DIE LINKE: Pflegenotstand beenden!
Jede und jeden kann es treffen. Ein ungünstiger Bruch, ein hartnäckiger Keim und schon liegt man im Krankenhaus. Oder das Alter fordert seinen Tribut und man ist auf Pflege angewiesen. Dann erwarten wir zu Recht, dass uns die Fürsorge zukommt, die wir benötigen. Doch die Realität in deutschen Krankenhäusern und Pflegeeinrichtung sieht anders aus.
Aufopferungsvoll arbeiten Pflegekräfte und Krankenhauspersonal bis zur eigenen Erschöpfung und trotzdem reicht oft genug die Zeit nicht für eine vernünftige Betreuung. Hygienevorschriften werden vernachlässigt - bei Gefahr für die eigene Gesundheit und die der Patienten, weil keine Zeit ist.
100.000 Pflegekräfte neu einstellen!
Der bittere Spruch macht die Runde: Der schnellste Weg ein Pflegefall zu werden, ist der in der Pflege zu arbeiten. Dreiviertel der Betroffenen geben an, sich nicht vorstellen zu können bis zur Rente durchzuhalten. Darunter leiden Patienten und Beschäftigte.
Einen gewaltigen Berg an Überstunden schieben die Beschäftigten in der Pflege vor sich her – mehr als 35 Millionen Stunden sollen es sein. Überstunden werden teilweise sogar fest in Schichtplänen eingeplant. Mindestens 100.000 Pflegekräfte müssten es mehr sein für eine vernünftige Pflege.
Dass es auch anders gehen kann, zeigt ein Blick über die Grenze. Während sich in Deutschland rund 12 Pflegekräfte um 100 Krankenhauspatienten kümmern, sind es in den Niederlanden und der Schweiz mehr als doppelt so viele Pflegekräfte pro Patient. In Norwegen kommen sogar 43 Pflegkräfte auf 100 Krankenhauspatienten.
Den Beschäftigten ist ihre Lage durchaus bewusst, doch fällt es Ihnen besonders schwer sich zu wehren. Was wird aus den Patienten, wenn wir streiken? Und doch ist der Leidensdruck so groß, dass Kolleginnen und Kollegen sich wehren. Am Berliner Klinikum Charité gingen die Kolleginnen und Kollegen in den Arbeitskampf.
Es ging nicht nur um den Lohn, es ging vor allem um mehr Personal. „Mehr von uns, ist besser für alle“- war ihr Slogan. Es sollten Mindestzahlen für den Einsatz von Personal tariflich festgelegt werden, die dem tatsächlichen Arbeitsaufkommen entsprechen. Nach langem Arbeitskampf konnte dies durchgesetzt werden.
Es ist traurig, dass die Kolleginnen und Kollegen sich überhaupt gezwungen sahen für mehr Personal zu streiken. Es muss doch drin sein, dass der Gesetzgeber einen ausreichenden Personaleinsatz vorschreibt – im Sinne der Patienten und der Beschäftigten. Bis 1996 gab es eine solche Mindestpersonalbemessung. Sie wurde abgeschafft, da auch schon damals der tatsächliche Bedarf weit höher lag, als die Regierung es zulassen wollte.
Es geht um starke Interessen. Kommerzielle Betreiber von Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen sehen Personal in erster Linie als Kostenfaktor, der auf den Gewinn drückt. Minimaler Personaleinsatz bei geringen Löhnen ist ihr ureigenes Interesse. Gesundheit ist für sie nicht mehr als eine Ware. Auch öffentliche Betreiber haben sich diesem Druck allzu oft gebeugt. Auch dort obsiegt oft genug die Buchhaltung vor dem medizinisch Vernünftigen.
Gesundheit und Pflege müssen Teil der öffentlichen Daseinsfürsorge sein und dürfen nicht dem Gewinnstreben überlassen werden. Doch zumindest müssen die gröbsten Missstände beseitigt werden. Die Bundesregierung muss per Gesetz festlegen, wie viele Pflegekräfte für wie viele Patienten vorhanden sein müssen. Unter www.die-linke.de/100000 kann diese Forderung unterstützt werden.
Michael Schlecht, MdB, wirtschaftspolitischer Sprecher Fraktion DIE LINKE – 02.10.2016
»Aber sicher doch, wenn es um Profit geht. Siehste ja selbst bei den Kirchen«
Meinen Kommentar bitte ich als Beitrag für eine seriöse Diskussion zu werten.:
In unserer Wirtschafts- und Gesellschaftsordnung ist das Geld zum Maß (fast) aller Dinge geworden.
Auf der Ebene des einzelnen Wirtschaftssubjektes - ob dies ein Haushalt, ein Unternehmen, ein Verein, eine Landeskirche, ein diakonisches Werk oder ein Pflegeheim ist, spielt dabei keine Rolle - ist es nicht möglich, auf Dauer mehr auszugeben als einzunehmen, ohne das vorhandene Vermögen zu verzehren und wenn dies alle ist, pleite zu gehen.
Für ein Pflegeheim bedeutet dies, dass der geldwerte Aufwand für Löhne, Sachmittel, Zinsen, Abschreibungen usw. durch geldwerte Erträge gedeckt sein muss. Diese Erträge werden in einem Pflegeheim vor allem die Entgelte für die Pflegeplätze sein und vielleicht noch Zuschüsse von privaten oder öffentlichen Geldgebern.
Der Betreiber eines Pflegeheims muss also zusehen, dass er möglichst viele Erträge und möglichst wenig Aufwendungen zu verbuchen hat. Die Erträge werden durch die Pflegesätze begrenzt. Es sei denn es ist eine Einrichtung, die vor allem zahlungskräftige Menschen beherbergt. Die Pflegesätze liegen außerhalb des Einflussbereiches einer einzigen Einrichtung. Somit bleibt dem Betreiber nur die Möglichkeit, durch Kürzungen beim Aufwand seine Situation zu verbessern. Das führ zu Arbeitszeitverdichtung, Überlastung, minderwertigem Essen usw. usw..
Auf der einzelwirtschaftlichen Ebene unterliegen alle Wirtschaftssubjekte diesen Budgetrestriktionen (Budgetbeschränkungen). Der Staat unterliegt diesen Budgetrestriktionen prinzipiell nicht. Der Staat wäre im Prinzip in der Lage, den Pflegeheimen dieser Republik Zuschüsse zu zahlen, die ausreichen würden, einen menschenwürdigen Standard in allen Pflegeheimen zu gewährleisten.
Dazu brauchen nicht die Beitragssätze für die Pflegeversicherung angehoben zu werden, sondern dazu braucht es lediglich eine konsequente Anwendung unseres Geldsystem. Damit das Geld nicht einfach in den Taschen der Betreiber verschwindet und sich an den Verhältnissen ansonsten nichts ändert, wäre es sinnvoll, die Pflegeheime in regional gegliederten Einheiten zusammenzufassen und die Betreiber zu leitenden Angestellte mit einem vernünftigen Gehalt umzufunktionieren.
Gesamtwirtschaftlich führt dies dazu, dass die Lohnsumme deutlich steigt und dadurch die Wirtschaft insgesamt belebt wird, die Steuereinnahmen ebenfalls steigen. Alles wäre gut.
Die Frage lautet jetzt: Was hindert uns eigentlich daran, so zu verfahren?