Levy Wallach - Handel und Gewerbe jüdischer Bürger in Linz am Rhein - Teil 11
Von Gisela Görgens – Quelle: „Die ehemalige jüdische Gemeinde in Linz am Rhein“ von Anton und Anita Rings.
Am Totenborn in dem 2. Haus auf der rechten Seite vor dem Hunsrücken wohnten die Schwiegereltern des Levy Wallach, des Gründers der Firma Levy Wallach an der Asbacher Straße.
1854 betrieb er einen Handel mit landwirtschaftlichen Produkten im Haus der Schwiegereltern. 1859 gründete er die Firma „Levy & Salomon Wallach – Kolonialwaren, Spezereien und Tabakwaren“. 1863 wurde die Firma geteilt in die selbständigen Firmen „Levy Wallach“ und „Salomon Wallach“.
In der Neustraße 5 wurde 1865 das Haus vorm Schuster von Isaac Jacob Cahn erworben, dessen Fruchtspeicher es war. Ein Jahr später wurde das Sortiment erweitert auf Spirituosen.
Levy Wallach verunglückte tödlich beim Verladen von Waren am Güterbahnhof. Die Söhne Josef und Samuel führten das Geschäft weiter als Gesellschafter. Es nannte sich jetzt „Levy Wallach Witwe & Söhne“.
Die Geschichte der Firma geht dann an der Asbacher Straße weiter. In dem Haus direkt hinter der Kurve befand sich die Firma Levy Wallach.
1857 entstand hier ein Neubau durch Seligmann Simon, der einen Handel mit landwirtschaftlichen Produkten betrieb. Fünf Jahre später setzte er einen Neubau auf das Ziegelfeld im Stern. Dort betrieb er einen Großhandel mit Stammholz, Baumaterialien und Kohlen.
1890 wurde das Anwesen von Wallachs erworben. Josef Wallach war ab dem 01. Januar 1890 alleiniger Inhaber der Firma „Levy Wallach“.
1890 wurde das Anwesen an der Asbacher Str. verkauft an Joseph Wallach.
Das Unternehmen nannte sich jetzt“Levy Wallach – Getreide, Mehl und Kolonialwarenhandlung, Kohlen, Baumaterialien, Kalkbrennerei“. 1894 wurde ein Büro angebaut, 1895 eine Lagerhalle und 1898 ein Petroleumlager eingerichtet.
Hier die Beschreibung der Firma 1911 zum Zeitpunkt des Todes von Joseph Wallach: 124.000 Mark Vermögen, 6.000 Mark jährlicher Ertrag,
1 Handlungsgehilfe, 1 Buchhalter und Prokurist, 1 Reisender,
2 Knechte, 2 Tagelöhner, 1 Magd, 5 Pferde und Wagen.
Sein Sohn Ernst Wallach wurde Geschäftsführer der Firma „Levy Wallach“.
Er führte ein sogenanntes "Playboyleben" und war mit jedem bekannt und mit jedem befreundet. Auch war er ein guter Arbeitgeber. Er zahlte sehr gute Löhne. (lt. Christel Klein Linz).
1923 fand der Ruhrkampf statt (die Besetzung des Ruhrgebietes durch die Alliierten). Dagegen wurde passiver Widerstand geleistet u.a. in Form von Generalstreiks. Das ganze wurde begleitet durch eine Inflation, die ausgelöst wurde dadurch, dass die Regierung den Streikenden den Lohn zahlten und zu diesem Zweck immer mehr Geld druckte. Das Ganze Dilemma dauerte bis Juli / Aug. 1925.
Die Firma spürte auch die Auswirkungen. Das Geschäftsvermögen wurde beschlagnahmt und es kam die Anordnung zum Zwangsverkauf aller Warenbestände. Im November 1923 kam es zu Plünderungen durch die Separatisten. Zu diesem Zeitpunkt war die Firma „Levy Wallach“ das bedeutendste Unternehmen der Branche am Mittelrhein.
Von 1924 – 1929 wurden kostspielige Prozesse wegen Schadenersatz geführt mit nachhaltigen Folgen.
1926 / 27 wurden wieder die Planungen aufgenommen, die 1923 begonnen wurden, für ein modernes Lagergebäude und 1927 in vereinfachter Form realisiert.
Gegen Ende der 20er Jahre wurde die Firma umstrukturiert zum Groß Handel mit eigenen Verkaufsfilialen. Hier die Beschreibung der Firma 1931:
Kolonialwarengroßhandlung mit 17 Verkaufsfilialen. 744.843 RM Umsatz, 253.940 RM gewerbliches Kapital.
Während der großen Wirtschaftskrise und Arbeitslosigkeit und ganz besonders ab 1933 ging der Umsatz rapide zurück. Zunehmender Liquititätsmangel infolge Boykott jüdischer Unternehmen und einschneidender NS-Verordnungen.
1934 außergerichtlicher Vergleich und Teilliquitation der Firma „Levy Wallach OHG“, ebenfalls 1934 Pflichtanmeldung zum Reichsnährstand (Gleichschaltung aller Personen, die an der Erzeugung und dem Absatz landwirtschaftlicher Produkte beteiligt waren). Zu diesem Zeitpunkt hatte die Firma 15 Angestellte, 449.180 Mark Umsatz, noch 5 Filialen und ein Auslieferungslager in Linz.
NS-Gesetze besiegelten den Untergang des Unternehmens. Es war 1938 nicht mehr im Verzeichnis Linzer Gewerbetreibender enthalten. 1940 wurde das Anwesen verkauft.
Ernst Wallach saß schon seit 1938 in Buchenwald als politischer Häftling. Er hatte Anfang der 30er Jahre im Parteienstreit offene Kontrastellung gegen die NSDAP angenommen. Er wurde in Pirna auf der Festung Sonnenstein im Rahmen des Euthanasie-Programmes vergast.
Aus den Unterlagen der Gedenkstätte Buchenwald sind leider nicht ersichtlich das Einlieferungsdatum und der -grund.
Wir bekamen von dort folgende Informationen:
"Am 15.Juli 1941 wurde Ernst Wallach in einem Vernichtungstransport in die "T4"-(Tötungs-) Anstalt Sonnenstein in Pirna gebracht. Die Häftlinge wurden wahrscheinlich gleich am Tag ihres Eintreffens in Sonnenstein ermordet, der Tod jedoch erst einige Tage später dem Standesamt gemeldet (daher das offizielle Todesdatum 27.07.1941)".
Die Listen und seine Nummernkarte habe ich als Fotos zu den Bildern hinzugefügt.
Danke für diese ausführliche Familiengeschichte, Gisela.
"Er wurde in Pirna auf der Festung Sonnenstein im Rahmen des Euthanasie-Programmes vergast."
Weißt du, warum im Rahmen des Euthanasie-Programms?