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Ein Messdiener erinnert sich an Weihnachten 1954

  • "Kirche Mariä Himmelfahrt" Stausebach im Schnee
  • hochgeladen von Peter Gnau

Für uns Jungen war es eine große Ehre, Messdiener zu sein. Nachdem ich bei Pater Hugo, einem großen sehr strengen Mann aus dem Kirchhainer Franziskanerkloster, der wahrscheinlich noch nie gelacht hatte, die ersten lateinischen Verse, wie das Introitus, Confiteor oder Suscipiat gelernt hatte, war es soweit, dass ich meinen ersten Altardienst bei der Christmette 1954 in Stausebach um 5.00 Uhr ausüben durfte.

Meine Mutter weckte mich um 4.00 Uhr, da ich die Schlüsselgewalt über das Gotteshaus hatte und pünktlich um 4.30 Uhr die Glocken läuten musste. Ängstlich ging ich - gerade nicht mal 11 Jahre alt - durch die nur mit einer Lampe spärlich beleuchteten Straße zur Kirche. Eine Taschenlampe gab es noch nicht. Eine leichte Schneedecke lag auf der Straße, und das Mondlicht glitzerte auf den Grabsteinen; denn auf einem kurzen Stück des Weges musste ich den "Alten Friedhof" überqueren. Es war alles sehr gespenstig. Zitternd am ganzen Körper, nicht nur wegen der Kälte, ertasstete ich das Schlüsselloch. Den riesigen Schlüssel, immer krampfhaft in der Hand haltend, führte ich in das Schlüsselloch ein. Gott sei Dank, es klappte. Den Lichtschalter hinter der Tür zu finden, bereitete mir jedoch größere Mühe. Als ich alle Lichter eingeschaltet hatte, fühlte ich mich sicher, und die vorhandene Angst wich. Sogleich eilte ich in den hell eleuchteten Chorraum, wo sich die Glockenseile befanden. Meine Hände waren eisig kalt, denn die Kirche war ja damals noch nicht beheizt. Ich löste vorsichtig das Glockenseil von der Wand, und halb schwebend glitt ich durch den Chorraum, um mit dem ersten Geläute den Kirchgang anzuzeigen. Als die Glocke ihren Klang ansetzte, war ich sehr stolz auf mich.

In der Sakristei zündete ich eine Kerze, um das Weihrauchfass, das ich während der Christmette führen musste, mit einem Kohlenstück an. Dies war der einzig wärmende Teil meines Dienstes.

Inzwischen trafen die anderen Messdiener ein, mit denen man die Geschenkerlebnisse vom Heiligen Abend austauschte. Man kann sich vorstellen, dass diese in der damalige Zeit oft spärlich ausfielen. Ich hatte mein obligatorisches aufziehbares Blechhuhn erhalten und eine kleine Mundharmonika, auf der ich unter Anleitung "unseres Pätters" 'Ihr Kinderlein kommet' zu spielen versuchte. Alle Messdiener waren mit ihren meistens kleinen Geschenken zufrieden.

Nun freuten wir uns alle auf die feierliche Christmette mit der stimmungsvoll gesungenen Weihnachtsgeschichte. Sehr kraftvoll schwenkte ich das Weihrauchfass unter ständiger Hinzuführung von Harzkörnern hin und her. Bald erfüllte sich der ganze Kirchenraum mit einer dichten Wolke und vielen harzigen Düften.

Und wie immer zum Schluss der Mette kam beim "Stille Nacht, Heilige Nacht ..." in den Gesichtern der Kirchenbesucher neben der Rührung eine ehrliche Freude über das neugeborene Jesuskind auf. Ich freute mich darüber, dass ich mit dem Weihrauch und Glockenläuten etwas zu dieser Freude beigetragen hatte!

Etwas Kritik an meinem Dienst kam dennoch auf, als ich mit der Bemerkung eines Kirchenbesuchers "biessje winger Roch hetts och gedoh" wegen der starken Rauchentwicklung während der Christmette gerügt wurde.

  • "Kirche Mariä Himmelfahrt" Stausebach im Schnee
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  • "Einsiedler" Spendedose
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  • Feierlich geschmückter Hauptaltar
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4 Kommentare

Karl-Heinz, es war nicht nur die "schöne, alte Zeit". In einer übersättigten Gesellschaft ist es immer gut sich an eine "schlichtere" Weihnacht mit Blechhuhn u.a. zu erinnern. Wir erfreuten uns einfach an kleine Geschenke. Kannten aber auch nichts anderes. Das heißt aber nicht, dass sich unsere Enkelkinder heute ebenso über ihre vielfältigen Geschenke freuen!

Ein schönes Wochenende

von Peter

Sehr interessanter und schöner Bericht. Bin in der OP bereits darauf aufmerksam geworden.

Danke, so habe ich die Christmette tatsächlich in Erinnerung...

Frohe Weihnachten
Peter

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