Vor 75 Jahren wurde es im 2. Weltkrieg für die Bevölkerung von Marburg Ernst mit dem Schutz vor Luftangriffen
Obwohl die NSDAP mit ihrem Luftwaffenchef Hermann Göring den Deutschen eine Überlegenheit vorgaukelte, musste sich Marburg bald auf die Luftangriffe der Alliierten vorbereiteten.
„Wenn auch nur ein feindliches Flugzeug unser Reichsgebiet überfliegt, will ich Meier heißen!" So soll im Jahr 1939 Hermann Göring, einer der NSDAP-Größen und zuständig für die Luftwaffe, in einer Rundfunkrede zu Kriegsanfang dem Reichsvolk Siegesgewissheit vermittelt haben. Aber schon am 12. August 1940 konnte ein feindlicher Flieger eine Bombe über der Stadt Marburg abwerfen. Jedoch: Marburg war zu dieser Zeit mit Sicherheit kein wichtiges militärisches Ziel.
Dem Abwurf der Sprengbombe auf die Universitätsstraße folgten keine weiteren Angriffe. Die Schäden wurden sehr schnell beseitigt, die Schienen der Straßenbahn wieder repariert. Die Oberhessische Zeitung, einzig verbliebenes Presseorgan in der Stadt und Sprachrohr der Partei, berichtete mit keinem Wort über den Bombeneinschlag.
Den Marburger Parteiführern war dies Ereignis wohl zu peinlich. Und keiner der Bürger konnte es wagen, öffentlich Hermann Göring von nun an „Meier“ zu nennen. Denn dies wäre Defätismus und Schädigung der Partei gewesen und hätte mir Sicherheit zur Verhaftung geführt.
Die Bevölkerung war nicht besonders beeindruckt von dem Einzelangriff im Jahr 1940
Zuständig für die Abwehrmaßnahmen für Luftangriffe war Bürgermeister Walter Voß. Vor allem der Ausbau von Fluchtstätten, Bunker, Stollen, Keller und Splittergräben war seine Aufgabe. Für seine Leistungen wurde Voss bereits 1941 das „Luftschutz-Ehrenzeichen II. Stufe“ vom Führer verliehen.
Doch die Bürger müssen die Luftschutzmaßnahmen, vor allem die immer wieder durchgeführten Probealarme nicht so ernst genommen haben, wie Voß es sich vorstellte. So schrieb er am 3. Dezember 1940 an den Oberpräsidenten in Kassel in einem angeforderten Bericht zur Lage: „Die Disziplin bei Probealarmen hat in der Stadt merklich nachgelassen.“
Auch ein Jahr später musste Voß, der später von der Partei zum kommissarischen Oberbürgermeister ernannt wurde, im jährlichen Lagebericht nach Kassel melden: „Es gibt Mangelbestände, aber man muss damit auskommen, die Alarmierung erfolgt in Marburg durch 4 Großalarmsirenen: Süd / Mitte / Nord / Tannenberg, 2 neue Sirenen beantragt. Jedoch sucht 90 % der Bevölkerung bei Fliegeralarm die Luftschutzkeller nicht auf.“
Einen zweiten Bombenabwurf hatte es in Marburg am 10. September 1941 gegeben. Getroffen wurden mehrere Häuser und eine Gastwirtschaft am Wehrdaer Weg. Bei dem Angriff wurden mehrere Personen getötet. Man bezeichnete den Fliegerangriff als „Terrorakt“ des Feindes, allerdings nicht so die deutschen Luftangriffe auf England. Doch nach diesem Zwischenfall war Ruhe am Himmel über Marburg. In einer Meldung vom 27. April 1943 heißt es: „Seit 10. September 1941 bis zum heutigen Tag keine Luftangriffe auf Marburg erfolgt.“
Ab 1941 verstärkter Ausbau von Fluchtbunkern in Marburg mit Nutzung von Bierkellern
Die Parteileitung hatte 1941 eine Reihe von Maßnahmen beschlossen zur Einrichtung von Unterkünften bei Fliegeralarm. Meist waren sie mit dem Vermerk versehen: „Nicht in der Presse zu veröffentlichen.“ Die Vorbereitungen für Abwehrmaßnahmen bei Fliegerangriffen gehen jedoch bis in das Jahr 1933 zurück, als an die Stadt die Aufforderung erging, Luftschutzräume anzulegen. Hauptziel war die Anlage von Gasschutzkeller.
Ein Jahr später wurde mit Maßnahmen begonnen. Vor allem wurden Vorschriften erlassen, wie sich vor Gas zu schützen sei. Bürgermeister Voss war von Beginn an für die Durchführung und Einhaltung der Maßnahmen zuständig. So hatte es am 8. Februar 1937 eine erste Luftschutzübung am Rotenberg gegeben. 1938 heulten schon mehrfach die Sirenen in der Stadt, um Luftschutzalarme einzuüben. Hierbei wurde von den Blockwarten vor allem die strikte Einhaltung der Verdunkelung der Häuser und Wohnungen überprüft.
Bei der Anlage öffentlicher Schutzräume griff die Stadtverwaltung zurück auf schon vor langer Zeit in die Felsen von Marburg getriebene Keller der hiesigen Brauereien. Derzeit ist am Pilgrimstein ein Restaurant-Unternehmer dabei, einen in den Schlossberg getriebenen Stollen zu einem Felsenkeller-Lokal auszubauen. Die in Marburg an mehreren Stellen auf beiden Seiten des Lahntals in den Fels gehauenen Stollen dürften Anfang des 19. Jahrhunderts oder auch weit früher von Brauereibesitzern angelegt worden sein. Sie werden heute nicht mehr benötigt, sind zugemauert oder verschüttet.
Die größte Brauerei Marburgs im 19. Jahrhundert war im Besitz von David Lederer, einem in der politischen Auseinandersetzungen der Jahre um 1848 sehr aktiven Mitbürger. In den letzten hundert Jahren war es vor allem die Brauerei Bopp, welche die oft weit in den Berg hinein getriebenen Stollen nutzte. Nicht nur Bier wurde hier kühl gelagert, sondern auch Eis, das im Winter aus der Lahn gebrochen wurde. Ab etwa 1900 wurde Eis zum Kühlen vom städtischen Eiswerk in großen Stangen produziert und ausgeliefert. Das technische Zeitalter hat diese Form der Lebensmittelkühlung überwunden.
Der Luftschutzkeller hinter dem „Europäischen Hof“ war die größte Anlage in Marburg
Im Gegensatz zur Marburger Bevölkerung, die sich noch in Sicherheit wähnte, begann die Verwaltung der Stadt unter Voss mit den Vorbereitungen für die Unterbringung der Bürger bei Luftangriffen. Die Stadt erhielt nach dem ersten größeren Luftangriff auf Duisburg 1940 konkrete Anweisungen, wie Stollen und Bunker anzulegen seien. Dies alles mit den Vermerken „streng geheim“. Das betraf auch Vorschläge, wie die Listen der Toten veröffentlicht werden sollten. Eine Aufstellung aus Duisburg verdeutlichte dies.
Für Marburg war als größter öffentlicher Luftschutzkeller vorgesehen die Anlage hinter dem „Europäischen Hof“ in der Elisabethstraße (heute: „Marburger Hof“), kurz von den Marburger nur mit „Europäer“ bezeichnet. Schon im Dezember 1939 hatte es den Vermerk gegeben: „Die Gewölbe hinter dem Europäischen Hof in der Elisabethstraße 12 sind derartig umfangreich, dass sich dort 2.000 bis 3.000 Personen absolut bombensicher bequem unterbringen ließen. Aber ein zweiter Ausgang wäre notwendig.“
Die Stollen der Anlage, weit in den Sandstein unter der Augustenruhe hinein getrieben, gehörten nicht zum Europäer, sondern waren im Besitz der Brauerei Bopp. Diese lagerte dort um 1940 ihr Bier ein. In die über vier Meter hohen und teilweise ebenso breiten Stollen wurden Holzgerüste eingefügt mit bis zu drei Etagen für Sitzgelegenheiten. Hier hockten nach einem Fliegeralarm tausende aus dem Nordviertel herbeigeeilte Bürger, meist für die Dauer von mehreren Stunden - bis die Sirenen der Stadt Entwarnung gaben.
Nach dem ersten großen Luftangriff auf Marburg im Februar 1944 eilten immer mehr Bürger statt in ihre oft primitiven Keller in die als sicher geglaubten Stollen der öffentlichen Schutzräume. So wurde der Verwaltung am 16. März 1944 gemeldet: Beim letzten Luftschutz-Alarm stauten sich vor dem Eingang des Kellers am Europäer 500 bis 700 Leute.
Danach wurde an diesem Bunker - nachdem eine Ausnahmegewährung vom Bauverbot erwirkt wurde - Verbesserungen ausgeführt. So wurde ab Juni 1944 ein Verbindungsstollen vom Europäer zum Hessischen Hof und weiter entlang des Wehrdaer Wegs in einer Länge von achtzig Meter und mehr angelegt. Hilfreich war dabei, dass Voss dem Marburger Luftschutz-Programm fünfzig französische Kriegsgefangene aus dem Lager an der Ockershäuser Allee zugewiesen hatte. Somit war für den gesamten Luftschutzkeller ein zweiter Ausgang geschaffen worden.
Nach dem zweiten großen Luftangriff auf Marburg im Februar 1945 wurde Anfang März der Europäer von einer Sprengbombe getroffen. Der Ausgang aus dem großen Stollen war durch den Gebäudebrand versperrt. Einige Insassen nutzten den steilen Notausgang über einen Schacht hoch in Richtung Weinberg, andere entkamen über den Ausgang am Wehrdaer Weg. Der Großteil der Insassen musste mehrere Stunden warten, bis die Feuerwehr den Brand gelöscht hatte und der Hauptausgang frei war.
Nach dem Krieg sollen die Amerikaner in den Stollen hinter dem Europäer Quecksilber gelagert haben. Deshalb wurde der Zugang zu dem Stollen wegen Gesundheitsgefährdung geschlossen. In den Bunkeranlagen hinter dem damaligen Hotel Hessischer Hof hatte ein Marburger Weinhandel die Stollen als Weinkeller genutzt.
Viele Häuser der Oberstadt hatten gute Schutzkeller
In der gesamten Stadt waren die Keller - sofern möglich - unter den Häusern ausgebaut und mit den Nachbarhäusern verbunden worden. Dies sollte nach Totalschaden den im Keller Verschütteten das Verlassen über Nachbarhäuser ermöglichen. Fast alle Häuser der Oberstadt hatten tiefe Keller in Richtung Schlossberg. Diese boten relative Sicherheit.
Zwischen den oft in den Sandstein des Schlossberges geschlagenen Kavernen (oft schon aus dem Mittelalter stammend) wurden Verbindungen geschaffen, um bei Verschüttungen Fluchtmöglichkeiten zu haben. Die Stadt schuf deshalb in der Oberstadt keine öffentlichen Schutzstollen.
Als die Stadt hinter einem Grundstück in der Universitätstraße/Ecke Haspelstraße einen Bunker für die Bewohner des Südviertels anlegen wollte, bekundete die Besitzerin wenig Zustimmung. Vielmehr riet Frau Luise Stumpf in einem Schreiben an Bürgermeister Voß zur Nutzung eines ihr bekannten großen Gewölbekellers unter dem Haus Wettergasse 43. Der dortige Stollen könne zu einem großen Schutzraum ausgebaut werden. Zusätzlich gab sie eine ihr überlieferte Information weiter, dass von diesem Gewölbe in früheren Zeiten ein Gang bis zum Schloss geführt hätte.
Die Stadt jedoch nutzte diesen großen Stollen nicht für eine öffentliche Anlage.
In Marburg war die Situation für den Luftschutz in der Tallage problematisch
In einigen Teilen der Stadt war die Lage kritisch. So konnten in Weidenhausen keine tiefen Keller angelegt werden. Eine Aufstellung der einzelnen Häuser ergab eine Zahl von fast 2.000 Bewohnern dort. So lebten in Haus Nr. 31 insgesamt 36 Personen und in Nr. 38 sogar 44 Personen. Ihnen wurde als Fluchtbunker die Anlage am Kaffweg zugewiesen. Einige werden auch die Anlagen am Pilgrimstein aufgesucht haben.
Mehrfach wurde auch die Situation der Bewohner des Waldtals diskutiert. Lösungen wurden jedoch erstmals hintan gestellt. Für die etwas abseits der Stadt gelegenen oft nur in primitiven Holzhütten lebenden etwa 250 Bewohner „Am Krekel“ konnten keine Keller erstellt werden. Der Untergrund machte dies unmöglich. Daher sollten hier Splittergräben für Schutz sorgen.
Kleinere Luftschutzbunker waren über die gesamte Stadt verteilt
Bei Beschwerden von Bürgern auf unzureichenden Schutz hatte Voß - so in einem Schreiben an den Leiter der Adolf-Hitler-Schule - entgegnet: In Kassel seien ständig tausende von Arbeitskräften zu Luftschutzmaßnahmen tätig, in Marburg stünden ihm nicht mehr als 8 bis 10 Handwerker zur Verfügung. Im Gegensatz zu Kassel war Marburg ein Luftschutzort 3. Ordnung. Genutzt als Bunker wurden vor allem vorhandene Keller und Stollen von Betrieben und auch größeren Bürgerhäusern. Oft wurden sie ausgebaut und mit Splitterwänden vor dem Eingang versehen.
Der kommissarische Oberbürgermeister Voß beauftragte 1943 die ihm untergebenen Häuserwarte und Blockwarte mit der Aufgabe, dass alle Dachböden in den Häusern restlos entrümpelt werden müssen, auch das Gebälk müsste entstaubt werden. Allerdings fügte er den Anschreiben hinzu: „Eine Veröffentlichung in der Presse ist nicht erwünscht.“ Nach einer Gesamtkontrolle meldete Voss im November 1943 nach Kassel: „von vorhandenen 1.853 ausbaufähigen Kellern sind etwa 30 % behelfsmäßig ausgebaut … 14 öffentliche Luftschutzräume sind eingerichtet worden.“
Hier eine Aufstellung von öffentlichen Luftschutzkellern der Stadt Marburg (soweit aus den vorliegenden Akten ermittelbar):
1. Felsenkeller in der Wilhelm-Roser-Straße 13
2. Am 28. April 1942 wird die Herrichtung der Luftschutzkeller (LS-Keller) in der Schwanallee 8, der Gastwirtschaft Grün am Wilhelmsplatz und in der Frankfurter Straße 34 gemeldet
3. LS-Keller in der Kugelgasse, hier werden 1944 Schäden gemeldet
4. LS-Keller in der Universitätsstraße unterhalb Barfüßer Tor 12 (Länge: 35 Meter)
5. LS-Stollen am Kaffweg
6. LS-Stollen Barfüßertor, am 4. Februar 1945 werden hier Schäden an der Stützmauer gemeldet
7. LS-Stollen Rotenberg 1c, die Planungen vom 30. Dezember 1944 geben an: zwei Eingänge und ein Notausgang (Eingang Rotenberg 5), der Stollen wurde bis Kriegsende zu 2/3 fertig gestellt.
8. Am Pilgrimstein wurde 1944 zusätzlich zu den vorhandenen Kelleranlagen der Brauerei Bopp ein 20 m langer Stollen gesprengt für eine Querverbindung zum Boppschen Haus. Zu der Sprengung meldet Elwert, dass es in der Reitgasse 7 und 9 starke Erschütterungen gegeben hätte.
9. Die Anlage eines Stollens in der Kasseler Straße wurde zurückgestellt, am 9. Februar 1945 wurde beschlossen, dafür eine Anlage hinter der Schützenstraße zu errichten.
10. Ebenfalls am 9. Februar 1945 wurde ein Hangstollen in der Georg-Voigt-Straße geplant. Eine Materialaufstellung wurde erstellt, gemäß einer Zeichnung sollte der Schutzraum am Blitzweg durch die Baufirma Münscher für 300 Personen gebaut werden. Auch ein Verbindungsstollen zum Kurhotel war geplant. Als Bauzeit wurde 2 ½ Monate angegeben, bisher seien lfd. 50 m Zugänge fertig.
11. Hinter den beiden Garagen unter Mainzer Gasse 31 (Armenhaus der Stadt Marburg) war ein kleiner Stollen, öffentlich für die umliegenden Häuser als LS-Keller
Die Universität hatte eigene Richtlinien für Luftschutzmaßnahmen. Sie nutzte beispielsweise einen großen Bunker hinter der Universitäts-Bibliothek. Auch die großen Schulen und das Rathaus hatten eigene Vorgaben. Am Hauptbahnhof waren Stollen östlich in den Berg getrieben. Sie durften nur von den Reichsbahnangehörigen und Fahrgästen der Bahn aufgesucht werden.
Von Parteigliederungen und Bewohnern gingen an Voß mehrere Meldungen ein wegen Schäden oder unzureichender Versorgung mit Schutzräumen. So meldete die NSDAP-Ortsgruppe Wilhelmsplatz am 9. November 1944 an Voß, dass „im Bereich Südviertel und Ockershausen keinerlei öffentliche LS-Räume oder Splittergräben vorhanden“ seien. Es erging die Bitte um umgehende Maßnahmen.
Am 15. Januar 1945 schrieb ein Bewohner von Rotenberg 26a an Voß: „Sollen Katastrophen wie in Kassen und Gießen hier vermieden werden, müssen umgehend Schutzräume durch Stollen- und Bunkerbauten erstellt werden.“ Für den Bereich Rotenberg gab er an, dass dort bisher nichts erreicht worden sei. Über die schweren Bombardierungen von Kassel und Gießen wussten die Marburger Bescheid, obwohl wegen der Nachrichtensperre aus der Zeitung keine Informationen zu bekommen waren. Denn die beiden brennenden Städte leuchteten wie Fackeln am Himmel - bis Marburg zu sehen.
Die Stimmung in der Bevölkerung von Marburg hatte sich im Vergleich zu der noch entspannten Lage zu Kriegsbeginn deutlich verschlechtert. Die Zahl der Fliegeralarme hatte stark zugenommen. Das Aufsuchen der Fluchtbunker legte die Nerven blank, obwohl es meist Fehlalarme waren. Hier eine Aufstellung:
November 1944 - 48x Fliegeralarm,
Dezember 1944 - 28x,
Januar 1945 - 39x,
Februar 1945 - 41x,
März 1945 - 52x.
Nach dem ersten schweren Angriff auf Marburg im Februar 1944 hatte es weitere Luftangriffe auf die Stadt gegeben:
am 12. Dezember 1944
am 22. Februar 1945 (13 Häuser beschädigt),
am 5. März 1945 (23 Häuser total getroffen, 234 Häuser schwer bis leicht beschädigt),
am 12. März 1945 (24 Häuser total getroffen, 317 Häuser schwer bis leicht beschädigt, dazu 22 gewerbliche Betriebe)
und am 19. März 1945 (1 Haus total getroffen, 108 Häuser schwer bis leicht beschädigt, Bekleidungsamt getroffen)
Getötet durch die Luftangriffe wurden in Marburg 46 Männer, 47 Frauen, 8 Kinder und 41 Soldaten. Dazu gab es an Verletzten: 93 Männer, 89 Frauen, 25 Kinder und 70 Soldaten.
Über die Kriegsschäden wurden in der Oberhessischen Zeitung keine Berichte an die Bevölkerung weitergegeben. Die Zahlen und Aufstellungen waren Herrschaftswissen. Kein normaler Bürger von Marburg bekam diese Informationen zu Gesicht oder zu hören. Die Lokalzeitung ging auf die beiden schweren Luftangriffe vom Februar 1944 und 1945 und später mit keinem noch so kleinen Artikel ein. Die Marburger konnten sich jedoch die Schäden an den getroffenen Gebäuden jedoch selbst ansehen. Fotografieren war strengstens verboten. Weitergabe von Informationen wurde unter "Miesmachertum" geahndet. Wer Radio London abhörte und dabei erwischt wurde, dem war ein Monat Haft sicher
Die Zahlen über die Toten, Verletzten und die Schäden wurden erst nach 1945 veröffentlicht. So ergab sich, dass in Marburg von 2.879 Häusern insgesamt 87 total zerstört wurden. 76 Häuser wurden als unbewohnbar eingestuft, aber noch als instandsetzungsfähig angesehen. Betroffen von Kriegsschäden waren zusammen ca. 500 Wohnungen, damit war etwa 10 % des Wohnraums der Stadt nicht benutzbar.
Was Hermann Göring zu Kriegsbeginn von sich gegeben hatte, war nur Schall und Rauch gewesen. In Nürnberg wurde er zum Tode am Strang verurteilt. Dieser Strafe entzog er sich, ohne den Namen Meier angenommen zu haben, durch Selbstmord. Die Marburger Parteiführer fanden sich, wenn sie nicht entflohen waren, im Lager am Krekel wieder und konnten Sühnearbeiten leisten. Der NSDAP-Hoheitsträger von Marburg, Kreisleiter Krawielitzki, hatte zu Kriegsende die Flucht ergriffen und seine Parteigenossen wie ganz Marburg im Stich gelassen. Wieder eingefangen, fand er sich ebenfalls im Lager an Krekel ein.
Hinweis:
Sämtliche Angaben sind bei umfangreichen Recherchen aus einer Vielzahl von Akten des Stadtarchivs Marburg (Allgemeiner Teil, Bauakten) entnommen. Gemäß Vereinbarung zur Nutzung des Stadtarchivs bin ich gehalten, den Verweis auf die Akten des Stadtarchivs zu geben. Die Daten zu dem kommissarischen Oberbürgermeister Walter Voss sind seiner Personalakte entnommen (Stadtarchiv Marburg, Pa 822/1 und Pa 822/2, Walter Voss).
Hallo Karl-Heinz,
Herzlichen Dank für die Hinweise. In meinem Buch habe ich die Aufstellung der Marburger Bunker aus den Unterlagen des Bauamtes übernommen.
Die Reichsbahn, so hatte ich ebenfalls geschrieben, hatte eine Reihe von Bunkern entlang des Bahnhofgeländes anlegen lassen für Reisenden, die bei Alarm aus den Zügen heraus und weg vom Angriff auf den Bahnhof Schutz suchen konnten. Wer und wann diese Bunker gebaut wurden, müsste in den Unterlagen der Bahn (in Hannover) nachgesehen werden.