Tatsächliche Arbeitslosigkeit August 2012
Arbeitsmarktwende erfordert rasches Handeln der Politik
Arbeitsmarktzahlen im Landkreis Marburg-Biedenkopf gegen den Bundestrend
"Kurzarbeit in der Industrie, weniger offene Stellen und mehr Menschen beziehen Arbeitslosengeld I – es ist nicht zu übersehen, die Eurokrise schlägt auch in Deutschland auf den Arbeitsmarkt durch. Die Wende auf dem deutschen Arbeitsmarkt ist nicht mehr zu leugnen. Jetzt muss sich die Politik dieser Herausforderung stellen und rasch handeln", erklärt Sabine Zimmermann zum Arbeitsmarktbericht der Bundesagentur für Arbeit für den Monat August. Die arbeitsmarktpolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE weiter:
"Um zu verhindern, dass der Abschwung den Arbeitsmarkt mit voller Wucht trifft, sollten einem ersten Schritt die in der vergangen Krise eingeführten Sonderregelungen zur erleichterten Kurzarbeit wieder in Kraft gesetzt und die Bezugsdauer des Arbeitslosengeldes I verlängert werden. Darüber hinaus ist vor allem wirtschaftspolitisches Gegensteuern notwendig. Der von Bundeskanzlerin Angela Merkel in der EU vorangetriebene selbstmörderische Sparkurs muss beendet werden. Stattdessen müssen Konjunktur- und Wachstumsprogramme aufgelegt werden."
Anmerkungen zu Arbeitsmarktzahlen
Schlechte Meldungen kann die Bundesregierung nicht gebrauchen. Deshalb bleibt sie dabei, die Arbeitslosenzahlen schön zu rechnen. Arbeitslose, die krank sind, einen Ein-Euro-Job haben oder an Weiterbildungen teilnehmen, werden bereits seit längerem nicht als arbeitslos gezählt. Viele der Arbeitslosen, die älter als 58 sind, erscheinen nicht in der offiziellen Statistik. Im Mai 2009 kam eine weitere Ausnahme hinzu: Wenn private Arbeitsvermittler tätig werden, zählt der von ihnen betreute Arbeitslose nicht mehr als arbeitslos, obwohl er keine Arbeit hat.
Wer die tatsächliche Arbeitslosigkeit erfassen will, muss ehrlich rechnen. Dazu sagte der damalige Arbeitsminister Olaf Scholz (SPD) am 4. Juni 2009 in der Fernsehsendung Panorama: "Alles, was an Effekten durch arbeitsmarktpolitische Maßnahmen entsteht, wird jedes Mal zusammen mit der Arbeitsmarktstatistik veröffentlicht. ... Ich glaube, dass man sich auf die Seriosität dieses Prozesses verlassen kann." Wer anders rechnen wolle, könne ja "seine Zahl veröffentlichen - und dazu ein Flugblatt drucken." Das tue ich gern. Hier ist die tatsächliche Zahl, die allein auf amtlichen Daten der Statistik der Bundesagentur für Arbeit beruht. Im August 2012 sind immer noch 3,7 Millionen Menschen arbeitslos. Zeit zu handeln statt zu tricksen.
Über eine halbe Million nicht erwerbstätige Personen - die sogenannte stille Reserve(1) - taucht in keiner Arbeitslosenstatistik auf, weil sie sich entmutigt vom Arbeitsmarkt zurückgezogen haben und sich nicht (mehr) als arbeitslos registrieren lassen. Wobei es hier auch noch deutlich höhere Schätzungen gibt.
Anmerkung: (1) IAB Kurzbericht 3/2012 Seite 10 (561.000 Personen)
Quellen:
Bundesweite Zahlen: Bundesagentur für Arbeit: Arbeits- und Ausbildungsmarkt in Deutschland. Monatsbericht August 2012, Seite 67. Die dort aufgeführte Altersteilzeit sowie Gründungszuschüsse und sonstige geförderte Selbstständigkeit haben wir in der Tabelle nicht berücksichtigt. Die dort ebenfalls aufgeführten älteren Arbeits-losen, die aufgrund verschiedener rechtlicher Regelungen (§§ 428 SGB III, 65 Abs. 4 SGB II, 53a Abs. 2 SGB II u.a.) nicht als arbeitslos zählen, befinden sich in der Gruppe Älter als 58, beziehen Arbeitslosengeld I oder ALG II.
Zahlen Landkreis: Bundesagentur für Arbeit: Report für Kreise und Kreisfreie Städte Marburg-Biedenkopf (06534) August 2012; Unterbeschäftigung insgesamt
Quellen Aufstocker:
Bundesagentur für Arbeit: Arbeitsmarkt in Zahlen - Erwerbstätige Arbeitslosengeld-II-Bezieher, April 2012, Für den Landkreis liegen die Zahlen nur bis 3/2012 vor.
Anmerkungen: (2) Mit dem Gesetz zur Verbesserung der Eingliederungschancen am Arbeitsmarkt wurde zum April 2012 das bisherige Instrument der Arbeitsgelegenheiten in der Entgeltvariante mit den bisherigen Leistungen zur Beschäftigungsförderung zu einem neuen Instrument der Förderung von Arbeitsverhältnissen (FAV) verbunden.
> "Vor allem die Zahl der "Aufstocker" ist bedrückend. Arm trotz Arbeit - eigentlich ein Skandal. Der öffentliche Aufschrei bleibt jedoch aus leider."
Das ist die Anbetung der Maloche... Arbeite und Bete... Arbeit macht frei... Wer nicht arbeitet, soll auch nicht essen... sozial ist, was Arbeit schafft... all diese tw. uralten Ideologieparolen konditionieren uns entsprechend... und deshalb traut sich auch keiner, bei den Aufstockern den Mund aufzumachen, denn jeder Mensch ohne Hirnschaden dürfte der Ansicht sein, dass man sich durch sowas nicht ausnutzen lassen dürfte...
Ausserdem passt es zur Mindestlohnmacke... der Mindestlohn wird zu bezuschusstem Mindestlohn führen und Aufstocken ist ja im Prinzip schon staatlich bezuschusster Mindestlohn...