Fuerteventuras gelegenen wüstenähnlichen Halbinsel Jandia. Die Halbinsel erhielt der deutsche Ingenieur
Dr. Gustav Winter in den 30-er Jahren des vergangenen Jahrhunderts von der damaligen spanischen Regierung als Geschenk, angeblich für dessen Verdienste um den Aufbau der Stromversorgung Gran Canarias. Dieser riegelte daraufhin Jandia an der schmalsten Stelle Fuerteventuras mit einem bewachten Drahtzaun ab, ließ die wenigen dort lebenden Einwohner umsiedeln, legte einen bis heute intakten Landeplatz für Flugzeuge an und baute die festungsähnliche Villa in einem selbst heute noch nur auf einer schmalen Schotterpiste über einen steilen Bergrücken erreichbaren Gebiet. Die Villa wurde allerdings, außer von einem alten Hausmeisterehepaar nie bewohnt.
Die Hintergründe des rätselhaften Treibens auf Jandia sind bis heute nie vollständig geklärt worden und nähren seither zahlreiche Gerüchte aus Deutschlands dunkler Vergangenheit. So vermuten die einen, dass dort eine geheime Basis bzw. Versorgungsstation für die U-Boote der deutschen Kriegsmarine angelegt worden sei. Andere halten es sogar für wahrscheinlich, dass es sich um den geplanten Alters- bzw. Exilsitz Adolf Hitlers handele oder dass sich dort ein Edelbordell für Nazigrößen befunden habe. Und von dem Flugplatz aus könnte später die Flucht von Naziprominenz nach Südamerika organisiert worden sein. Vielleicht wollte Gustav Winter in aller Abgeschiedenheit durch die Anlage von Tomatenplantagen beweisen, dass sich auch vermeintlich wertlose Gebiete wirtschaftlich nutzbar machen lassen. Spuren für all diese Spekulationen findet man heute noch in der Region und inzwischen sogar im Internet.
Und so zieht es neben Natur- und Offroadfreaks auch Spurensucher und Hobbyhistoriker in den gottverlassenen, aber himmlisch schönen Südzipfel der Insel, jenseits der pauschaltouristischen Zivilisation. Inzwischen sind auch wieder Bewohner zurückgekehrt, unter anderem nach Cofete, einer Hüttensiedlung am Ende der Schotterpiste zur Villa Winter und nach Puerto de la Cruz – den Ort gibt es auch auf Fuerteventura - einer winzigen Fischersiedlung direkt am Meer. Auch wenn sich die Rätsel um die geheimnisvolle Villa durch die beschwerliche Mietwagenreise dorthin nicht lösen lassen, die Reise dorthin lohnt sich allemal und verschafft bleibende Eindrücke. Und die wenigen dort befindlichen urigen Restaurants entschädigen den von der Fahrt gemarterten Gast mit deftigen, einheimischen Gerichten und traumhaften, unverbauten Ausblicken in karge, aber grandiose Landschaften.
Wer nun Geschmack an einer eigenen Erkundungstour gefunden hat, dem sei als spannende Reiselektüre der Thriller ’Die Kette’ von Wolfgang Kaes empfohlen. Die Handlung spielt größtenteils auf Fuerteventura, auch in der Villa Winter. Und wer mag, kann mit seinem Mietwagen bei einer Inselrundreise auch noch die weiteren Schauplätze abklappern.
Es kommt natürlich auch drauf an, welches Ziel Du ansteuern willst. Von Morro Jable nach Cofete sind es ca.25 endlos lange und selbst mit dem Auto sehr anstrengende Kilometer zu zwei Dritteln über das Gebirgsmassiv. Die Stecke nach Puerto de la Cruz hat ungefähr die gleiche Länge, aber kaum Steigngen und ist mit dem Rad am ehesten passierbar. Natürlich hängt das alles von der persönlichen Einschätzung und Kondition ab. Alternativ gibt auch noch einen Fußweg von Morro Jable nach Cofete. Pro strecke sollte man ca. 2,5 Stunden rechen.