Abendpaddeln - Nübber un wörrerr rübber
Kiviniemi (Finnland) |
Das ist mal ein Versuch 'Nichts' zu zeigen. Wenn ich rauspaddle werde ich oft gefragt, was gibt es denn da zu sehn, was suchst Du dort. Zeig doch mal ein paar Bilder. Und dann sieht man auf den Bildern, so ich überhaupt welche habe, nur Wasser und Horizont, vielleicht mal ein Inselchen oder ein Punkt, der eine Möwe sein könnte.
Die Stille kann ich nicht einfangen in Bilder. Wenn die Ohren sich weiten, kaum ein Laut, nur das Plätschern der Wellen, etwas Wind, ab und an das Meckern einer beleidigten Möwe, deren Nistplatz ich zu nahe gekommen. Das Trommelfell wölbt sich nach außen vor Freude - kein Motorengedröhn, MP3-Gedudel, Daseinsbegleitlärm.
Auch was ich sehe, kann kein elektronischen Bildwandler aufzeichnen. Wellenspiel, Wasserfarbe, Wasserpflanzen - Nuancen, aber sie erzählen von der Beschaffenheit des Untergrundes, der Tiefe des Wassers. Weißen Kleckse auf dem Wasser, Schwimmer von Netzen, zeichnen das genial einfache Muster der unter Wasser lauernden Fanganlage. Zwei Punkte am Horizont - übereinander zur Deckung gebracht zeichnen eine imaginäre Linie, die zur Durchfahrt zwischen den Inseln führt. Diese Zeichen gib es nur für die Wasserstraßen. An kleinen Dellen im von den Inseln gebildeten Strich erkenne ich meine Durchfahrten. Ich brauch ja nur eine Handbreit Wasser. So wie sich der Blickwinkel auf die Inseln verschiebt verändern sie sich leicht, bis sie sich öffnen, den Blick und die Fahrt freigeben.
Möwen kommen im Tiefflug übers Wasser. Kurz vorher ziehen sie hoch, stoßen Warnschreie aus. Vom "Paskaletto" lösen sich noch einige Aufklärer. Sie haben Junge, ich mach mal einen größern Bogen um das Inselchen.
"Paskaletto" - Scheißinselchen, ein Name, der so richtig zu den Fischern hier passt. Hab noch nicht raus bekommen, ob er darauf zurückzuführen ist, dass sich viele an dem flachen, noch nicht lange durch die Landhebung zum Eiland gewordenen Steinhaufen das Schiff zerschrammt haben. Wohl kaum. Wahrscheinlicher ist der Verweis auf den Anteil an der Inselbildung, der zugleich menschlicher Erleichterung diente.
Mein kleiner Traumstrand kommt näher - kein Badetuch kündet von teutonischen Besitzansprüchen. Aussteigen, Seele baumeln lassen - sie baumelt ja schon die ganze Zeit, aber Sandstrandbaumeln ist halt anders.
Ich hätte doch das Zelt mit nehmen sollen, dann brauchte ich heute nicht mehr zurück. Morgenkaffee hier draußen, ... Hör auf dir schon wieder Stress zu machen, hättest, solltest, könntest - stop!!! Baumeln war angesagt - Anfall vorbei.
Langsam Zeit zurück zu fahren. Bis zum 10 Meter Fahrwasser noch. Die Lateralzeichen geben vielleicht ein Motiv her (leichter myHeimat-Stress kommt auf). Dann dreh ich auf Heimatkurs. Der Wind legt sich, wie meist gegen 22 Uhr, die Wasseroberfläche wird zu Öl. Segler sind auf dem Weg zum Wochenende. Segler und Paddler sind schon angekommen, wenn sie sich auf dem Weg machen - die meisten. Motorbootfahrer sind erst da, wenn sie da sind.
An meiner Landestelle haben die Ameisen beschlossen Hochzeit zu feier. Auf dem Sandstreifen herrscht ein eifriges Gewusel von Flügeltieren. Die lauen Lüfte wirken halt auf vielerlei Getier. Drüben auf dem Badestrand dudeln irgendwelche Ghetto blaster. Die Moderne hat mich wieder.
Dank des Lahnhintergrundes und Paddelbootes haben wir nun auch ein Stückchen vom meditativen Erwin kennen gelernt. Danke für die Ruhe Deiner Worte, "whispering the sounds of silence" (Paul Simon).
PS. Erstaunlich ruhig, der Finnische Meerbusen!